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Bergbau in Baden und Württemberg

Deutschland und somit auch Baden-Württemberg gehören zu den klassischen europäischen Bergbauländern. Der Bergbau ist ein Wirtschaftszweig, der in der deutschen Regionalgeschichte viele Spuren hinterlassen hat. Vom Spätmittelalter bis an die Wende zur Neuzeit dominierte die Erz- und Salzgewinnung. Dann begann der Siegeszug des Steinkohlenabbaus bis in die 1960er-Jahre. Die Geologie Deutschlands, dem Territorium zwischen Nord- und Ostseeküste und den Alpen, mit den Landschaftsformationen der Norddeutschen Tiefebene, den Mittelgebirgslandschaften der Deutschen Mittelgebirgsschwelle, dem Süddeutschen Schichtstufenland und dem Alpenvorland sowie dem Oberrheingraben, ist vergleichsweise komplex. Jede dieser naturräumlichen Großregionen hat oder hatte aufgrund ihrer geologischen Gegebenheiten typische Rohstoffvorkommen mit zumindest historischer wirtschaftlicher Bedeutung.

Es begann mit den Kelten

Der Bergbau in Deutschland ist seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. belegbar und wurde bis zum Mittelalter mit stark variierender Intensität betrieben. Es begann mit der keltischen Gewinnung von Eisen- und Kupfererzen sowie Salz. Hierzu gibt es auf dem Territorium des heutigen Baden-Württembergs genügend archäologische Funde. Erste Spuren der Erzverhüttung reichen bis in die frühe Eisenzeit um das Jahr 600 v. Chr. zurück. Die Kelten bauten die an der Oberfläche liegenden Erzgänge in sogenannten »Mollkauten« (Schürfungen direkt an der Oberfläche) ab. Sie besaßen für die damalige Zeit ein erstaunliches Wissen über das Montanwesen und errichteten kleine Öfen in der Nähe der Schürfstellen zum Verhütten. 1978 wurde in Hochdorf bei Ludwigsburg ein keltischer Fürstengrabhügel wiederentdeckt welcher über Jahrtausende unangetastet geblieben war. Die Grabkammer mit ihrer prunkvollen Ausstattung ist heute im Keltenmuseum Hochdorf im Landkreis Ludwigsburg zu besichtigen. Sie zeigt außerordentliche Exponate der keltischen Erzverarbeitung auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württembergs. Auch der Abbau und Handel von Salz bescherte den Kelten ein lukratives Geschäft. Die Salzgewinnung ist seit dem Altertum in vielen Regionen der Welt nachweisbar. Vermutlich hatte das Speisesalz schon früh einen Platz in der Kultur der Menschen. Die Sumerer und Babylonier nutzten Salze zur Konservierung von Lebensmitteln. Salz war begehrt und in bestimmten Regionen rar. In vorgeschichtlicher Zeit wurde es auf Salzstraßen von den Herstellungsorten in die salzarmen Regionen transportiert. Wie wertvoll Speisesalz war, ergibt sich aus der Bezeichnung »weißes Gold«. Auch das Wort »Salär« entstammt der Zahlung von Lohn oder Sold in Form von Salz. Nach den Kelten folgte im heutigen Baden-Württemberg eine intensive Phase römischen Bergbaus, die aber in den Jahrhunderten danach weitgehend in Vergessenheit geriet.

Die nächste Blüte ab dem 10. Jahrhundert

Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist das heutige Baden-Württemberg in bergbaulicher Sicht relativ unbedeutend. Das war nicht immer so, denn im Schwarzwald lag ein großes Bergbaugebiet. Die intensive bruchtektonische Beanspruchung des Schwarzwälder Grund- und Deckgebirges während der vergangenen rund 250 Mill. Jahre führte zur Entstehung zahlreicher Erz- und Mineralgänge, die vor allem im vergangenen Jahrtausend Ziel des Bergbaus waren. Der Bergbau im Schwarzwald ist wohl noch älter – Archäologische Funde aus der Steinzeit am Isteiner Klotz bei Kleinkems zeigen vor allem zahlreiche Feuerstein- und Jaspisbruchstücke. Daraus kann man schließen, dass es hier während der Jungsteinzeit Bergbau auf Jaspis gegeben hat.

Eine neue Blüte des Bergbaus im Schwarzwald begann im 10. und 11. Jahrhundert n. Chr. Der Bergbau auf Silber im Südschwarzwald erreichte im Mittelalter seinen Höhepunkt. Die erste urkundliche Nennung von Bergwerken im Breisgau erfolgt 1028 in einem Lehensbrief von Konrad II. an den Bischof von Basel. Abgebaut wurden hauptsächlich silberhaltige Bleierze. Durch den Bergbau entstanden neue Städte und Burgen, die Herzöge von Zähringen wurden durch den Bergbau zum einflussreichsten Herrschergeschlecht am Oberrhein. Im 15. Jahrhundert ging jedoch die Blütezeit des mittelalterlichen Bergbaus dem Ende zu. Oft waren die Gruben nicht mehr rentabel oder wurden durch Unglücke zerstört. Misswirtschaft und Umweltverschmutzung trugen ebenso dazu bei, dass der Bergbau im Schwarzwald nicht mehr von Bedeutung war. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts kam der Bergbau vollständig zum Erliegen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg erholte sich der Bergbau im Südschwarzwald nur langsam. Im 18. Jahrhundert nahmen einige Gruben den Betrieb wieder auf und in manchen Gegenden dauerte er bis ins 20. Jahrhundert an. Dazu gehört der Steinkohlenbergbau bei Berghaupten und Diersburg.

