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Innovationsindex 2012: Kreise und Regionen in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg liegt weiterhin bei der Innovationsfähigkeit innerhalb der Europäischen Union auf Platz 1.1 Voraussetzungen und Mittel für das Hervorbringen von Innovationen im Land sind vielfältig vorhanden. Das insgesamt sehr hohe technologische Leistungspotenzial ist jedoch regional heterogen verteilt. Wie hoch ist das Innovationspotenzial der Regionen und Kreise in Baden-Württemberg?

Bei den Kreisen in Baden-Württemberg gibt es in der Spitzengruppe gegenüber 2010 keine Veränderung in der Rangfolge. Der Landkreis Böblingen, der Bodenseekreis und der Stadtkreis Stuttgart liegen beim Innovationsindex 2012 weiter in Führung. Der Landkreis Heilbronn weist erneut eine hohe Dynamik auf und befindet sich nun beim Gesamtindex auf Rang fünf. Im Vergleich der Regionen des Landes führt die Region Stuttgart, in der sich mit Böblingen und Stuttgart zwei hervorragend platzierte Kreise befinden, erneut mit weitem Abstand die Rangliste an. Auf dem zweiten Platz rangiert nun die Region Ostwürttemberg vor der Region Bodensee-Oberschwaben.

Vom Statistischen Landesamt in Baden-Württemberg wurde ein Innovationsindex entwickelt, der sechs Innovationsindikatoren in einer Kennzahl bündelt, die eine vergleichende Bewertung der Innovationsfähigkeit von Stadt- und Landkreisen ermöglicht. Bei der Berechnung auf Kreisebene wird im Wesentlichen der Wirtschaftssektor betrachtet.2 Der Innovationsindex setzt sich aus den beiden Teilindizes »Niveau« und »Dynamik« zusammen. Der Teilindex »Niveau« gibt Aufschluss über den technologischen Ist-Zustand in einem Kreis bzw. in einer Region, während der Dynamikindex auf die Entwicklung des Innovationspotenzials hinweist (siehe i-Punkt).

Landkreis Böblingen seit 2006 mit höchstem Innovationspotenzial

Die Kreise mit der höchsten Innovationsfähigkeit (Gesamtindex) sind unverändert der Landkreis Böblingen, der Bodenseekreis und der Stadtkreis Stuttgart. Seit der zweiten Berechnung des Innovationsindex im Jahr 2006 hat sich an dieser Platzierung keine Veränderung ergeben. Diese Kreise weisen durchgehend bei fast allen Innovationsindikatoren ein hohes Niveau auf.

Der führende Landkreis Böblingen stützt sich dabei vor allem auf seine forschungsintensiven Industriezweige. Der Anteil der in diesem Sektor Beschäftigten lag zuletzt im Kreis Böblingen mit gut 32 % weit über dem Landesdurchschnitt (18 %). Darüber hinaus sind die internen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen3 im Kreisvergleich nirgendwo höher als im Landkreis Böblingen. Auch die gute Platzierung des Kreises beim Innovationsindikator Patentanmeldungen aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie bei den Existenzgründungen runden das Bild eines von forschungsintensiven Branchen geprägten Kreises ab. Der Landkreis Böblingen profitiert unter anderem von seiner geografischen Nähe zu Konzernzentralen großer Unternehmen in Stuttgart. In Sindelfingen steht zum Beispiel eine bedeutende Produktionsstätte der Daimler AG mit vielen Entwicklungsabteilungen. Daneben ist Böblingen Sitz eines der weltweit größten Forschungs- und Entwicklungszentren der IBM. Außerdem sind im Landkreis Böblingen noch weitere ausländische High-Tech-Unternehmen wie Hewlett-Packard angesiedelt.

Bodenseekreis bei FuE-Personalintensität auf Platz eins

Der auf Kreisebene zweitplatzierte Bodenseekreis zeichnet sich besonders durch eine sehr hohe Forschungsintensität, einen hohen Anteil der Beschäftigten in forschungsintensiven Industriezweigen und eine beachtliche Patentdichte aus. Mit seinem wirtschaftlichen Zentrum in Friedrichshafen wird der Kreis untrennbar mit dem Namen »Zeppelin« verbunden. Aus dem ursprünglich von Graf Ferdinand von Zeppelin gegründeten Unternehmen gingen mehrere international tätige Technologiekonzerne hervor. Hierzu zählen beispielsweise der Autozulieferer ZF Friedrichshafen und die heute zur Tognum AG gehörende frühere MTU Friedrichshafen.

