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Krankenhausbehandlungen vor und nach der Pandemie

Warum erholt sich die Zahl der stationären Behandlungen nicht?

Die Zahl der stationären Behandlungen in den Krankenhäusern in Baden-Württemberg hat bis 2023 das »vor-Corona-Niveau« nicht wieder erreicht. Allein aufgrund der Bevölkerungsentwicklung müsste die Fallzahl steigen. Da die Häufigkeit stationärer Behandlungen in fast allen Altersgruppen rückläufig ist – ein Trend, der sich bereits seit 2016 abzeichnet – ist dies jedoch nicht der Fall. Der Rückgang der Fallzahlen erstreckt sich über alle Diagnosekapitel der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10). Auffällig ist ein deutlicher Rückgang stationärer Behandlungen aufgrund unspezifischer Beschwerden. Ambulante Behandlungen im Krankenhaus nehmen zu, allerdings nicht in dem Maße wie stationäre Behandlungen abnehmen.

Die stationäre Behandlungshäufigkeit ist in Baden-Württemberg im internationalen Vergleich sehr hoch. Dadurch kommt es zu schlechteren Arzt-Patient-Relationen. Es erscheint plausibel, dass die ab 2019 geltenden Vorgaben zur Personalausstattung zu einem geringeren Angebot von stationären Krankenhausleistungen beigetragen haben.

Im Rückblick der letzten 10 Jahre stieg die Zahl der stationären Behandlungen in Krankenhäusern in Baden-Württemberg bis 2016 an, um dann in den Folgejahren bis 2019 in einen leicht fallenden Trend zu wechseln. Mit Beginn der Coronapandemie im Jahr 2020 brachen die Fallzahlen um 12 % ein. Verschiedene Gründe werden hierfür verantwortlich gemacht: Planbare stationäre Eingriffe mussten verschoben werden, um Betten für COVID-19-Patientinnen und Patienten frei zu halten. Teilweise entschieden sich Patientinnen und Patienten bewusst gegen eine Behandlung im Krankenhaus. Im weiteren Verlauf der Pandemie führten Infektionswellen zu größeren Personalausfällen bei Pflegekräften und damit zwangsweise zur vorübergehenden Stilllegung von Krankenhausbetten bzw. zu weniger stationären Behandlungen.

Nach dem Ende der Pandemie hat die Zahl der Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern das Niveau von 2019 nicht wieder erreicht (Schaubild 1). Von 2020 bis zum Jahr 2023 nahm die Zahl der Behandlungen mit +0,6 % nur unwesentlich zu. Die Ursachen werden in verschiedenen Bereichen vermutet. So könnten die im Jahr 2019 eingeführten Pflegepersonaluntergrenzen und andere strukturelle Anforderungen, wie zum Beispiel die aus Gründen der Qualitätssicherung festgelegten Mindestmengen für bestimmte Operationen, zu einem anhaltend verminderten Angebot an Krankenhausleistungen geführt haben.1Weitere Einflussfaktoren könnten ein verstärkter Trend zu ambulanten Behandlungen und ein verändertes Patientenverhalten sein. Der vorliegende Beitrag versucht, diese Trends anhand der Daten der Krankenhausstatistik nachzuzeichnen.

Zahl der stationären Behandlungen folgt nicht der Bevölkerungsentwicklung

Die Bevölkerungszahl Baden-Württembergs steigt. Insbesondere steigt die Zahl älterer Menschen in Baden-Württemberg, die im Durchschnitt häufiger als Junge stationär behandelt werden müssen. Allein durch diese Entwicklung wäre zu erwarten, dass die Zahl der Krankenhausbehandlungen ansteigt. Da dies nicht der Fall ist, muss die Häufigkeit stationärer Behandlungen, das ist die Zahl stationärer Behandlungen im Krankenhaus bezogen auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner, gesunken sein.