Mitte des 19. Jahrhunderts bekam der Bergbau auf Schwer- und Flussspat eine große Bedeutung im Schwarzwald. Die seit über 150 Jahren betriebene Grube Clara bei Oberwolfach ist heute noch als wichtigste deutsche Fluss- und Schwerspatgrube anzusehen. Die Grube ist bekannt, weil hier bisher über 375 verschiedene Mineralien gefunden wurden, darunter einige sehr seltene. Die Aufbereitungsanlage befindet sich bei Wolfach-Kirnbach im Kinzigtal. Insgesamt wurden in der Grube Clara seit 1898 über 3 Mill. Tonnen (t) Schwerspat und über 2 Mill. t Flussspat abgebaut. Schwerspat wird unter anderem zur Schalldämpfung, im Strahlenschutz und in der Tiefbohrindustrie eingesetzt. Flussspat, auch als Fluorit bezeichnet, wird in der Metallindustrie als Fließmittel zum Beispiel in Schweißelektroden, in der Glas- und Keramikindustrie sowie in der chemischen Industrie zur Produktion von Flusssäure eingesetzt.

Auch Uran wurde im Schwarzwald gewonnen. Insgesamt wurden in Menzenschwand 100 000 t Uranerz abgebaut, aus dem man ca. 720 t Uran gewonnen hat.1 Im Statistischen Jahrbuch für das Großherzogtum Baden 1900 ist von dieser ehemaligen Blüte des Bergbaus im Schwarzwald nicht mehr viel wahrzunehmen (siehe Abbildung 1). Zum Ende des 19. Jahrhunderts bestanden noch ganze fünf Bergbaubetriebe, die Erze förderten.

Im Königreich Württemberg war der Erzbergbau nicht vergleichbar breit wie in Baden (siehe Abbildung 2). Eisenerzvorkommen gab es in einigen Gebieten der östlichen Schwäbischen Alb vor allem in Form von Bohnerz. Bohnerz ist ein Eisenerz mit einem relativ hohen Eisengehalt von bis zu 76 %. Es besteht aus erbsen- oder bohnenförmigen, oft konzentrisch-schaligen Knollen aus Brauneisenstein. Im Braunenberg im östlichen Teil der Schwäbischen Alb am Strandsaum des ehemaligen Jurameeres entstanden durch Sedimentation von Brauneisenkörnchen in der Eisensandsteinformation im Raum um Aalen zwei abbauwürdige Flöze. Die beiden im Braunjura gelegenen Flöze hatten eine Mächtigkeit von 1,4 m im oberen und 1,7 m im unteren Flöz. Der Eisengehalt lag bei ungefähr 21 % bis 42 % im oberen und 26 % bis 31 % im unteren. In Wasseralfingen, heute einem Teilort der Gemeinde Aalen, wurden in der Eisenerzgrube Wilhelm I. die Eisenerzflöze im Braunenberg bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts ertragreich abgebaut. Da es mit dem Kocher und den umliegenden Wäldern genügend Ressourcen für die Verhüttung vor Ort gab, wurde bereits im Jahre 1671 ein Hüttenwerk in Betrieb genommen. Bis 1860 wurde das Werk zu einem der größten und bedeutendsten in Europa und erhielt den Titel »Hauptgießerei des Landes Württemberg«. Da das Erzgestein ins Tal transportiert werden musste, errichtete man 1876 die erste Zahnradbahn Deutschlands. Von 1608 bis 1939 wurde dort mit kurzfristigen Unterbrechungen Eisenerz abgebaut. Das unterirdische Stollenlabyrinth wuchs in dieser Zeit bis auf 6 km an.

Salz, Salz und nochmal Salz

1816 wurde durch eine Bohrung in Jagstfeld im Raum Heilbronn in 150 m Tiefe erstmals in Mitteleuropa ein Steinsalzlager entdeckt. Hier wurde ein für die damalige Zeit einzigartiger Salzreichtum nachgewiesen. Der württembergische König Wilhelm I. erteilte 1817, neben der Baugenehmigung für eine Saline im benachbarten Friedrichshall, die Erlaubnis zum Abteufen eines Schachtes. Die Saline ging noch im selben Jahr in Betrieb. Aufgrund eines Wassereinbruchs musste man sich zunächst auf die Gewinnung durch Soleversiedung beschränken. 1859 konnte dann mit der bergmännischen Salzgewinnung begonnen werden.

