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Innovationsindex 2024

Baden-Württemberg im europäischen Vergleich

Innovationen können dazu beitragen globale und soziale Herausforderungen, wie beispielsweise Klimaschutz und demografischer Wandel, zu bewältigen. Besonders für hoch entwickelte, aber rohstoffarme Volkswirtschaften, sind Innovationen im globalen Wettbewerb eine der grundlegenden Voraussetzungen für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand.

Wie hoch ist das Innovationspotenzial in Baden-Württemberg im europäischen Vergleich? Diese Frage wird mithilfe des Innovationsindex beantwortet, der im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg entwickelt und nun aktuell neu berechnet wurde. Dieser Index bündelt die Daten von sechs Innovationsindikatoren in einer Kennzahl und ermöglicht damit den direkten Vergleich der Innovationsfähigkeit, der in die Berechnung des Index einbezogenen Wirtschaftsräume.

Im nachfolgenden Beitrag werden die Ergebnisse der Berechnung 2024 für 60 Länder und Regionen der Europäischen Union vorgestellt. In der Analyse steht die Beantwortung folgender Fragen im Vordergrund: Wie hoch ist die Innovationsfähigkeit der betrachteten Länder bzw. Regionen? Wie hat sich deren Innovationsfähigkeit in den vergangenen Jahren entwickelt? Wo steht Baden-Württemberg im europäischen Innovationsvergleich? Um ein differenziertes Bild über die Innovationsfähigkeit der EU-Mitgliedsländer und seiner Regionen zu erhalten, werden in der Analyse auch die einzelnen Innovationsindikatoren näher betrachtet.

Innovationspotenzial im europäischen Vergleich

Zur Berechnung der aktuellen Innovationsfähigkeit1 wurden für jeden Wirtschaftsraum sechs Innovationsindikatoren herangezogen. Als innovationsrelevante Indikatoren fließen in die Berechnung des Index die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE), das FuE-Personal, die Erwerbstätigen in Hochtechnologiebranchen, die Erwerbstätigen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen, die Erwerbstätigen in wissenschaftlich-technischen Berufen und die Anzahl der Patentanmeldungen ein. In der Berechnung 2024 wurden soweit verfügbar Daten zu den Innovationsindikatoren bis 2023 verwendet (i-Punkt »Methodische Erläuterungen«).

Der Innovationsindex wird für die Länder und Regionen der Europäischen Union im 2-jährigen Turnus berechnet.2 In die Berechnung des Jahres 2024 wurden 60 Regionen einbezogen, und zwar die 27 EU-Mitgliedstaaten und 33 Regionen auf NUTS-1-Ebene3. Da sich die Anzahl der einbezogenen Regionen im Vergleich zu früheren Berechnungen verändert hat, bezieht sich der nachfolgende Rangvergleich nur auf die nun aktuell vorliegende Berechnung.

Der Innovationsindex 2024 zeigt: Baden-Württemberg ist innerhalb der Europäischen Union weiterhin die Region mit der höchsten Innovationsfähigkeit. Mit einem Indexwert von 76 Punkten liegt der Südwesten an der Spitze des Innovationsvergleichs – 13 Indexpunkte vor der südlichen Region der Niederlande, die auf Platz 2 des Rankings folgt. In der Spitzengruppe des EU-Rankings mit einem Indexwert von ebenfalls über 50 Punkten und einer damit hohen Innovationsfähigkeit folgen im Ranking auf die südliche Region der Niederlande Schweden, die französische Hauptstadtregion Île de France, Bayern, Berlin, Dänemark, Finnland, Hamburg und Hessen (Schaubild 1).

In der vergangenen Dekade4 ergaben sich teilweise deutliche Veränderungen in den Rangplätzen. Im Innovationsvergleich bedeutend verbessern konnte sich die südliche Region der Niederlande, aber auch Schweden und Hamburg haben sich im Ranking verbessert, während die französische Hauptstadtregion Île de France, Bayern, Berlin, Dänemark, Finnland und Hessen im Ranking zurückfielen (Tabelle 1).5

Bei der Bewertung des Rangs ist zu berücksichtigen, dass ein geringer Unterschied im Index, wie er beispielsweise im Ranking der Regionen für Indexwerte von 51 bzw. 52 Indexpunkten auftritt, bereits zu Rangunterschieden von mehreren Plätzen führen kann, dies weist jedoch nicht auf einen signifikanten Unterschied in der Innovationsfähigkeit hin.