Alle Altersgruppen seltener im Krankenhaus

Bereits vor der Pandemie wurden Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger aller Altersgruppen immer seltener stationär im Krankenhaus behandelt.2 Im Durchschnitt der Bevölkerung sank die Häufigkeit stationärer Behandlungen zwischen 2016 und 2019 um 2,5 % von 19.547 auf 19.064 Fälle je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Die besonderen Umstände der Coronapandemie führten zwischen 2019 und 2020 zu einem weiteren Rückgang um 13 %. Besonders stark ging die Häufigkeit stationärer Krankenhausaufenthalte bei 1- bis unter 10-jährigen Kindern zurück. Hier lag das Minus bei 24 % (Tabelle 1).

Trend hält in den meisten Altersgruppen an

Auch von 2020 bis 2023 nahm die Häufigkeit stationärer Krankenhausbehandlungen in den meisten Altersgruppen weiter ab. Eine auffällige Entwicklung gegen den Trend mit einem Plus von 17 % in den Jahren 2020 bis 2023 war erneut in der Altersgruppe der 1- bis unter 10-Jährigen zu beobachten. Daneben stieg die Häufigkeit stationärer Krankenhausaufenthalte von Säuglingen und von 80-Jährigen und Älteren leicht um 2,2 % bzw. 1,6 % an.

Die Sonderentwicklung bei den 1- bis unter 10-Jährigen erklärt sich vor allem durch das besondere Diagnoseprofil in dieser Altersgruppe, das durch Behandlungen in Folge von Unfällen und durch infektiöse Krankheiten geprägt ist.3 Aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen in der Coronapandemie gingen Krankenhausaufenthalte 1- bis unter 10-Jähriger aufgrund von »Bestimmten infektiösen und parasitären Krankheiten« und »Krankheiten des Atmungssystems« zunächst sehr stark zurück (–50 % bzw. –37 %) und schnellten dann so stark in die Höhe (+81 % bzw. +73 %), dass der Rückgang aus der Pandemie überkompensiert wurde. Entsprechendes gilt in abgeschwächter Form für die unter 1-Jährigen. Auch hier wurde die Entwicklung durch Infektionskrankheiten geprägt, die jedoch an den Behandlungen insgesamt in dieser Altersgruppe einen geringeren Anteil haben.

80-Jährige und Ältere etwas häufiger in stationärer Behandlung

Für den leichten Anstieg der Behandlungshäufigkeit der 80-Jährigen und Älteren in Baden-Württemberg sind nicht nur Infektionskrankheiten verantwortlich. In insgesamt fünf Diagnosekapiteln lag die Zahl der stationären Behandlungen 2023 höher als 2019:

  • Neubildungen (C00-D48)
  • Psychische und Verhaltensstörungen (F00–F99)
  • Krankheiten des Auges und der Augenanhanggebilde (H00–H59)
  • Krankheiten des Atmungssystems (J00–J99)
  • Krankheiten des Urogenitalsystems (N00-N99)

Entwicklung der Diagnosekapitel bis 2019 uneinheitlich

Die im vorigen Abschnitt beschriebenen Besonderheiten führen zu der Frage, wie sich die Fallzahlen nach Diagnosekapiteln insgesamt entwickelt haben. Der eingangs erwähnte leichte Rückgang der Fallzahlen von 2016 bis 2019 bildete sich nicht in allen Diagnosekapiteln ab. Für Neubildungen, Krankheiten des Urogenitalsystems sowie »bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben« und »angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien« zeigten sich Anstiege zwischen 3,3 % und 3,6 %. Für die Entwicklung der letztgenannten Diagnosekapitel spielte sicher auch der leichte Geburtenanstieg in dieser Zeit eine Rolle. Behandlungen von Neugeborenen »aufgrund von Zuständen, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben« (P00-P96) waren zwischen 2019 und 2020 das einzige Diagnosekapitel, in dem die Fallzahlen nicht zurückgingen (Tabelle 2).

