:: 10/2023

Aquakultur in Baden-Württemberg – Land der Forellen und Saiblinge

Entwicklung der Branche zwischen 2011 und 2022

Seit 2011 wird die Erzeugung in Aquakulturbetrieben von der Amtlichen Statistik erhoben. In diesem Beitrag wird die Entwicklung dieser Branche in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2022 beleuchtet. Wie schon der Titel verrät, sind die Betriebe im Südwesten auf die Zucht von Forellen und Saiblinge spezialisiert. Die Produktionsstruktur ist dagegen sehr heterogen. Die Spannweite reicht von Einzelpersonen mit einer Vorliebe für die Fischzucht bis hin zu professionellen Betrieben mit einer Erzeugung von mehr als 100 Tonnen Fisch im Jahr.

Aquakultur – eine Systemfrage

Im Gegensatz zur Fischerei, bei der wilde aquatische Lebewesen genutzt werden, findet in der Aquakultur die Aufzucht von Wasserorganismen unter vom Menschen kontrollierten Bedingungen statt. Vor allem Fische, aber auch Krebstiere, Muscheln oder Pflanzen werden in natürlichen oder künstlich angelegten Gewässern oder Becken herangezogen. Während bei der Familie der Karpfenfische (zum Beispiel Karpfen oder Schleie) naturnahe Teichanlagen mit geringer Wasserzufuhr ausreichen, werden Salmoniden (vor allem Forellen und Saiblinge) in Becken mit durchströmendem Wasser (Durchflussanlagen) gehalten. Der Betrieb einer Durchflussanlagen setzt daher immer einen naheliegenden Fluss mit ausreichender Strömung voraus. Bei weiterentwickelten Formen der Aquakultur verbleibt das Wasser in einem Kreislauf (Kreislaufanlagen). Für die Reinigung werden mehrere Filter verwendet, so muss nur wenig Frischwasser hinzugefügt werden.1

Forellen und Saiblinge dominieren

Die Produktion von Forellen und Saiblingen in Durchflussanlagen ist das vorherrschende System in Baden-Württemberg. Über 99 % der gesamten Aquakulturerzeugung stammte im Jahr 2022 aus Becken, Fließkanälen oder Forellenteichen. Allen voran die Regenbogenforelle spielt dabei eine herausragende Rolle. Im Jahr 2022 entfiel mit 1 720 Tonnen (t) rund 59 % der Gesamterzeugung an Fischen auf die Regenbogenforelle, womit Baden-Württemberg die größte Produktion in Deutschland aufweist. Trotz eines Anstiegs um über ein Fünftel im Vergleich zum Vorjahr, hat die Dominanz der Regenbogenforelle in den letzten Jahren abgenommen. Während der Anteil in den Jahren 2011 bis 2015 noch zwischen 77 % und 82 % lag, nahm er bis zum Jahr 2021 (55 %) stetig ab. In den Jahren vor Einführung der Erfassungsgrenzen (siehe i-Punkt) konnte eine Erzeugung von bis zu 2 670 t festgestellt werden. Danach lag die maximale Ausbeute bei 1 972 t im Jahr 2018. Die Erzeugung von Lachsforelle2 ist zwar im Vergleich zur Regenbogenforelle deutlich niedriger, sie weist jedoch seit 2011 einen positiven Trend auf. Mit 227 t im Jahr 2022 war die Erzeugung fast doppelt so groß wie 2011 (118 t). Zwischenzeitlich wurden im Jahr 2019 sogar 282 t – das bisherig erfasste Maximum – erzeugt. Eine steigende Beliebtheit erfuhr in den letzten Jahren auch der Elsässer Saibling. Die abgefischte Menge an Elsässer Saibling ist im Zeitraum zwischen 2015 und 2022 um fast das 6,5-fache angewachsen und kam 2022 mit 794 t auf einen Anteil von 27 %. Weitere Fischarten mit nennenswerten Erzeugungsmengen im Jahr 2022, die in Durchflussanlagen gehalten werden, sind die Bachforelle (64 t) und der Bachsaibling (24 t) (Schaubild 1).