In der Schlussgruppe mit einem Indexwert unter 20 Punkten sind aktuell vier EU-Länder und sechs europäische Regionen der NUTS-1-Ebene vertreten. In den spanischen Regionen Noroeste, Centro, Sur und Canarias (die Kanarischen Inseln), den italienischen Regionen Sud und Isole (Sizilien und Sardinien) sowie den EU-Ländern Zypern, Lettland, Bulgarien und Rumänien ist die Innovationskraft im europäischen Vergleich am geringsten. Für die EU-Länder Kroatien und Griechenland wurden inzwischen Indexwerte von knapp über 20 Punkten ermittelt, damit haben diese Länder den Aufstieg aus der Schlussgruppe geschafft.

Zwölf Bundesländer im europäischen Vergleich überdurchschnittlich

Insgesamt weisen zwölf Bundesländer im europäischen Innovationsvergleich einen Indexwert über dem europäischen Durchschnitt von 37 Punkten auf. Zum einen sind dies die fünf Bundesländer aus der Spitzengruppe, zwei Bundesländer, die im Vorderfeld der Rangfolge vertreten sind (Bremen und Rheinland-Pfalz) und fünf Bundesländer aus dem Mittelfeld, und zwar Sachsen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Thüringen. Im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich schneiden hingegen Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit Indexwerten zwischen 25 und 33 Punkten ab (Schaubild 2).

Im Bundesländervergleich wird das hohe Innovationspotenzial in Süddeutschland deutlich. In Baden-Württemberg, Bayern und Hessen liegt die Innovationsfähigkeit neben der Hauptstadt Berlin und dem Stadtstaat Hamburg zum Teil deutlich über dem durchschnittlichen Niveau aller Bundesländer, bzw. wie in Hessen knapp darunter (Indexwert Deutschland: 52). Hingegen schneiden die verbleibenden elf Bundesländer im deutschlandweiten Vergleich unterdurchschnittlich ab.

Schweden belegt unter den 27 EU-Ländern den Spitzenplatz

Beim Innovationsindex 2024 weist weiterhin Schweden auf Länderebene das höchste Innovationspotenzial im EU-27-Vergleich auf. Ausschlaggebend für die Spitzenposition Schwedens ist das hohe Engagement im Bereich Forschung und Entwicklung und die Vielzahl an Patentanmeldungen. Außerdem tragen der hohe Anteil der Erwerbstätigen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen und der hohe Anteil der Beschäftigten in wissenschaftlich-technischen Berufen mit zu diesem Ergebnis bei, wie in Schaubild 3 zu erkennen ist. Hier sind die Anteile der einzelnen Innovationsindikatoren am Gesamtindex dargestellt. Mit einer etwas geringeren Innovationsfähigkeit folgt Dänemark auf Rang 2. Deutschland belegt 2024 den vierten Rang knapp hinter Finnland.

Beim europäischen Innovationsvergleich auf Länderebene sind auf den letzten Rangplätzen mit dem vergleichsweise niedrigsten Innovationspotenzial (Indexwert unter 20 Punkten) die Länder Zypern, Lettland, Bulgarien und Rumänien vertreten. In Schaubild 3 ist auch zu erkennen, dass in diesen Ländern vergleichsweise wenige FuE-Ressourcen verfügbar sind und bisher eine geringe Anzahl an Patenten beim europäischen Patentamt angemeldet wurden.

Betrachtet man die Entwicklung in der vergangenen Dekade, so konnten unter anderem die Länder Belgien, Portugal und Polen ihr Innovationspotenzial im EU-Vergleich deutlich ausbauen und sich hierdurch im Betrachtungszeitraum im Ranking der 27 EU-Länder um drei bzw. Polen sogar um vier Rangplätze verbessern.

Verteilung der Innovationsfähigkeit in den Ländern

Für die Länder Deutschland, Italien, Niederlande und Spanien liegen aufgrund der aktuellen Berechnung zum Innovationsindex Daten zur Innovationsfähigkeit auf regionaler NUTS-1-Ebene vor. Nachfolgend soll untersucht werden, wie die Innovationsfähigkeit auf deren Regionen verteilt ist. Schaubild 4 zeigt den jeweiligen minimalen und maximalen Indexwert der Regionen auf NUTS-1-Ebene der betrachteten Länder und zwar in Bezug zum Landes- und EU-Durchschnitt für die Berechnungsjahre 2014 und 2024. Hierbei ist zu beachten, dass die Länder sich in der Anzahl ihrer Regionen deutlich unterscheiden. Hinter der ausgewiesenen Spannweite zwischen Minimum und Maximum verbirgt sich damit jeweils eine unterschiedliche Anzahl an Regionen, nämlich beispielsweise nur vier für die Niederlande bzw. bis zu 16 in Deutschland. Daher kann eine geringe Spannweite auch auf die geringe Anzahl an Regionen zurückgeführt werden. Durch diese Aufbereitung der Daten lassen sich dennoch interessante Aspekte erkennen.