Weniger stationäre Behandlungen aufgrund unspezifischer Beschwerden

Der stärkste Rückgang war von 2016 bis 2019 mit –8,8 % im Diagnosekapitel »Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die andernorts nicht klassifiziert« (R00-R99) zu beobachten. Dieses Kapitel erfasst vor allem stationäre Patientinnen und Patienten, für die keine genauere Diagnose gestellt werden kann, obwohl alle für den Krankheitsfall bedeutungsvollen Fakten untersucht worden sind oder die aus verschiedenen Gründen nicht genauer untersucht werden konnten.4 Mit einem Rückgang der Fallzahl um fast ein Viertel war hier auch zwischen 2019 und 2020 ein stark überdurchschnittlicher Rückgang der Fallzahlen zu beobachten. Entgegen dem Trend setzte sich diese Entwicklung auch bis 2023 (–15 %) fort. Die Gründe für das Sinken der Fallzahlen lassen sich aus der Krankenhausstatistik nicht ablesen. Denkbar ist, dass ein geändertes Einweise- bzw. Aufnahmeverhalten in die stationäre Behandlung eine Rolle gespielt hat.

Infektionskrankheiten lassen Fallzahlen am aktuellen Rand steigen

Für den Zeitraum 2020 bis 2023 fallen einige Diagnosekapitel durch zweistellige Zuwachsraten der Fallzahlen auf. Hierzu gehören unter anderem »Krankheiten des Atmungssystems« sowie »bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten«. Deren Entwicklung wurde oben bereits im Zusammenhang mit der Entwicklung stationärer Behandlungen von Kindern erläutert. Über alle Altersgruppen waren hier zwischen 2019 und 2020 überdurchschnittliche Rückgänge von 17,1 % bzw. 27,7 % zu beobachten. Anschließend stiegen die Fallzahlen entsprechend überdurchschnittlich an: Das Plus betrug für »bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten« 16 % und für »Krankheiten des Atmungssystems« 11 %. Eine Ausnahme bildet die Gruppe »Grippe und Pneumonie« innerhalb der Krankheiten des Atmungssystems. Unter dieser Diagnose dürfte der größte Teil der COVID-19-Patienten in der Diagnosestatistik erfasst worden sein.5 Dementsprechend stieg die Fallzahl hier von 2019 bis 2020 an und ging danach wieder zurück.

Trotz der teilweise kräftigen Zuwachsraten wurde bis 2023 in keinem Diagnosekapitel die Fallzahl von 2019 wieder erreicht. In einzelnen Diagnosegruppen, unterhalb der Ebene der Kapitel kann es dabei durchaus zu abweichenden Entwicklungen gekommen sein.

Stationäre Behandlungen mit »ambulantem Potenzial«

Hat die Coronapandemie einen Schub für die Verlagerung von stationären zu ambulanten Behandlungen gegeben? Der Krankenhausreport 20236 kommt auf der Basis von AOK-Abrechnungsdaten der Jahre 2020 bis Juni 2022 zu dem Schluss, dass es bei ambulant-sensitiven Behandlungen über den gesamten Pandemieverlauf hinweg zu den stärksten Fallzahlrückgängen im stationären Bereich gekommen sei. Gemeint sind Diagnosen, die bei einer frühzeitigen und effektiven ambulanten Behandlung oft keiner Krankenhausbehandlung bedürfen. Aufgrund der anhaltend hohen Fallzahlrückgänge wird vermutet, dass es sich nicht um vorübergehende Pandemieeffekte handelt. Beispielhaft nennen die Autoren Fallzahlrückgänge für Bluthochdruckbehandlungen, für Rückenschmerzbehandlungen und für Diabetesbehandlungen. Es handelt sich dabei um Diagnosen unterhalb des Niveaus der Diagnosekapitel. Für die genannten Diagnosen zeigen sich, siehe Tabelle 2, auch in der Diagnosestatistik über den gesamten Beobachtungszeitraum überdurchschnittliche Fallzahlrückgänge.

Weniger »leichte« Fälle stationär behandelt?

Darüber hinaus stellen die Autorinnen und Autoren des Krankenhausreports 2023 fest, dass die Schwere der stationär in deutschen Krankenhäusern behandelten Fälle von 2020 bis Juni 2022 höher war als 2019.7 Sie belegen dies anhand des aus den AOK-Abrechnungsdaten berechneten »aG-DRG Case Mix Index«. Dieser Index gibt die im Durchschnitt je Fall aufgewendeten ökonomischen Ressourcen unter Ausschluss des Pflegepersonalaufwands an.