1881 wurde bei einer Bohrung, veranlasst durch die Stadt Heilbronn, in einer Tiefe von 167,5 m das erste Heilbronner Salz mit einer Mächtigkeit von 11,7 m angetroffen. Bereits 1885 wurde ab dem 4. Dezember neben Jagstfeld erstmals in Heilbronn Steinsalz gefördert. In den Jahren 1886 bis 1887 begann man in Heilbronn mit der Errichtung einer Salzmühle, dem Bau einer Saline sowie eines Salzwerk-Neckarhafens. 1888 wurden schon innerhalb eines Jahres 69 500 t Steinsalz und 25 000 t Siedesalz abgesetzt. 1895 musste die Steinsalzgewinnung in Jagstfeld nach dem Bruch einiger Salzpfeiler und einer darauffolgenden Überflutung wieder aufgegeben werden. Dafür wurde alternativ im benachbarten Kochendorf für die Steinsalzgewinnung ein neues Bergwerk in Betrieb genommen. Der Schacht König Wilhelm II., direkt neben Jagstfeld gelegen, erreichte in 180 m Tiefe das Salzlager mit einer Mächtigkeit von 25 m.

Schon 1899 wurde das Salzwerk zum größten Steuerzahler der Stadt Heilbronn. Immer neue Investitionen folgten, so wurde 1910 eine Salzschmelzhütte errichtet. Sie war damals einzigartig in Deutschland und verflüssigte das Salz bei Temperaturen um etwa 800° Celsius, um es so von unerwünschten Beimengungen zu befreien. Auf Initiative des Königlich Württembergischen Fiskus wurde 1918 die Reederei Schwaben als erste Reederei am Neckar gegründet. Im Vordergrund stand damals die Lösung des Transportproblems des Salzbergbaus im Unterland in Verbindung mit dem Ausbau des Neckars als Großschifffahrtsstraße. Auch in den nächsten Jahrzehnten bis zum Zweiten Weltkrieg boomte der Steinsalzabbau in beiden Bergwerken. In der Zeit danach boten die Salzwerke 1950 erstmalig Kleinverpackungen für den Haushalt in 500 g Einheiten an. Weiterhin wurden aber auch Speise-, Pökel- und Gewerbesalz in Sackverpackungen zu 50 kg vermarktet. Am 18. Januar 1984 wurden mit dem Durchschlag der Verbindungsstrecke die bis dahin selbstständigen Steinsalzbergwerke Heilbronn und Kochendorf vereint. Seit 2006 wird im Steinsalzbergwerk Heilbronn, dem in der Zwischenzeit größten in Westeuropa, neben dem Abbau mittels Bohren und Sprengen auch ein »Continuous Miner« eingesetzt, mit dem jetzt auch durch Schneiden Salz gewonnen werden kann.

Im heutigen Baden-Württemberg gibt es neben dem Steinsalzabbau im Raum Heilbronn noch eine weitere beachtliche Steinsalzabbaustätte in Stetten im Zollernalbkreis. Auch ihre Historie ist erwähnenswert. 1850 gelangten die beiden Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen an das Königreich Preußen. Schon bald sah sich die preußische Regierung veranlasst, auch in den neu hinzugewonnenen Gebieten Hohenzollerns nach Bodenschätzen suchen zu lassen. 1853 stieß man bei einer Probebohrung im Raum Stetten in einer Teufe von 123 m auf ein Salzlager, das an dieser Stelle eine Gesamtmächtigkeit von 8,8 m aufwies. Anfang 1854 begannen die Arbeiten für einen Schacht, und bereits einige Jahre danach die Steinsalzförderung. Die ursprüngliche Aufgabe des Salzbergwerkes sollte es sein, die Bevölkerung in den beiden Hohenzollerschen Fürstentümern mit Speisesalz zu versorgen. Noch heute werden dort durchschnittlich 500 000 t Salz pro Jahr gefördert. Das Bergwerk ist derzeit für eine maximale Förderleistung von 10 000 t/Tag ausgelegt. Längst nicht mehr werden die Bewohner der beiden ehemaligen Fürstentümer mit diesem Salz versorgt. Die Produktpalette des Salzwerkes umfasst heute hauptsächlich Chemiesalz und Auftausalze.

Die Gegenwart

Laut den Statistiken des Verarbeitenden Gewerbes, Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden in Baden-Württemberg gab es 2016 im Wirtschaftszweig Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden insgesamt 1 912 Beschäftigte. Eine differenziertere Ausweisung ist aus Geheimhaltungsgründen nicht möglich. Etwas detaillierter sind die Angaben des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, danach gibt es derzeit in Baden-Württemberg über 200 bergbauliche Unternehmen. Unter Tage fördern sechs Bergwerke Steinsalz, Gips und Anhydrit, Kalkstein sowie Fluss- und Schwerspat. Das größte Bergwerk ist nach wie vor das Steinsalzbergwerk in Heilbronn mit rund 600 Beschäftigten.

1 Vergleiche Bergbau im Schwarzwald: https://www.badische-seiten.de/schwarzwald/bergbau-schwarzwald.php (Abruf: 29 .8. 2017).