:: 7/2012

Heiratsgrund Kind?

Die Entscheidung zu heiraten ist eine höchst persönliche, wird aber auch durch gesellschaftliche Wertvorstellungen und rechtliche Rahmenbedingungen beeinflusst. Im Laufe der vergangenen 2 Jahrzehnte haben sich die individuellen Handlungsspielräume, über den Zeitpunkt und die eigenen Lebensumstände einer Heirat selbst zu entscheiden, weiter vergrößert. Dabei hat die Selbstverständlichkeit der Eheschließung als Voraussetzung einer Familiengründung deutlich nachgelassen. Während Paare in Baden-Württemberg heute bei etwa jeder dritten Familiengründung auf eine Eheschließung vor der Geburt des ersten Kindes verzichten, betraf dies 1990 nur rund jede siebte Familiengründung. Allerdings ist auch die Zahl der Heiraten mit gemeinsamen vorehelichen Kindern merklich angestiegen.

»Verliebt, verlobt, verheiratet, Familie gegründet« – diese Abfolge war als verbreitetes Standardmuster auf dem Weg zur Familiengründung hierzulande bis weit in die 1980er-Jahre zu beobachten.1 Der seinerzeit noch allmähliche, aber anhaltende und danach stärkere Anstieg von Zahl und Anteil nichtehelich geborener Kinder führte jedoch immer häufiger zu der Frage, welche Bedeutung die Eheschließung im Zusammenhang mit der Gründung einer Familie besitzt. Ist die Ehe im Wertekanon unserer Gesellschaft noch eine unabdingbare Voraussetzung für die Familiengründung? Oder haben sich Ehe und Elternschaft entkoppelt, indem Paare Eltern werden, ohne vorher oder kurz danach zu heiraten? Sind Kinder oder der Wunsch, Kinder zu haben, ein Heiratsgrund?

Eheschließungs- und Geburtenstatistik als Datenbasis

Über die individuellen Motivationen, warum Paare heiraten, warum sie Kinder bekommen oder nicht, besitzt die amtliche Statistik keine Informationen. Allerdings lassen sich aus der Eheschließungs- und Geburtenstatistik zumindest Rückschlüsse zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen ableiten. Ein dazu erforderliches analytisches Instrumentarium – eine Typologie von unterschiedlichen Formen der Familiengründung – haben Kurt Lüscher und Heribert Engstler Ende der 1980er-Jahre konzipiert und empirisch ausgefüllt.2 Dabei spielen zum Beispiel zeitliche Abstände zwischen Heirat und Geburt sowie die Eheschließungen mit gemeinsamen vorehelichen Kinder eine wesentliche Rolle (siehe i-Punkt). Als Familiengründung – ob mit Trauschein oder ohne – gilt die Geburt eines ersten Kindes.

Statistische Angaben zu den Erstgeborenen in den jeweils bestehenden Ehen liegen in langer Zeitreihe vor, zu den Familiengründungen ohne Trauschein erst seit 2008. Daher wurden auf Basis der Daten von 2008 bis 2010 Angaben über Erstgeborene nicht verheirateter Frauen für zurückliegende Jahre ab 1990 geschätzt. Bei den innerhalb von Ehen Erstgeborenen handelt es sich nicht in allen Fällen auch um das in der biologischen Geburtenfolge erste Kind der Ehefrau. Aus den erst neuerdings vorliegenden Informationen geht hervor, dass in Baden-Württemberg rund 4 % der in den jeweils bestehenden Ehen Erstgeborenen bereits ein zweites oder auch weiteres Kind der Frau waren. Dieser Aspekt der »erneuten Familiengründung« bleibt im Weiteren jedoch unberücksichtigt. Die Grunddaten der nachfolgenden Auswertungen enthält die Tabelle.

Genereller Trend: deutlich mehr Familiengründungen ohne Trauschein

Im Jahr 2010 kamen in Baden-Württemberg mit rund 90 700 Lebendgeborenen etwa 24 % weniger Kinder zur Welt als 1990. Dabei ist die Zahl der innerhalb von Ehen geborenen Kinder um rund ein Drittel gesunken, während sich die Zahl der von nicht verheirateten Frauen zur Welt gebrachten Kinder seit 1990 nahezu verdoppelt hat (Schaubild 1). Zwar werden nach wie vor Kinder ganz überwiegend in ehelichen Familien geboren, jedoch ist der Anteil der nicht ehelich Geborenen an allen Geborenen in den vergangenen 2 Jahrzehnten von knapp 9 % (1990) auf rund 22 % (2010) angestiegen.