Ein Nachvollziehen dieser Aussage für die Krankenhäuser in Baden-Württemberg und eine Fortschreibung bis 2023 ist anhand der öffentlich zugänglichen Daten der DRG-Statistik leider nicht möglich. Ursache ist ein Bruch in der Zeitreihe der DRG-Statistik im Berichtsjahr 2020. Bis 2019 wurde der Case Mix Index in der DRG-Statistik einschließlich der Pflegepersonalkosten berechnet. Ab dem Berichtsjahr 2020 sind die Pflegepersonalkosten nicht mehr enthalten. Grund sind die bereits erwähnten gesetzlichen Änderungen im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG): Seit 2020 werden die Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser aus den DRG-Fallpauschalen ausgegliedert und über ein krankenhausindividuelles Pflegebudget finanziert.

Ambulante Behandlungen im Krankenhaus …

Erklärtes Ziel der Gesundheitspolitik und der Krankenkassen ist eine Leistungsverlagerung eines Teils der heutigen stationären Belegungstage in die ambulante Leistungserbringung, sei es durch die niedergelassene Fachärztin, den niedergelassenen Facharzt oder durch ein Krankenhaus. Das Gutachten 2024 des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege sieht dies auch als zentrale Maßnahme, um das knappe medizinische Fachpersonal langfristig bedarfsgerecht einsetzen zu können.8 Medizinisch-technische Fortschritte, zum Beispiel im Bereich der minimalinvasiven Chirurgie, machen eine Verlagerung vormals stationär erbrachter Leistungen in die ambulante Versorgung möglich.

… werden von der Statistik nach der Rechtsgrundlage ausgewiesen

Ein Dutzend verschiedener ambulanter Leistungen, die von den Krankenhäusern erbracht werden, erfasst die Krankenhausstatistik seit der letzten Änderung der Krankenhausstatistikverordnung im Jahr 2017. Die Definition dieser ambulanten Leistungen erfolgt jeweils nach dem »zuständigen« Paragraphen im 5. Sozialgesetzbuch und ist für Laien daher nur begrenzt aussagekräftig. Die Diagnosen, die Ursache der ambulanten Behandlungen waren oder das Alter der Behandelten, sind aus der Statistik leider nicht ablesbar (Tabelle 3).

Teilweise sind die von der Krankenhausstatistik erfassten ambulanten Leistungen der Krankenhäuser als Ergänzung des vorhandenen Angebots ambulanter Leistungen niedergelassener Fachärzte oder medizinischer Versorgungszentren zu sehen.9

Mehr psychiatrische, ambulante Behandlungen

Explizit der Vermeidung und Verkürzung von Krankenhausaufenthalten dienen ambulante Behandlungen durch Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) nach § 118 SGB V. Das Angebot der PIA richtet sich speziell an Kranke, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung eines solchen besonderen, krankenhausnahen Versorgungsangebotes bedürfen. Fast 242.000 ambulante Behandlungen in PIA wurden 2019 von der Krankenhausstatistik erfasst. Nach einem Rückgang der Fallzahlen im Jahr 2020 wurde dieses Niveau bereits 2021 wieder überschritten. Für das Berichtsjahr 2023 wurden fast 276.000 Behandlungen erfasst. Zum Vergleich: die Zahl der stationären Behandlungen mit einer Diagnose im Bereich der »Psychischen und Verhaltensstörungen« lag 2023 bei 122.300 Fällen.10

Ambulant anstatt stationär auch bei körperlichen Krankheiten?

Als ambulante Leistungen, die bei körperlichen Beschwerden stationäre Behandlungen ersetzen, kommen in erster Linie die sogenannten »ambulanten Operationen und stationsersetzenden Eingriffe nach § 115b SGB V« in Frage. Welche Operationen in diesem Rahmen zulässig sind, wird vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen, der deutschen Krankenhausgesellschaft und der kassenärztlichen Vereinigung jährlich in einem Katalog festgelegt.

Ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe nach § 115b SGB V wurden als einzige ambulante Leistungsart bereits in der »alten« Krankenhausstatistik erfasst, sodass hier auch Daten vor 2019 vorliegen. Aus diesem Grund ist die Qualität dieser Daten höher einzuschätzen als die der neuen ambulanten Leistungsarten, die in den ersten beiden Erhebungsjahren teilweise erratische Schwankungen aufwiesen.11

Die Zahl der ambulanten Operationen und stationsersetzenden Eingriffe nach § 115b SGB V in Baden-Württemberg brachen mit Beginn der Coronapandemie 2020 mit –16 % sogar noch stärker ein als die Zahl der stationären Behandlungen (–12 %). Im Unterschied zu den stationären Behandlungen erholte sich die Zahl der ambulanten Operationen jedoch rasch wieder und übersteigt seit 2022 das Niveau von 2019. Für das Jahr 2023 erfasste die Krankenhausstatistik rund 258.000 ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe. Das sind fast 36.000 mehr als 2019.

Angesichts dieser Zahlen von einer massiven Verlagerung von stationären zu stationsersetzenden Behandlungen im Krankenhaus zu sprechen, erscheint jedoch übertrieben: Das Minus der stationären Behandlungen12 2023 gegenüber 2019 liegt bei rund 250.000 Fällen. Möglicherweise gab es eher eine Verlagerung von stationären Behandlungen in die Richtung niedergelassener Ärztinnen und Ärzte oder medizinische Versorgungszentren.13 Ein Grund für die immer noch geringe Bedeutung ambulanter Operationen in Krankenhäusern können fehlende finanzielle Anreize sein, da kurze stationäre Behandlungen teilweise höher vergütet werden als ambulante Behandlungen.14

Fehlendes Krankenhauspersonal als Grund für sinkende Fallzahlen?

Abschließend soll das eingangs erwähnte Argument aufgegriffen werden, dass Vorgaben zur Personalausstattung, Personalmangel und krankheitsbedingte Ausfälle des Personals in den Krankenhäusern nach 2019 zu einem sinkenden Angebot stationärer Leistungen geführt haben. Die alleinige Betrachtung der Personalkapazität in den baden-württembergischen Krankenhäusern gibt hierzu keinen Aufschluss: Ärztliches und Pflegepersonal, gemessen in Vollzeitäquivalenten, zeigten seit 2016 kontinuierlichen Anstieg. Für das ärztliche Personal betrug das Plus 2023 gegenüber 2016, in Vollzeitäquivalenten gerechnet, 12 %, für das Pflegepersonal 17 %.15

Aufschlussreicher ist der internationale Vergleich. Der Krankenhausreport 2023 zeigt die Personalsituation im Krankenhaus im Vergleich zu anderen Staaten unter anderem anhand von Eurostat-Daten für das Jahr 2019.16 Die Autorinnen und Autoren kommen für Deutschland zu dem Schluss, dass es bezogen auf die Bevölkerung eine hohe Anzahl von Ärztinnen/Ärzten und Pflegefachpersonen gibt. Zugleich weist Deutschland jedoch, ebenfalls bezogen auf die Bevölkerung, eine sehr hohe Zahl stationärer Patientinnen und Patienten auf und hierfür ist das verfügbare Krankenhauspersonal »knapp bemessen«.17 Schaubild 2 stellt die stationäre Behandlungshäufigkeit und das ärztliche Personal je 1.000 Patientinnen und Patienten für Baden-Württemberg und ausgewählte europäische Staaten im Jahr 2019 dar. Der Berichtskreis unterscheidet sich von der deutschen Statistik, da hier Krankenhäuser und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zusammengefasst werden. Dennoch sollten sich Tendenzen ablesen lassen. Nach den Daten von Eurostat ist die stationäre Behandlungshäufigkeit in Baden-Württemberg zwar niedriger als in Deutschland, im internationalen Vergleich aber dennoch hoch. Entsprechend gering fällt die ärztliche Personalkapazität je 1.000 Patientinnen und Patienten aus.18 Der Rückgang der Fallzahlen nach 2019 kann demnach teilweise auch von bereits vor der Pandemie bestehenden Überlastungen des Personals bzw. von Personalmangel im Krankenhaus ausgegangen sein.

