:: 7/2011

Heizen mit erneuerbaren Energien wird im Wohnungsbau zum Normalfall

Die Nutzung erneuerbarer Energien liegt im Trend – und das nicht erst seitdem der Gesetzgeber vorschreibt, beim Bau von Wohngebäuden an die Zukunft zu denken. In den vergangenen Jahren haben sich immer weniger Bauherren für eine Ölheizung entschieden. Statt dessen werden Wärmepumpen oder solarthermische Anlagen installiert. Die Häuser werden besser gedämmt, weil die Bauherren davon ausgehen, dass sich Investitionen zur Energieeinsparung in Zukunft sicher rechnen werden. Für das Jahr 2010 liegen erstmals Daten zu erweiterten energetischen Merkmalen und neuen Baustoffen in der Statistik der Bautätigkeit vor.

Die Rahmenbedingungen beim Hausbau

Wer sich dafür entschieden hat, ein Haus zu bauen, steht vor vielen Fragen: Wie groß soll das Haus werden? Wie kann der Bau finanziert werden? Wie will ich heizen? Für welches Material entscheide ich mich – Ziegel, Beton, Holz?

Die Antworten darauf sind nicht nur reine Geschmacksache oder eine Frage des Geldbeutels. Neben den Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten1 gibt es gesetzliche Rahmenbedingungen, deren Vorgaben eingehalten werden müssen.

Zu nennen sind hier unter anderem die Landesbauordnung in Baden-Württemberg (LBO), kommunale Besonderheiten wie Altstadtverordnungen, die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Erneuerbare-Wärme-Gesetz Baden-Württemberg (EWärmeG) und das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz des Bundes (EEWärmeG), das ab 1. Januar 2009 für Neubauten von Wohngebäuden die Nutzung »erneuerbarer Energien« vorschreibt.2 Möglich sind auch Ersatzmaßnahmen wie eine bessere Dämmung des Gebäudes bis hin zur Errichtung eines Passivhauses, einem Gebäude, das aufgrund seiner sehr guten Wärmedämmung über kein klassisches Heizsystem mehr verfügt.

Das EEWärmeG soll dazu beitragen »den Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme bis zum Jahr 2020 auf 14 % zu erhöhen« (siehe i-Punkt »EEWärmeG«). Verpflichtet für die Umsetzung dieser Vorgabe sind letztendlich die Eigentümer von Wohngebäuden, die neu errichtet werden.

Die Statistik der Bautätigkeit zeigt, dass sich in Baden-Württemberg auch schon Jahre vor dem Inkrafttreten dieses letztgenannten Gesetzes ein Wandel vollzogen hat – weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energiequellen. Die Gründe liegen auf der Hand: Allgemein wächst das Bewusstsein, dass fossile Brennstoffe nur noch endlich zur Verfügung stehen und somit teuer werden und dass die CO2-Emissionen durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas die Umwelt belasten. Dazu kommt, dass technische Lösungen zur Verfügung stehen, die für jeden Bauherren wirtschaftlich einsetzbar sind. Es gibt ein breites Angebot von Installationen für die Nutzung von Sonnenenergie, Erd- oder Umweltwärme. Moderne Baustoffe ermöglichen den Bau von Häusern, die kaum noch Energie verbrauchen.

Investitionen in ein nachhaltiges Energiekonzept können sich für jeden einzelnen Bauherren sogar mittel- oder langfristig wieder auszahlen, insbesondere angesichts steigender Energiepreise.3

Die amtliche Statistik reagiert auf Interesse an Daten zur Nachhaltigkeit

Das Statistische Landesamt erhebt Daten für alle Baugenehmigungen4 in Baden-Württemberg. Erfasst werden Wohngebäude und Nichtwohngebäude, Neubauten und Maßnahmen im Gebäudebestand. Die Analyse dieser Daten ermöglicht neben den Aussagen über die Wohnsituation und die Konjunktur im Wohnungsbau auch die Beschreibung von Trends bei der Ausführung der Bauten.

Mit Beginn des Jahres 2010 wurde dem erhöhten Informationsbedarf zum nachhaltigen Bauen entsprochen und das statistische Erhebungsprogramm in Deutschland erweitert. Der neue Fragebogen für Baugenehmigungen enthält tiefer gegliederte Angaben zum überwiegend verwendeten Baustoff und zu den meist genutzten erneuerbaren Heizenergien. Die bisher unter »Sonstige« und »Wärmepumpe« zusammengefassten Heizsysteme können ab dem Jahr 2010 nach Umweltthermie, Geothermie, Biogas, Biomasse und Holz unterschieden werden. Die Abfrage nach der Kohleheizung dagegen verbirgt sich jetzt unter dem Sammelposten der »Sonstigen«, da ihre Bedeutung seit Jahren immer geringer geworden ist. Dazu kommt die zusätzliche Erfassung der Art der genutzten Energie für eine Zusatzheizung neben dem eigentlichen Heizsystem5 (siehe i-Punkt »Die neuen Merkmale im Erhebungsbogen der Bautätigkeitsstatistik«).