Extensive Karpfenerzeugung als Nische

Die Karpfen-Teichwirtschaft führt in Baden-Württemberg mit nur 14 erzeugenden Betrieben im Jahr 2022 ein Nischendasein. Mit einem Produktionsanteil von weniger als 1 % kamen diese Betriebe auf eine Erzeugungsmenge von 29 t Karpfen. Bundesweit hat der Karpfen eine sehr viel größere Bedeutung. Mit insgesamt 4 131 t nahm der Karpfen fast ein Viertel der deutschen Fischerzeugung in Aquakultur ein und belegte hinter der Regenbogenforelle (5 968 t) Platz 2. Die Karpfen-Teichwirtschaft hat besonders im benachbarten Bayern (1,6 Mill. kg) und in Sachsen (1,5 Mill. kg) eine lange Tradition. Zusammen nehmen die beiden Bundesländer fast drei Viertel an der deutschen Karpfenerzeugung ein.

Einfluss durch Corona und Fischseuchen

Generell unterlag die Fischerzeugung in der baden-württembergischen Aquakultur im Zeitraum zwischen 20153 und 2022 deutlichen Schwankungen. Zwischen 2015 und 2018 stieg die Menge zunächst von 2 342 t auf 3 012 t an, um anschließend bis zum Jahr 2021 auf 2 579 t zu sinken. Nach den Produktionsrückgängen war im Jahr 2022 wieder ein deutlicher Anstieg um 347 t (+ 13 %) festzustellen. Mit insgesamt 2 926 t lag die Menge fast auf dem Niveau von 2018 (siehe Schaubild 2). Das Jahr 2022 markiert zum einen den Endpunkt der Einschränkungen durch die Coronapandemie, während dieser Abnahmen von Fisch durch die Gastronomie weitestgehend entfielen, und zum anderen wurden weniger Seuchenausbrüche als in den vorhergehenden Jahren gemeldet. Seit September 2019 kam es in mehreren Aquakulturanlagen im Südwesten zu Ausbrüchen der Fischseuche IHN (Infektiöse Hämatopoetische Nekrose).4 Dies betraf in den Jahren 2020 und 2021 auch größere Betriebe, die deutliche Einbußen hinnehmen mussten. Ein weiterer Grund für Produktionsrückgänge ist der Übergang von eigener Aufzucht zur reinen Hälterung. Dabei kaufen Betriebe Fische schon in geeigneter Größe zu und hältern (halten) diese bis zum Verkauf, mästen die Fische also nicht mehr selbst. Auch lange Phasen der Trockenheit und dem daraus folgenden Wassermangel können der Fischerzeugung stark zusetzen. Vor allem im Jahr 2022 berichteten Betriebe von diesen Problemen.

Viele kleine Betriebe, aber die Großen dominieren

In Baden-Württemberg ist die Produktionsstruktur der Aquakultur sehr heterogen (siehe Schaubild 3). Die Spannweite der einzelbetrieblichen Jahreserzeugung reicht von weniger als einer Tonne bis hin zu mehreren 100 Tonnen. Von den insgesamt 97 fischerzeugenden Betrieben im Jahr 2022, haben 41 Betriebe weniger als 3 Tonnen Fisch produziert. Die Aquakultur wird von diesen Betrieben häufig als Hobby angesehen bzw. im Nebenerwerb geführt, dies zeigen Rückmeldungen während der Erhebung. Ihr Anteil an der Gesamterzeugung (1 %) ist gering, jedoch sorgen sie für die Versorgung ihres engeren Umfelds mit frischem Fisch. Im Zeitverlauf zwischen 2015 und 2022 hat ihre Anzahl jedoch um ein Drittel abgenommen.

Im Gegenzug dazu vergrößerte sich die schon seit längerem bestehende Dominanz großer Aquakulturbetriebe (mehr als 5 t Erzeugung). Im genannten Zeitraum nahm ihre Anzahl um sieben auf nun 42 Betriebe zu. Bereits im Jahr 2015 betrug deren Anteil 95 % an der gesamten Fischerzeugung in Baden-Württemberg und erhöhte sich bis zum Jahr 2022 auf 97 %. Allein die zehn Betriebe mit der größten Jahresproduktion, erzeugten mehr als 2,2 Millionen (Mill.) Kilogramm Fisch im Jahr 2022, ein Anteil von über drei Viertel an der Landeserzeugung.

