:: 6/2009

In aller Munde: Weine aus Baden und Württemberg

Der eine verbindet mit Wein schlichtweg nur Alkohol, für den anderen ist der Wein Zeichen und Ausdruck von Genuss und Lebensfreude. Wie so oft gilt auch hier die Feststellung »die Dosis bestimmt über Segen oder Pein«. Auffallend ist, dass Gemeinden mit umfangreichen Rebflächen oftmals ein ganz besonderes Flair haben, dem man sich nicht mal als bekennender Saft- oder Biertrinker entziehen kann.

»Weinbaupolitisch« gliedert sich der Südwesten in die beiden Anbaugebiete Baden und Württemberg. Gemessen an der mit Keltertrauben bestockten Rebfläche nimmt Baden im Jahr 2008 unter den 15 Anbaugebieten Deutschlands nach Rheinhessen und der Pfalz die dritte Position noch vor Württemberg und Mosel-Saar-Ruwer ein. Diese 5 Weinbauregionen bewirtschaften zusammen immerhin 84 % der gesamten deutschen Rebfläche.

Innerhalb des Landes konzentriert sich der Weinbau auf Standorte mit überwiegend Steil-, Hang- und Terrassenlagen entlang des Rheins und am Neckar einschließlich seiner Nebenflüsse. Diese klimatisch bevorzugten Gebiete sind für einen ausgesprochenen Qualitätsweinbau hervorragend geeignet. Zum württembergischen Weinbaugebiet gehören die Bereiche

Württembergisch Unterland9 220 ha
Remstal-Stuttgart1 809 ha
Kocher-Jagst-Tauber433 ha

sowie die beiden kleinsten Bereiche des Landes

Oberer Neckar31 ha
und Württembergischer Bodensee18 ha

Das Anbaugebiet Baden gliedert sich in die Bereiche

Kaiserstuhl4 284 ha
Markgräflerland3 225 ha
Ortenau2 785 ha
Breisgau1 664 ha
Kraichgau1 221 ha
Tuniberg1 081 ha
Tauberfranken661 ha
Bodensee589 ha
Badische Bergstraße396 ha

Immerhin in jeder vierten der 1 102 Gemeinden des Landes werden Flächen weinbaulich genutzt. Allerdings haben nur 47 Gemeinden auf ihren Gemarkungen Rebflächen von mindestens 200 ha; darunter befinden sich 11 Gemeinden mit Rebstöcken auf einer vergleichsweise großen Fläche von 500 ha und mehr.

Häufig dominieren auf den Gemarkungen eine oder zwei Rebsorten. In den badischen Weinbaugemeinden ist dies zumeist mit großem Abstand der Blaue Spätburgunder. Aber eben nicht überall, denn beispielsweise in Müllheim wird der Gutedel, die Spezialität des Markgräflerlandes, auf nahezu der gleichen Fläche wie der Blaue Spätburgunder angebaut. Auf den Rebfluren in Württemberg sind Trollinger, Lemberger und Riesling abhängig von den spezifischen Standorteigenschaften mal mehr, mal weniger verbreitet. Aus dem Rahmen fällt Lauffen am Neckar, das mit einer Fläche von 377 ha (von 605 ha Rebfläche insgesamt) getrost als die »Hauptstadt des Schwarzrieslings« bezeichnet werden kann.

Rotweinboom mit Sättigungstendenzen

Im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet erfreuen sich Rotgewächse im heimischen Weinbau großer Beliebtheit. Lediglich im Ahrtal, in dem annähernd 9 von 10 Weinbergen mit roten Rebsorten bepflanzt sind, liegt der Rotweinanteil höher als in Württemberg und Baden. 1991 hatte der Anteil roter Rebsorten in Württemberg noch bei 55 % gelegen. Heute sind es 71 %, wobei sich allerdings in den letzten Jahren Sättigungstendenzen und eine »Rückbesinnung« zum Weißwein abzuzeichnen scheinen. Traditionell steht unter den »Roten« am Neckar die Erzeugung von Trollinger und Schwarzriesling im Vordergrund. Für die bisherige Erfolgsgeschichte des Rotweins zeichnen aber eher die Sorten Lemberger, Blauer Spätburgunder und mit Abstrichen Samtrot, Dornfelder und Acolon verantwortlich. Dagegen haben mit Riesling, Müller-Thurgau und Kerner die wichtigsten in Württemberg kultivierten weißen Rebsorten in den letzten 20 Jahren große Flächenanteile verloren.