Statt wie bisher die Baustoffe nur nach Stahl, Stahlbeton, Holz, Ziegel und dem Sammelposten »Sonstiger Mauerstein« zu erfassen, erfolgt eine zusätzliche Differenzierung nach Kalksandstein, Porenbeton und Leichtbeton/Bims.

Ergebnisse für diese neuen Merkmale liegen erstmals vollständig für die Baugenehmigungen vor, die im Jahr 2010 erteilt wurden. Da zwischen Baugenehmigung und Baufertigstellung erfahrungsgemäß 1 bis 3 Jahre liegen können, werden die ersten belastbaren Daten für fertig gestellte Gebäude nach dem neuen Merkmalsprogramm nach Abschluss der Erhebung für das Jahr 2011 zur Verfügung stehen. Bauvorhaben, deren Baugenehmigung vor dem 1. Januar 2010 erteilt wurde, lagen in der amtlichen Statistik nach altem Merkmalskatalog vor. Die neuen Merkmale wurden für diese Fälle nacherhoben, enthalten aber Unschärfen, da für die Bauherren keine Verpflichtung zur Auskunft bestand.

Betrachtet werden im Folgenden die zum Bau freigegebenen neuen Wohngebäude in Baden-Württemberg. Hier sind die oben genannten Gesetze EWärmeG und EEWärmeG wirksam. Die Wohngebäude bilden auch den überwiegenden Teil der Neubauten (im Lauf der Jahre zwischen 70 und 80 %).6 Etwa die Hälfte der Nichtwohngebäude kommt zudem ohne Heizung aus.7

Bei der Auswahl der Heizung geht der Trend zur Nachhaltigkeit

Betrachtet man die zum Bau freigegebenen Wohngebäude in den letzten 10 Jahren unter dem Aspekt, welche Heizenergie gewählt wurde, so ist eine deutliche Entwicklung der vermehrten Nutzung erneuerbarer Energien zu erkennen.

Das Heizen mit Koks oder Kohle hatte bereits im Jahr 2000 nur eine geringe Rolle gespielt. Der Favorit war damals Gas, gefolgt von Öl.8 Der Anteil der im Jahr 2000 genehmigten Wohngebäude mit Gasheizung betrug über 62 %, der mit Ölheizung gut ein Viertel. Alternative Energiequellen spielten noch so gut wie keine Rolle.

10 Jahre später sieht es anders aus. Der Anteil der neuen Ölheizungen ist auf 2 % geschrumpft. Der Anteil neu installierter Gasheizungen ist mit gut 40 % zwar gefallen, damit aber immer noch dominierend. Am augenfälligsten ist der Anteil von Wärmepumpen. Gut ein Drittel der Bauherren entscheidet sich beim Neubau damit für die Nutzung von Umweltwärme (umgebende Luft, Grundwasser oder Erdreich). Wohnhäuser ohne Heizung, also Passivhäuser, die vor 10 Jahren noch sehr außergewöhnlich waren, sind im Jahr 2010 mit einem Anteil von gut 1 % vertreten.

Detaillierte Daten zu erneuerbaren Energien für 2010

Für die Baugenehmigungen aus dem Jahr 2010, bei denen als Heizenergie Wärmepumpen gewählt wurden, kann nunmehr zusätzlich zwischen Umweltthermie und Geothermie unterschieden werden. Interessant ist hier der Anteil von Holz als erneuerbarem Energieträger, der bisher unter »Sonstige« mitgezählt wurde. Jeder zehnte Neubau eines Wohnhauses, für das 2010 eine Genehmigung erteilt wurde, soll mit Holz beheizt werden. Insgesamt erreichen die erneuerbaren Energien einen Anteil von rund 46 % bei der Wahl der vorwiegend genutzten Heizenergie.

Erstmals neben der Angabe der vorwiegend genutzten Heizenergie wurden auch Daten für geplante Zusatzheizungen erhoben. Dabei musste allerdings nicht jeder Bauherr notwendigerweise Angaben zu einer Zusatzheizung machen. Wenn er zum Beispiel eine Zentralheizung einbauen will, die mit Holzpellets heizt, so übernimmt diese die Wärmeversorgung des Hauses mit erneuerbarer Energie zu 100 %. Das haben in etwa 5 % der Bauherren so angegeben. Heizen mit erneuerbaren Energien kann sich auch hinter dem Anschluss an eine Gasversorgung oder ein Fernwärmenetz verbergen, wenn der örtliche Energieversorger einen Biogasanteil garantiert bzw. das Fernwärmenetz mit erneuerbaren Energien betreibt.