Laich und Jungfische aus Baden-Württemberg

Die Nachzuchten für die Aquakulturen werden entweder von den Betrieben selbst übernommen oder über Dritte bezogen. Auch in Baden-Württemberg gab es 2022 insgesamt 32 Betriebe, die Laich bzw. Jungfische aus eigener Zucht verkauft haben. Diese Betriebe erzeugten über 7,1 Mill. Fischeier und 6,9 Mill. Jungfische zum Verkauf. Nicht überraschend steht auch bei diesen Betrieben überwiegend die Regenbogenforelle im Fokus. 20 Betriebe erzeugten zusammen 2,3 Mill. Fischeier und 3,1 Mill. Jungfische der Regenbogenforelle.

Fazit und Ausblick

Die baden-württembergische Aquakultur definiert sich vor allem durch die Produktion von Forellen und Saiblingen in Durchflussanlagen. Dabei hat die Regenbogenforelle die größte Bedeutung. Die Aquakultur im Land wird von großen Betrieben dominiert, die stabile Mengen erzeugen, aber in der jüngsten Vergangenheit nicht vor Ausfällen bewahrt blieben und es wohl auch zukünftig nicht sein werden. Denn durch den Klimawandel steigen die Wassertemperaturen und Extremwettereignisse, wie langanhaltende Trockenheit, treten verstärkt auf. Forellen, die an kühles und sauerstoffreiches Wasser gewöhnt sind, werden dadurch stressbedingt krankheitsanfälliger. Zusätzlich begünstigen die hohen Wassertemperaturen die Vermehrung und Verbreitung von Krankheitserregern und Schädlingen. Sinkende Wasserspiegel infolge von ausbleibenden Niederschlägen führen zu erhöhten Nährstoff- und Schadstoffkonzentrationen.5 Im Ernstfall könnte es in Zukunft auch zu Notabfischungen kommen.

Eine Alternative um die regionale Fischproduktion zu bewahren bzw. zu steigern, könnte im Einsatz von Kreislaufanlagen liegen. Vorteile im Vergleich zu Durchflussanlagen sind hier unter anderem die Standortunabhängigkeit, der geringere Frischwasserbedarf aufgrund der Mehrfachnutzung und ein besserer Seuchenschutz.6 In Baden-Württemberg ist dieses System jedoch noch nicht angekommen. Während bundesweit mit 2 000 t zumindest 11 % der Fischerzeugung in Kreislaufanlagen stattfand, wurde im Südwesten zuletzt nur ein Betrieb festgestellt. Bislang kommen nur bestimmte Fischarten (zum Beispiel Aal oder Wels) für die Haltung in diesem System in Frage und für diese müsste dann auch ein (regionaler) Markt vorhanden sein.

1 Hubold, Gerd/Klepper, Rainer: Die Bedeutung von Fischerei und Aquakultur für die globale Ernährungssicherung, Thünen Working Paper 3, 2013.

2 Es handelt sich hierbei um Forellen, die mit einem speziellen Futter ernährt werden. Ihr Fleisch erhält dadurch eine rötliche Färbung. Die Vermarktung erfolgt unter der Handelsbezeichnung Lachsforelle.

3 Das erste Berichtsjahr mit Erfassungsgrenzen (siehe i-Punkt).

4 Tierseuchenkasse Baden-Württemberg: Fischseuche IHN bedroht Fischbestände, https://www.tsk-bw.de/wp-content/uploads/2021/04/FischseucheIHN.pdf (Abruf: 11.09.2023).

5 Umweltbundesamt, Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland, Teilbericht 3: Risiken und Anpassung im Cluster Wasser, S. 83 ff.

6 AG NASTAQ (2020): Nationaler Strategieplan Aquakultur 2021-2030 für Deutschland, S. 34.