Stadtkreis Stuttgart punktet mit vielen Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen

Das Innovationspotenzial des Stadtkreises Stuttgart wird wie im Landkreis Böblingen und im Bodenseekreis vor allem durch die hohe Forschungsintensität der Wirtschaft hervorgerufen. Während im Bodenseekreis und im Landkreis Böblingen ein sehr hoher Beschäftigtenanteil in der forschungsintensiven Industrie erkennbar ist, sind in der Landeshauptstadt überdurchschnittlich viele Personen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen tätig. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen an den gesamten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt im Stadtkreis Stuttgart 55 %. Dieser Wert wird nur vom Stadtkreis Heidelberg übertroffen (rund 61 %). Im Landesdurchschnitt liegt der Anteil bei 36 %. In der Landeshauptstadt haben sich eine Vielzahl von Groß- und mittelständischen Unternehmen angesiedelt. Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von Firmen wie beispielsweise Daimler, Mahle und Behr spielen hier eine große Rolle, aber auch die Branchen »Software und Medien« tragen ihren Anteil zum Status des Stadtkreises als einer der wichtigsten Innovationszentren im Land bei.

Bei den Stadt- und Landkreisen ergeben sich vor allem bei den mittleren und hinteren Rängen im Vergleich mit der Berechnung des Jahres 2010 kräftige Verschiebungen. In der Rangfolge des Gesamtindexes haben sich der Alb-Donau-Kreis (14 Rangpunkte), der Hohenlohekreis (13 Rangpunkte) und der Stadtkreis Pforzheim (9 Rangpunkte) verbessert. In diesen Kreisen wurden die internen FuE-Aufwendungen deutlich erhöht. Hingegen sind die Kreise Konstanz und Mannheim (jeweils 12 Rangpunkte) sowie Emmendingen und Karlsruhe (jeweils 9 Rangpunkte) in der Rangplatzierung zurückgefallen. Im Landkreis Konstanz wurden die internen FuE-Aufwendungen und das FuE-Personal4 in der Wirtschaft reduziert. In Mannheim gingen die Patentanmeldungen und im Landkreis Emmendingen die Anzahl der Existenzgründungen5 sowie die Patentanmeldungen zurück. Im Stadtkreis Karlsruhe gab es kaum Veränderungen bei den Innovationsindikatoren. Hier sind die Aufsteiger in der Rangplatzierung an Karlsruhe vorbeigezogen und haben den Stadtkreis auf einen niedrigeren Rangplatz verdrängt.

Auf den letzten drei Rangplätzen beim Gesamtindex liegen nun der zurückgefallene Landkreis Emmendingen und weiterhin die Landkreise Waldshut und Sigmaringen, die sich gegenüber der Berechnung 2010 nicht verbessern konnten.

Bei der Bewertung des Innovationsindex auf Kreisebene ist jedoch zu beachten, dass Innovationsaktivitäten häufig über Kreisgrenzen hinweg ins ganze Land wirken. Eine Erfassung und Bewertung dieses sogenannten Spillover-Effektes ist bei der Berechnung des Indexes nicht möglich.

Landkreis Heilbronn liegt beim Dynamikindex auf Platz eins

Auf Kreisebene unterscheiden sich die Platzierungen auf den vorderen Rängen im Gesamt- und dem Teilindex »Niveau« nur unwesentlich. Beim Teilindex »Dynamik« zeigt sich allerdings ein anderes Bild. Hier liegt in Baden-Württemberg bei der Berechnung 2012 weiterhin der Landkreis Heilbronn mit deutlichem Vorsprung an der Spitze. Dies ist im Wesentlichen auf die in den letzten Jahren stark angestiegene FuE-Intensität zurückzuführen. Gegenüber der Berechnung vor 2 Jahren gelang es diesem Landkreis, sich im Gesamtindex um zwei Rangpunkte zu verbessern und damit auf den fünften Platz vorzurücken. Auf den Rängen zwei und drei beim Dynamikindex befinden sich der Alb-Donau-Kreis und der Landkreis Reutlingen.

Region Stuttgart: Innovationsregion Nummer eins in Baden-Württemberg

Im Vergleich der Regionen des Landes führt die Region Stuttgart, in der sich mit Böblingen und Stuttgart zwei hervorragend platzierte Kreise befinden, erneut mit weitem Abstand die Rangliste an. Dies bedeutet, die hohe Innovationskraft in Baden-Württemberg stammt zu einem großen Teil aus der Region Stuttgart. Im Spitzenfeld liegen auch die Regionen Ostwürttemberg und Bodensee-Oberschwaben auf dem zweiten und dritten Rangplatz. Während die Innovationsfähigkeit der viertplatzierten Region Donau-Iller6 noch über dem durchschnittlichen Niveau aller zwölf Regionen liegt, schneiden die verbleibenden acht Regionen im Innovationsindex 2012 unterdurchschnittlich ab. Die Regionen Bodensee-Oberschwaben und Neckar-Alb konnten sich um zwei Rangpunkte verbessern. Dagegen sind die Regionen Rhein-Neckar7 und Hochrhein-Bodensee um vier bzw. drei Rangpunkte zurückgefallen.