Die beliebteste Kombination von vorwiegend genutzter Heizenergie und Zusatzheizung ist die Gasheizung, die mit einer solarthermischen Anlage ergänzt wird. Entsprechend EEWärmeG für Neubauten erfüllt eine solarthermische Anlage auf dem Dach das im Gesetz formulierte Ziel, wenn sie den Wärmeenergiebedarf des Gebäudes zu mindestens 15 % deckt. Fast ein Fünftel der Bauherren hat sich für diese Variante entschieden.

Bei der Fülle der theoretisch möglichen Kombinationsmöglichkeiten ist es nicht verwunderlich, dass es keine weitere Kombination gibt, für die sich auch nur 10 % der Bauherren einheitlich entschieden haben. Erwähnenswert mit einem Anteil von 7 % ist die Kombination Umweltthermie mit Holz. Darunter kann man sich beispielsweise eine Luft-Wärme-Pumpe vorstellen, die durch einen Scheitholzofen ergänzt wird. Ähnlich beliebt ist die Ergänzung einer Gasheizung mit einem Holzofen, für die sich gut 5 % der Bauherren entschieden haben.

Beim Baustoff ist gute Wärmedämmung gefragt

Auch bei den Baustoffen hat sich in den letzten Jahren etwas getan. Ließen sich im Jahr 2000 noch rund 40 % aller Bauherren ein Wohngebäude mit Ziegel als überwiegend verwendeten Baustoff für die Tragkonstruktion zum Bau genehmigen, so sind es 10 Jahre später nur noch rund 27 %. Der Baustoff Holz hat von circa 15 auf über 24 % Anteile dazu gewonnen. Der Anteil, der als »Sonstiger Mauerstein« bezeichnet wird, ist in etwa gleich geblieben.

Was verbirgt sich aber unter dem »Sonstigen Mauerstein«? Seit der Erweiterung des Merkmalsprogramms der Statistik der Bautätigkeit liegen erstmals differenzierte Daten zu den Baustoffen Kalksandstein, Porenbeton und Leichtbeton/Bims vor, die eine hohe Wärmedämmung versprechen (siehe i-Punkt »Die neuen Merkmale im Erhebungsbogen der Bautätigkeitsstatistik«). Die Baustoffe Leichtbeton/Bims mit fast 2 %, Kalksandstein mit rund 10 % und Porenbeton mit knapp 22 % bilden zusammen einen Anteil von fast 34 %.

Ausblick

Um nachzuweisen, inwieweit das im EEWärmeG formulierte Ziel erreicht wird, ist ein noch detaillierterer Überblick über die vollzogenen Maßnahmen notwendig. Auch dafür wird die amtliche Statistik ihren Beitrag leisten und Daten zur Verfügung stellen. Am 12. April 2011 hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien – EAG EE) beschlossen.9 Es enthält in Artikel 5a die Erweiterung des Hochbaustatistikgesetzes um Merkmale zur »Art der Warmwasserbereitung und hierfür vorgesehene Energie; Anlagen zur Lüftung, Anlagen zur Kühlung sowie Art der Erfüllung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes«. Erste Daten sollen im Jahr 2012 erhoben werden, belastbare Ergebnisse liegen frühestens Anfang des Jahres 2013 vor.

1 Beispiele für Förderprogramme sind: Marktanreizprogramm zur Förderung erneuerbarer Energien vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) oder das KfW-Programm erneuerbare Energien der Kreditanstalt für Wiederaufbau.

2 LBO s. GBl. für Baden-Württemberg vom 20. April 2010, EWärmeG Baden-Württemberg vom 20. November 2007 (GBl. für Baden-Württemberg vom 23. November 2007), EEWärmeG vom 7. August 2008 (BGBl. I S. 1658), zuletzt geändert am 12. April 2011 (BGBl. I S. 619), EnEV vom 24. Juli 2007 (BGBl. I S. 1519), zuletzt geändert am 29. April 2009 (BGBl. I S. 954).

3 Siehe »Heizkostenvergleich für Einfamilienhäuser«, Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung (IER), Universität Stuttgart, Stand April 2011.

4 Baugenehmigungen einschließlich gemeldeter Kenntnisgaben und vereinfachte Verfahren.

5 Auf dem Erhebungsbogen werden sie als »Primär« und »Sekundär« bezeichnet, abweichend von der Definition der Primär- und Sekundärenergie bezüglich ihrer Erzeugung.

6 Siehe jährlich erscheinender Statistischer Bericht »Bautätigkeit in Baden-Württemberg« F II 1.

7 Zum sogenannten Nichtwohnbau zählen zwar unter anderem auch Anstaltsgebäude, Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Hotels und Gaststätten, die beheizt werden, aber auch landwirtschaftliche Betriebs-gebäude, Fabrik- und Werkstattgebäude, Handels- und Lagergebäude, für die in vielen Fällen keine Heizung notwendig ist.

8 Siehe John, Birgit/Schmidt, Heike: »Erdgas – eine beliebte Energiequelle«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6/2007«.

9 BGBl. 2011 Teil I Nr. 17.