Fazit

In den vorausgegangenen Abschnitten wurde eine generell sinkende Tendenz der Fallzahlen der stationären Behandlungen über fast alle Diagnosekapitel und Altersgruppen festgestellt. Die Fallzahlen der ambulanten Behandlungen der Krankenhäuser steigen, gleichen den Rückgang im stationären Bereich aber nicht aus. Ist das Angebot stationärer Behandlungen im Krankenhaus gesunken oder werden stationäre Behandlungen seltener nachgefragt? Mithilfe der Krankenhausstatistik lässt sich diese Frage kaum beantworten. Die Vermutung liegt nahe, dass sich in der Entwicklung seit 2019 verschiedene Effekte der Coronapandemie, Effekte des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes und schon länger andauernde Strukturveränderungen im stationären Bereich überlagern.

1 Wiedemann, Alfred: Die Patientenzahl steigt kaum, in: Südwestpresse Ulm vom 05.09.2024.

2 Bei der Betrachtung der Häufigkeit stationärer Krankenhausbehandlungen werden gesunde Neugeborene ausgeklammert (ICD-10-Code Z38).

3 Siehe auch Winkelmann, Ulrike: Stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg seit 2012 – Ein Überblick, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2024, S. 7.

4 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Hrsg.): Internationale Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision (WHO-Ausgabe) Version 2019. https://klassifikationen.bfarm.de/icd-10-who/kode-suche/htmlamtl2019/index.htm (Abruf: 26.02.2025.).

5 Gemäß den Signiervorschriften der ICD-GM kann COVID-19 in der Krankenhausstatistik nicht als Hauptdiagnose angegeben werden.

6 Hentschker, Corinna/Mostert, Carina/Klauber, Jürgen: Auswirkungen der COVID-19-Pandemie im Krankenhaus: Fallzahlentwicklung und Charakteristika der Covid-19-Patienten, in: Klauber, Jürgen et al. (Hrsg.), Krankenhausreport 2023, S. 313. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66881-8_19 (Abruf: 11.12.2024).

7 A.a.O., S. 312.

8 Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege: Fachkräfte im Gesundheitswesen, Nachhaltiger Einsatz einer knappen Ressource. Gutachten 2024. 2., durchgesehene Auflage. S. XXVII ff. DOI: 10.4126/FRL01-006473488.

9 So zum Beispiel die »spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V« als Angebot für Patientinnen und Patienten mit komplexen, schwer therapierbaren Erkrankungen, das von Krankenhäusern sowie niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten und Medizinischen Versorgungszentren ausgehen kann.

10 Für ein vollständiges Bild der nichtstationären Behandlungen in diesem Bereich müssten hier auch die stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlungen gem. § 115d SGB V dargestellt werden, eine Mischung aus stationärer und ambulanter Behandlung. Diese werden von der Krankenhausstatistik mangels Rechtsgrundlage jedoch nicht erhoben.

11 So zum Beispiel beim neuen Merkmal »sonstige ambulante Operationen«, das von seiner Definition auch grundsätzlich geeignet wäre, stationsersetzende Leistungen abzubilden.

12 Unter Ausschluss von Behandlungen wegen psychischen und Verhaltensstörungen (F00–F99).

13 Zu ambulanten Behandlungen/Operationen außerhalb der Krankenhäuser werden im Rahmen der amtlichen Statistik keine Daten erhoben.

14 Vgl. zum Beispiel Barmer-Krankenhausreport 2023: Ambulante Leistungserbringung im deutschen Krankenhaussektor, S. 16. https://www.bifg.de/publikationen/reporte/krankenhausreport-2023 (Abruf 28.11.2024).

15 Hierbei handelt es sich um Personalausgaben im Jahresdurchschnitt. Unterjährige Schwankungen im Personalbestand können durch die Krankenhausstatistik nicht dargestellt werden.

16 16 Köppen, Julia/Busse, Reinhard: Die Personalsituation im Krankenhaus im internationalen Vergleich In: Klauber, Jürgen et al. (Hrsg.), Krankenhausreport 2023. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66881-8_2 (Abruf 28.11.2024).

17 Köppen, Julia/Busse, Reinhard, a.a.O., S. 30.

18 Die Personalkapazität des Pflegepersonals nach der Eurostat-Definition (einschließlich Hebammen) lässt sich für Baden-Württemberg mangels verfügbarer Daten nicht berechnen.