Beachtlich ist der Aufstieg der Region Ostwürttemberg innerhalb der letzten 4 Jahre vom fünften auf den zweiten Platz. Die beiden Landkreise der Region Ostwürttemberg – Heidenheim und Ostalbkreis – rangieren nun auf Platz 7 und 16 der insgesamt 44 Stadt- und Landkreise. Die Region Bodensee-Oberschwaben erreichte wieder Rangplatz drei, wie schon bei der Berechnung im Jahr 2006, profitiert dabei aber im Wesentlichen vom Rückgang des Niveaus der Innovationsindikatoren in anderen Regionen.

Die Region Rhein-Neckar hat sich 2012 zu 2010 in der Platzierung um beachtliche vier Rangpunkte nach unten verschoben und liegt nun im Mittelfeld der zwölf Regionen. Die zurückgegangene Innovationsfähigkeit ist besonders auf die Abnahme bei den internen FuE-Aufwendungen sowie beim FuE-Personal im Stadtkreis Heidelberg und besonders im Stadtkreis Mannheim zurückzuführen. Das Abrutschen der Region Hochrhein-Bodensee vom achten auf den elften Platz wurde durch die Abnahme von Forschungsausgaben und einem Rückgang des FuE-Personals im Kreis Konstanz verursacht.

Region Heilbronn-Franken liegt beim Dynamikindex vorne

Während sich die Platzierungen in den vorderen Rängen beim Gesamt- und dem Teilindex »Niveau« nur unwesentlich unterscheiden, zeigt sich beim Teilindex »Dynamik« eine andere Konstellation. Hier liegt die Region Heilbronn-Franken 2012 wie bereits in der Berechnung 2010 mit deutlichem Vorsprung an der Spitze. Sie hat wie keine andere Region ihre Forschungsanstrengungen in den letzten 2 Jahren weiter intensiviert. Wichtige FuE-Standorte der Region befinden sich in Abstatt (Bosch-Entwicklungszentrum) und in Hardthausen-Lampoldshausen (Raumfahrtzentrum). Es folgen im Ranking die Regionen Ostwürttemberg und Neckar-Alb – zwei Regionen, die mit ihren Kreisen bereits im Teilindex »Niveau« und im Gesamtindex eine positive Entwicklung ihrer Innovationsfähigkeit im Vergleich zu den restlichen Regionen aufgezeigt haben.

Ausblick

Visionen tragen dazu bei, Innovationen auszulösen. Im letzten Jahrhundert schrieb bereits der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry: »Wenn du ein Schiff bauen willst, trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer«.

Unternehmen in Baden-Württemberg profitieren von Innovationen, denn in den meisten Branchen sind Innovationen der Wettbewerbsfaktor Nummer eins. Unternehmen müssen sich ständig mit neuen bzw. verbesserten Produkten und Dienstleistungen voneinander abgrenzen, um dem harten Preiswettbewerb zu entgehen. Der Ausbau und die Förderung der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten ist daher für die Wirtschaft unumgänglich.

1 Einwiller, Ruth: »Innovationsindex 2012: Baden-Württemberg im europäischen Vergleich«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2012«, S. 24–30.

2 Die Daten der meisten Innovationsindikatoren liegen derzeit auf Kreisebene nur für den Wirtschaftssektor vor. Bei einer in Zukunft geplanten, um den Staats- und Hochschulsektor erweiterten Auswertung wird sich der Innovationsindex von Kreisen mit bedeutenden Hochschulen und Forschungseinrichtungen erhöhen.

3 Interne FuE-Aufwendungen sind Mittel, die für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten innerhalb des Wirtschaftssektors im Inland eingesetzt werden, ungeachtet der Finanzierungsquellen.

4 Vollzeitäquivalente.

5 Der Indikator »Existenzgründungen in Hochtechnologiebranchen« wird auf Basis von 2-Jahres-Durchschnittswerten berechnet, um Verzerrungen durch geringe Fallzahlen möglichst gering zu halten.

6 Baden-württembergischer Teil.

7 Baden-württembergischer Teil.