Die Zahl der in einer Familie – mit oder ohne Trauschein – erstgeborenen Kinder hat sich seit 1990 mit einem Minus von rund 20 % bis 2010 zwar etwas schwächer, aber nahezu parallel zur rückläufigen Gesamtgeborenenzahl entwickelt. Damit blieb der Anteil der Erstgeborenen (Familiengründungen) an allen Lebendgeborenen in den vergangenen 2 Jahrzehnten relativ konstant. Jedes Jahr war knapp die Hälfte aller Lebendgeborenen ein erstgeborenes Kind (die andere Hälfte der Geborenen zweite oder weitere Kinder). Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Familiengründungen von verheirateten Paaren. Ihre Zahl lag 2010 – wie die Gesamtzahl der in Ehen geborenen Kinder – um gut ein Drittel niedriger als 1990. Der Anteil der in den Ehen Erstgeborenen blieb damit in den letzten 20 Jahren ebenfalls relativ gleich und bewegte sich jährlich zwischen 43 % und knapp 46 % aller ehelich Geborenen.

Deutlich andere Entwicklungstendenzen finden sich bei den Familiengründungen nicht verheirateter Paare. Nach den seit 2008 verfügbaren Daten sind knapp 70 % der in einem Jahr von nicht verheirateten Müttern geborenen Kinder deren Erstgeborene. In den 1990er-Jahren dürfte dieser Anteil – geht man auch nach der Zahl der bei Alleinerziehenden lebenden Kleinkinder – ähnlich hoch ausgefallen sein. Wenn also eine nicht verheiratete Frau ein Kind zur Welt bringt, so ist dies deutlich häufiger als bei verheirateten Frauen ein erstes Kind. Vor diesem Hintergrund ist die Zahl der nichtehelichen Familiengründungen seit 1990 um etwa 90 % gestiegen.

Noch am häufigsten: erst Heirat, dann Schwangerschaft

Aus dem zeitlichen Abstand der Geburt eines ersten Kindes von der Heirat lässt sich erkennen, dass in Baden-Württemberg nach wie vor in den meisten Fällen die Familiengründung mit der Reihenfolge »erst Heirat, dann Schwangerschaft« erfolgt. Gut die Hälfte der Familiengründungen im Jahr 2010 folgte diesem Muster – ein erstes Kind kam nach 8 und mehr Ehemonaten zur Welt.3 Allerdings lag dieser Anteil zu Beginn der 1990er-Jahre mit etwas mehr als 60 % noch merklich höher (Schaubild 2). Eine Heirat während der Schwangerschaft signalisiert einen möglicherweise noch engeren – nicht nur zeitlichen – Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen. Diese Form der Familiengründung fand allerdings 2010 im Lande ebenfalls weniger Verbreitung als in der 1. Hälfte der 1990er-Jahre. Seinerzeit heiratete fast ein Viertel der Paare, die ihr erstes Kind erwarteten, noch während der Schwangerschaft. Bis zum Jahr 2010 ist dieser Anteil auf knapp 18 % gesunken.

Durch die zahlenmäßig gegenläufigen Entwicklungen von ehelichen und nichtehelichen Familiengründungen seit Beginn der 1990er-Jahre haben sich deutliche Verschiebungen zwischen beiden Grundmustern ergeben. So erfolgten 1990 noch rund 87 % aller Familiengründungen durch Paare, die bei der Geburt ihres ersten Kindes verheiratet waren – einschließlich derer, die während der Schwangerschaft geheiratet hatten. Dieser Anteil ist bis 2010 auf knapp 70 % gesunken. Demgegenüber hat der Anteil der Familiengründungen von nicht verheirateten Paaren von knapp 13 % auf nahezu 31 % zugenommen.4 Insofern sieht heute ein deutlich größerer Teil der Paare, die ihre Kinderwünsche realisieren, eine Heirat offensichtlich nicht als unabdingbare Voraussetzung für eine Familiengründung, als dies vor 2 Jahrzehnten der Fall war.