Auch in Baden ist der Anteil der Rotgewächse seit 1991 um 17 Prozentpunkte gestiegen. Es überwiegen dort mit einem Flächenanteil von fast 56 % aber nach wie vor die weißen Sorten. Rotwein ist dabei im Prinzip fast ein Synonym für Blauen Spätburgunder. Der Siegeszug des Rotweins scheint allerdings auch in Baden an seine Grenzen zu stoßen, wenngleich in der jüngeren Vergangenheit die Sorte Regent vermehrt Freunde findet und sich einer gewissen Beliebtheit erfreut. Federn lassen mussten bei den Weißweinen insbesondere der Müller-Thurgau sowie mit dem Gutedel auch das Markenzeichen des Markgräflerlandes. Dagegen konnten der Weiße Burgunder und der gleichfalls zur Burgunderfamilie zählende Ruländer (Grauer Burgunder) Flächenanteile dazugewinnen.

Qualität ist Trumpf im baden-württembergischen Weinbau

Noch in den 90er-Jahren zeigte die Weinmosternte in beiden Anbaugebieten des Landes beachtliche Schwankungen, und zwar sowohl was die Menge als auch die Qualität anbelangt. Nach einer Zeit des Experimentierens und Probierens zeigten ab 2000 die Aufrufe und Appelle der Verbandsvertreter zur Grünlese und Ertragsreduzierung offenbar nachhaltige Wirkung. Die Mengenausschläge gingen deutlich zurück: in Baden kann seitdem mit einer Erntemenge von rund 1,27 Millionen Hektoliter (Mill. hl) Weinmost und in Württemberg von etwa 1,20 Mill. hl bei vergleichsweise geringen Schwankungsbreiten gerechnet werden.

Zugleich hat die Mengenreduzierung die erhoffte deutliche Qualitätsverbesserung des Lesegutes bewirkt. Der Anteil, der nach den gesetzlichen Regelungen über die Ausgangsmostgewichte nur zu Ausbau und Vermarktung als Qualitätswein berechtigt, ist bis auf einen gewissen Sockel zurückgegangen. Der überwiegende Anteil der Weinmoste ist heutzutage in Württemberg und Baden für die Herstellung von Prädikatsweinen geeignet. Traditionell werden aber aus Marketinggesichtspunkten weniger Prädikatsweine und damit mehr Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (Q.b.A.-Weine) hergestellt und vermarktet, Letztere allerdings mit herausragenden Qualitätseigenschaften in diesem Marktsegment. Denn zahlreiche Winzer-(Weingärtner-)genossenschaften setzen vor der Lese die Mindestmostgewichte herauf und erhöhen damit ihre Qualitätsanforderungen an das Lesegut.

Weinherbst 2008 an Rhein und Neckar: 2,52 Mill. hl Weinmost

Die baden-württembergische Weinmosternte 2008 belief sich auf 2,52 Mill. hl, wovon 1,01 Mill. hl auf Weiß- und 1,51 Mill. hl auf Rotmost entfallen. Damit wurde der 10-Jahres-Durchschnitt 1998/2007 (2,56 Mill. hl) um 1,5 % und das Ernteergebnis von 2007 (2,62 Mill. hl)um knapp 4 % unterschritten. Zur Landesernte trugen die württembergischen Weinbaubereiche bei einem durchschnittlichen Ertrag von 100 hl je Hektar (hl/ha) mit 1,14 Mill. hl und die badischen Weinbaubereiche bei einer Flächenleistung im Mittel aller Rebsorten von 89 hl/ha mit 1,38 Mill. hl bei.

