:: 7/2018

Starkes Auf und Ab: Der Arbeitsmarkt für Frauen im Ersten Weltkrieg

Aus den Mitteilungen des Königlichen Statistischen Landesamtes in den Jahren 1916 und 1917: In den monatlichen Mitteilungen des Statistischen Landesamtes war immer eine Rubrik zur Arbeitsvermittlung des jeweiligen Monats enthalten. Dargestellt wurden die Arbeits-angebote und Arbeitsgesuche jeweils für den »männlichen« und den »weiblichen« Arbeitsmarkt. Hier zeigte sich im Verlauf der Kriegsjahre deutlich, welche Branchen an Bedeutung gewannen und welche an Bedeutung verloren, meist aufgrund Mangels an dem entsprechenden Rohmaterial wie in der Textilindustrie. Entsprechend änderten sich die gesuchten Berufsgruppen.

Im Januar 1916 herrschte eine starke Nachfrage nach Arbeiterinnen in der Landwirtschaft, auch nach Herd- und Küchenmädchen im Gastgewerbe. In der Textil- und der Zuckerwarenindustrie dagegen waren viele Entlassungen bei weiblichen Arbeitskräften zu verzeichnen. Diese Situation blieb über das ganze Jahr 1916 bestehen, einzig im April wurde verzeichnet, dass es »überschüssige Hotelzimmermädchen« auf dem Arbeitsmarkt in Stuttgart gab. Im Januar 1917 war der Arbeitsmarkt mehr oder weniger ausgeglichen, wobei die gesuchten oder arbeitslosen Berufsgruppen nicht immer zusammenpassten. »Einem Andrang von 5963 Frauen und Mädchen standen 7731 also 1768 mehr offene Stellen gegenüber.«

Im Jahr 1918 setzte eine Entwicklung ein, die die Gewichte auf den Arbeitsmärkten erneut verschob. »Mit der steigenden Zahl der vom Heeresdienst entlassenen `Feldgrauen` und dem weiteren Rückgang der Aufträge in der Rüstungsindustrie hat sich die Marktlage zu Ungunsten der Arbeitsuchenden im letzten Monat des Jahres 1918 noch mehr verschärft.« Ganz erheblich hatte sich vor allem die Beschäftigungsmöglichkeit der Frauen und Mädchen verringert, bei denen es nun wieder ein Überangebot an Stellensuchenden gab. »Auf dem weiblichen Arbeitsmarkt ist die Beschäftigungslosigkeit der gewerblichen Arbeiterinnen im Steigen begriffen.« Ausgesprochenen Arbeitskräftemangel gab es jedoch immer noch beim landwirtschaftlichen Gesinde und bei den Dienstboten.

Im Dezember 1919 wird berichtet: »Einem regen, ungedeckten Bedarf an gelernten gewerblichen Arbeiterinnen, Stenotypistinnen, Verkäuferinnen gewisser Branchen, Dienstmädchen, Köchinnen und Mägden für die Landwirtschaft steht ein großes Überangebot von ungelernten gewerblichen Arbeiterinnen, Kellnerinnen und Kontoristinnen gegenüber.« Im März 1920 änderten sich die Arbeitsmarklage wieder: »von den gelernten gewerblichen Arbeiterinnen konnten hauptsächlich Näherinnen und Buchbindereiarbeiterinnen nicht in genügender Anzahl beschafft werden, während sich bei den Büglerinnen … Angebot und Nachfrage annähern ausglichen. Die ungelernten Näherinnen und die Kellnerinnen – im Gegensatz zu den Serviermädchen, die zur Deckung des Bedarfs nicht ausreichen – sind noch im großen Umfang beschäftigungslos. An tüchtigen Maschinenschreiberinnen und Stenotypistinnen, an häuslichem Dienstpersonal und an Mägden für die Landwirtschaft herrscht nach wie vor großer Mangel.« Übrigens gab es einen Begriff in der Landwirtschaft für gelerntes Personal, der heute nicht mehr geläufig ist: die Berufsschweizerin. Dies waren Kräfte in der Landwirtschaft, die die Tätigkeiten vor allem in der Vieh- und Milchwirtschaft nach Schweizer Art gelernt hatten oder auch aus der Schweiz kamen, also Melkerinnen, Sennerinnen und Viehmägde.

Zu Ende des Jahres 1920 zeigte sich in der Metallverarbeitung und in der Industrie der Maschinen, Instrumente und Apparate die Entwicklung, dass hier die weiblichen Arbeitskräfte auf dem Vormarsch waren. »Die fortschreitende Mechanisierung des Produktionsprozesses und die damit zusammenhängende Arbeitszerlegung in den Betrieben haben der Frau ein umfangreiches Arbeitsfeld erschlossen.«