Kindbezogene Heiraten verlieren an Bedeutung

Bei verheirateten Paaren, deren erstes Kind innerhalb der ersten eineinhalb Ehejahre zur Welt kommt, steht zu vermuten, dass der Wunsch nach einem Kind bereits mit dem Entschluss zu heiraten verbunden war. Lagen weniger als 6 Monate zwischen Heirat und Geburt des Kindes, so dürfte die bestehende Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Heirat bekannt gewesen sein. Möglicherweise hat dieser »Umstand« hier auch zur Beschleunigung des Heiratsentschlusses beigetragen. Bei Familiengründungen während der weiteren Ehedauer bis zum18. Ehemonat kann die vor der Geburt des Kindes geschlossene Ehe als Auftakt oder bewusste Voraussetzung zur Familiengründung interpretiert werden. In diesen Fällen lässt sich die Eheschließung als »kindbezogen« bezeichnen.

Gemessen an den Familiengründungen hat die kindbezogene Motivation zur Heirat in den vergangenen 2 Jahrzehnten an Bedeutung verloren. So gingen 1990 rund 43 % der Familiengründungen eine »kindbezogene Heirat« voraus. Dieser Anteil ist auf nunmehr knapp ein Drittel gesunken. Familiengründungen mit einer kindbezogenen Heirat sind heutzutage etwa genau so häufig wie Familiengründungen ohne Trauschein (Schaubild 3). Um 1990 betrug dieses Verhältnis noch 3:1.

Bei rund einem Viertel der Familiengründungen liegt heute die Heirat bereits eineinhalb bis unter 5 Jahre zurück. Hier dürfte der Zusammenhang zwischen dem Entschluss zu heiraten und der Motivation einer nachfolgenden Elternschaft weiter auseinander liegen.5 Auch wenn dieses Muster der Familiengründung in der 1. Hälfte der 1990er-Jahre mit rund einem Drittel aller Familiengründungen deutlich stärker verbreitet war, so stellt es heute nach wie vor ein »gängiges« Verhaltensmuster dar. Demgegenüber haben Familiengründungen, bei denen das erste Kind nach mehr als 5 Ehejahren zur Welt gekommen ist, in den vergangenen 2 Jahrzehnten anteilsmäßig nur wenig zugenommen. In den 1990er-Jahren betraf dies etwa jede zehnte Familiengründung, heute rund jede siebte. Bei diesem Verhaltensmuster kann davon ausgegangen werden, dass die Eheschließung kaum mit dem Wunsch nach baldiger Elternschaft verbunden war – eine unmittelbare Kindorientierung als Heiratsgrund also nicht vorlag. Insofern könnte hier die Heirat als solche und die damit verbundene Lebenssituation den eigentlichen Stellenwert der Eheschließung ausmachen.

Betrachtet man allerdings nur die ehelichen Familiengründungen, so lässt sich in diesem Bezugsrahmen erkennen, dass kindbezogene Eheschließungen 2010 nur wenig schwächer verbreitet waren als 1990. Seinerzeit lag ihr Anteil bei knapp 50 % der ehelichen Familiengründungen, heute bei rund 46 %. Auf der anderen Seite hat sich der Anteil der »späten« ehelichen Familiengründungen (nach 5 und mehr Ehejahren) von 10 % (1990) auf 20 % (2010) verdoppelt.

Heiratsgrund gemeinsame voreheliche Kinder?

Wenn ein deutlich gewachsener Anteil von Paaren bei der Familiengründung auf den Trauschein verzichtet, so mag dies auf eine zunehmende »Entkoppelung« von Ehe und Elternschaft in dem Sinne hinweisen, dass Heiraten/Nichtheiraten und Kinderhaben zwei voneinander unabhängige Entscheidungen sind.6 Zumindest ist die Heirat keine unumstößliche Voraussetzung, um Eltern zu werden. Zugleich aber ist zu beobachten, dass sich in Baden-Württemberg unter den Eheschließenden eines Jahres immer mehr Paare finden, die bereits vor der Heirat mindestens ein gemeinsames Kind hatten. Während die Zahl der Eheschließungen insgesamt im Land zwischen 1990 und 2010 um ein Fünftel gesunken ist, hat sich die Zahl der Heiraten mit gemeinsamen vorehelichen Kindern etwas mehr als verdoppelt, ihr Anteil an allen Eheschließungen von knapp 6 % auf fast 16 % gestiegen (Schaubild 4). Hauptsächlich sind es Paare mit einem gemeinsamen vorehelichen Kind (2010 rund 81% dieser Eheschließungen), die »nachträglich« heiraten. Gleichwohl hat sich der Anteil derjenigen, die schon zwei oder mehr voreheliche Kinder hatten, von gut 10 % (1990) auf nunmehr knapp 20 % nahezu verdoppelt.