Bei den einzelnen Rebsorten bestehen die gewohnt ausgeprägten Ertragsunterschiede. Die seit rund 20 Jahren zu beobachtende, sich mittlerweile aber abschwächende Tendenz einer Verlagerung weg von den Weiß- und hin zu den Rotgewächsen ist nach wie vor der herausragende Bestimmungsfaktor für die Entwicklung der Erntemengen. An Weißmosten wurden in Baden insgesamt 753 000 hl geherbstet, das sind 6 % weniger als im langjährigen Mittel. Insbesondere der Müller-Thurgau, aber auch der Riesling mussten Federn lassen. Der fast ausschließlich im Markgräflerland beheimatete Gutedel zeigte sich vergleichsweise stabil, während der Weiße Burgunder sowie der ebenfalls zur Burgunderfamilie zählende Ruländer sehr deutlich die langjährigen Durchschnittsernten übertreffen konnten. An Rotmosten konnten im Anbaugebiet Baden 629 000 hl, darunter 532 000 hl Blauer Spätburgunder geherbstet werden. Gegenüber den langjährigen Durchschnitten bedeutet dies beachtliche Steigerungen um 24 bzw. 18 %.

In Württemberg wurde 6 % weniger an Rotmosten (877 000 hl) als im Mittel der Jahre 1998/2007 eingebracht. Insbesondere der Blaue Trollinger und der Schwarzriesling hatten Einbußen zu beklagen. Der Lemberger legte dagegen um 15 % zu. Bei den Weißmosten (259 000 hl; – 18 %) im württembergischen Anbaugebiet zeigen die Erntemengen eine weiter rückläufige Tendenz. So ergab sich beim Riesling ein Rückgang um 9 %, beim Müller-Thurgau und Kerner sogar um 37 bzw. 42 %.

27 Liter heimischer Wein je Erwachsenen in Baden-Württemberg

Die Kellermeister in Württemberg und Baden bereiteten aus der Weinmosternte 2008 insgesamt 2,38 Mill. hl Wein. Das heimische Weinangebot entspricht damit von der Menge her dem Jahr 2005. Zum Vergleich: Rein rechnerisch entfallen beim Weinjahrgang 2008 mit 2,38 Mill. hl, das sind 238 Mill. Liter Wein, auf jeden der 8,78 Mill. Einwohner im Südwesten im Alter von über 18 Jahren 27 Liter Wein. Das sind rund 36 Flaschen à 0,75 Liter.

In »normalen« Jahren wird ein Fünftel bis ein Viertel der Weinmenge aus heimischer Erzeugung als Prädikatsweine (Kabinett, Spätlese oder dgl.) vermarktet. Lediglich in herausragenden Spitzenjahrgängen wie 2003 (65 %) und 1997 (40 %) werden deutlich größere Anteile in diesem Segment vermarktet.

Wein und Sekt reichlich vorhanden

Die Weinbestände bei den Erzeuger- und Großhandelsbetrieben des Landes haben sich zum Ende des abgelaufenen Weinwirtschaftsjahres (Stand: 31. Juli) seit 2002 auf einem Niveau von 2,8 bis 3,0 Mill. hl eingependelt. Lediglich 2004 gingen die Bestände infolge der kleinen Ernte 2003 auf etwas über 2,5 Mill. hl zurück.

In der Zusammensetzung der eingelagerten Weinbestände schlagen sich wieder der Sortenwechsel und damit die anhaltende Vorliebe für Rotweine nieder. Deren Lagerbestand erreichte 2008 mit 2,0 Mill. hl einen neuen Höchstwert. Während beim Weiß- (90 %) und Rotwein (95 %) die Einlagerung beim Erzeuger dominiert, ist der Schaumwein zur Hälfte beim Großhandel eingelagert. Ausländischer Herkunft mit deutlicher Dominanz der EU-Länder (knapp 94 %) sind gut 7 % des Gesamtweinbestandes. Die Auslandsweine lagern schwerpunktmäßig im Großhandel (knapp drei Viertel). Zu 40 % handelt es sich dabei um Schaumweine.