Die Anteil der von nicht verheirateten Paaren zur Welt gebrachten Kinder, die später durch eine Heirat der Eltern in eine eheliche Familie hineinwachsen, lässt sich nur schätzen. Denn der zeitliche Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen ist im Einzelfall nicht bekannt. Hilfsweise kann man jedoch – auch unter Berücksichtigung eines zeitlichen Versatzes zwischen Geburt und »nachträglicher« Heirat – die Zahl der in die Ehe der Eltern eingebrachten Kinder auf die Gesamtzahl der nichtehelich Geborenen beziehen. Daraus ergibt sich, dass im Zeitraum zwischen 2000 und 2010 in Baden-Württemberg etwa 45 bis 50 % der zuvor nichtehelichen Kinder durch die Heirat ihrer Eltern in eine eheliche Familie kamen. Dieser Anteil lag in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre noch bei 35 bis 40 % und ist danach deutlich angestiegen.7 Am aktuellen Rand deutet sich eine rückläufige Entwicklung an.

Damit relativiert sich die Antwort auf die Frage nach der »Entkoppelung« von Ehe und Elternschaft. Indem mehr Elternpaare die zu Beginn der 1990er-Jahre im Land stark vorherrschende zeitliche Reihenfolge »erst Heirat, dann Familiengründung« heute vertauschen, lässt sich vermuten, dass nach wie vor ein wesentlicher inhaltlicher Zusammenhang zwischen Heirat und Elternschaft besteht, nur in zeitlich anderer Reihenfolge. Möglicherweise ergibt sich hier auch ein neuer Aspekt von »kindorientierten« Eheschließungen.

Ob dies mit den Rahmenbedingungen des Kindschaftsrechts oder des elterlichen Sorgerechts zusammenhängt oder mit sehr individuellen Gründen, lässt sich an dieser Stelle nicht beantworten. Generell ist jedoch festzuhalten, dass die Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder auch die Elternschaft ohne Trauschein erleichtert hat.

»Nachträgliche« Eheschließung vor allem im Alter von 30 bis unter 40 Jahren

Die Eheschließungen von Paaren mit gemeinsamen vorehelichen Kindern fällt relativ am häufigsten in die Altersphase zwischen 30 und 40 Jahren (gemessen am Alter der Frau). So hatte 2010 etwa jede fünfte Frau, die im Alter von 30 bis unter 35 Jahre heiratete, gemeinsame voreheliche Kinder mit ihrem Partner (Schaubild 5). Von den 35- bis unter 40-jährig heiratenden Frauen betraf dies sogar jede vierte. Lag das Heiratsalter unter 30 Jahren, so brachte nur jedes siebte bis achte Paar mindestens ein gemeinsames Kind in die Ehe mit ein.

Dieses ausgeprägte Altersprofil hat sich im Zuge der wachsenden Verbreitung von Heiraten mit gemeinsamen vorehelichen Kindern erst seit den 2000er-Jahren herausgebildet. Anfang der 1990er-Jahre – mit einer Verbreitung von insgesamt nur rund 6 % aller Eheschließungen – fiel noch der relativ hohe Anteil unter den Frauen auf, die im Alter von unter 20 Jahren heirateten. Hier war bei jeder zwölften Eheschließung mindest schon ein voreheliches Kind vorhanden. Ob dies »Mussehen« waren – wie diese Konstellation in den 1970er-Jahren häufig genannt wurde – mag dahin gestellt sein. Heute machen Eheschließungen von unter 20-jährigen Frauen nur wenig mehr als 1 % aller Eheschließungen aus. Etwa genauso hoch ist der Anteil derjenigen, die in diesem Alter mit einem vorehelichen Kind heiraten, an allen Heiraten mit Kindern.

Im Hintergrund dieser im 20-jährigen Vergleich erkennbaren Verschiebungen in der Altersverteilung der Heiraten mit gemeinsamen vorehelichen Kindern spielt sicherlich auch der allgemeine Trend zur Verlagerung von Eheschließungen und Geburten auf ein höheres Alter eine wesentliche Rolle. Gleichwohl zeigt sich auch, dass es besonders in der Lebensphase zwischen 30 und 40 Jahren für Paare, die zuvor eine Familie ohne Trauschein gegründet haben, Anlässe gibt, »nachträglich« zu heiraten.

Fazit

Der Stellenwert einer Heirat in den Lebensplänen von Frauen und Männer hat sich in den vergangenen 2 Jahrzehnten weiter gewandelt. Die insgesamt gesunkene Heiratsneigung und das gestiegene Heiratsalter sind zwei Indikatoren dafür.8 Als Heiratsgrund dürfte der Kinderwunsch und seine rasche Realisierung weiter zurück getreten sein. Familiengründungen ohne vorherigen Gang zum Standesamt sind auf ein Drittel aller Familiengründungen angestiegen. Die Heirat ist weniger als früher das Startzeichen oder die unabdingbare Voraussetzung für eine Familiengründung. In diese Richtung lässt sich auch der deutlich gestiegene Anteil der »nachträglichen« Eheschließungen deuten. Sie weisen darauf hin, dass es mehr und mehr akzeptiert ist, die zeitliche Reihenfolge »erst Heirat, dann Kind« umzudrehen. Was für die Elterngeneration der heute etwa 25- bis 40-Jährigen aufgrund der seinerzeitigen gesellschaftlichen Normen und Konventionen sowie der rechtlichen Bedingungen keineswegs in diesem Ausmaß »lebbar« war, ist nunmehr fester Bestandteil einer gewachsenen Pluralität von Formen des Zusammenlebens.

Wenn allerdings geheiratet wird, ist der Bezug zum Kind nach wie vor deutlich ausgeprägt. Aber auch hier wartet ein immer größerer Teil der Ehepaare 5 Jahre und länger bis zur Familiengründung. Auf der anderen Seite signalisiert die gewachsene Verbreitung der Eheschließungen mit gemeinsamen vorehelichen Kindern, dass die mit Ehe verbundene Familie – vielleicht weniger als Institution, sondern eher als Alltagswirklichkeit – nach wie vor hohe Wertschätzung genießt.

1 Engstler, Heribert/ Schwarz, Thomas/ Cornelius, Ivar/ Lüscher, Kurt: Formen der Familiengründung in Baden-Württemberg – Eine Analyse der Geburtenstatistik 1970 bis 1989, in: Familienwissenschaftliche Forschungsstelle im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.), Materialien und Berichte, Heft 24, Stuttgart, 1992, S. 34.

2 Lüscher, Kurt/ Engstler, Heribert: Pluralität in Grenzen – Eine sozio-demographische Typologie aktueller Formen der Familiengründung in der Schweiz, in: Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 1990, Heft 3/4, S. 407–413.

3 Da eine Schwangerschaft durchschnittlichen 38 Wochen ab Beginn der Konzeption dauert, wird hier die Dauer von mindestens 8 Monaten zugrunde gelegt. Nach Daten der amtlichen Statistik der Schweiz kommen rund 92 % der Geburten nach einer Schwangerschaftsdauer von 37 bis unter 41 Wochen zur Welt (Bundesamt für Statistik, Neuchatel, 2012).

4 Da es sich hier um eine Zeitpunktbetrachtung handelt (Geburt eines ersten Kindes), ist dieser Anteil nicht ohne Weiteres gleichzusetzen mit den auf Dauer bei alleinerziehenden oder nichtehelichen Lebensgemeinschaften lebenden Kindern. Zu beachten sind hier auch die »nachträglichen« Eheschließungen mit gemeinsamen vorehelichen Kindern.

5 Sicherlich finden sich hier wie auch bei noch späteren Familiengründungen Fälle, in denen Paare unfreiwillig mehrere Jahre kinderlos bleiben. Hierüber liegen jedoch keine verlässlichen Zahlenangaben vor.

6 Eine »Entkopplung« von Eheschließung und Elternschaft könnte man auch dann konstatieren, wenn ein großer und/oder deutlich wachsender Teil der Familiengründungen erst nach langer Ehedauer (etwa nach 5 und mehr Jahren) realisiert werden würden. Diese Form der Familiengründung hat im Gesamtspektrum der Familiengründungen in den vergangenen 2 Jahrzehnten zwar etwas zugenommen, jedoch nicht besonders stark. Innerhalb der ehelichen Familiengründungen hat sich dieses Muster allerdings deutlicher verbreitet.

7 Berechnungen auf Basis gleitender 2-, 3- und 5-Jahresdurchschnitte ergeben jeweils gleiche Größenordungen.

8 Brachat-Schwarz, Werner: »Zur Entwicklung der Eheschließungen in Baden-Württemberg«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2011«