Die Innovationsfähigkeit hat sich im Berechnungsstand 2014 bis 2024 in allen vier Ländern verbessert. Im Vergleich zum Jahr 2014 ist in Deutschland das durchschnittliche Innovationspotenzial des Landes von 45 auf 52 und damit um 6 Indexpunkte gestiegen.6 In den Niederlanden war diese Entwicklung weit deutlicher: Hier nahm das Innovationspotenzial von 36 auf 49 und damit um 13 Indexpunkte zu. In Italien waren es wie in Deutschland nur 6 und in Spanien nur 4 Indexpunkte.

Die höchste Spannweite des Innovationsindex zwischen den Regionen eines Landes war 2024 erwartungsgemäß in Deutschland zu beobachten. Diese umfasste einen Bereich von 51 Indexpunkten (2014: 48 Indexpunkten). Der Minimalwert unter den deutschen Regionen hat sich im Betrachtungszeitraum 2014 bis 2024 nur leicht verbessert. Die Regionen mit dem geringsten Innovationspotenzial des Landes, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, vermochten damit ihre Innovationsfähigkeit nur wenig zu steigern. Diese Entwicklung konnte ebenso für Italien und auch Spanien festgestellt werden.

Hingegen hat sich in den Niederlanden eine positivere Entwicklung abgezeichnet. Das Innovationspotenzial stieg hier im Betrachtungszeitraum in allen Regionen deutlich. Auch die Nördliche Region der Niederlande, die das geringste Innovationspotenzial des Landes aufweist, vermochte ihre Innovationsfähigkeit im Betrachtungszeitraum nachdrücklich auszubauen.

Baden-Württemberg: Innovationsregion Nr. 1 in der EU

Ausschlaggebend für die Spitzenposition Baden-Württembergs sind seit Jahren sehr hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE), der hohe Anteil des FuE-Personals, die hohe Bedeutung forschungsintensiver Industriezweige und der große Erfindungsreichtum. Der Südwesten belegt im europäischen Vergleich bei zwei Innovationsindikatoren den höchsten und bei je einem Innovationsindikator den zweithöchsten und dritthöchsten Wert (Tabelle 2). In Schaubild 5 sind die standardisierten Werte der einzelnen Indikatoren für den Südwesten, für die EU-27 und für Deutschland als Überblick im Netzdiagramm dargestellt.

Eine nähere Betrachtung der Innovationsindikatoren und deren Gewicht für den Index zeigt, dass Baden-Württemberg einen Anteil von 5,6 %7 seiner Wirtschaftsleistung, bzw. des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Forschung und Entwicklung investiert. Mit einer FuE-Intensität8 von rund 3,4 % folgen mit deutlichem Abstand Belgien, Schweden, Bayern und Berlin. Die Rangplätze der Länder und Regionen bei den einzelnen zur Berechnung des Innovationsindex herangezogenen Indikatoren sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Auch beim Innovationsindikator FuE-Personalintensität9 befindet sich Baden-Württemberg mit 3,0 % knapp hinter der französischen Hauptstadtregion Île de France (3,1 %) auf einem Spitzenplatz bei diesem Indikator. Auf den nächsten Rangplätzen liegen mit einer FuE-Personalintensität von je 2,3 % bzw. 2,2 % Belgien, Bremen, die niederländische Region Zuid-Nederland und Schweden.

In keiner in den Innovationsvergleich einbezogenen Region ist der Anteil der Erwerbstätigen in forschungsintensiven Industriezweigen höher als in Baden-Württemberg. Hierzulande arbeiten 16 % aller Erwerbstätigen in industriellen Hochtechnologiebranchen10, beispielsweise im Maschinenbau, in der Herstellung von Kraftwagen und -motoren und inzwischen auch batterieelektrischen Antrieben oder im Bereich Herstellung von DV-Geräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen. Dieser Anteil liegt seit dem Jahr 200811 bei etwa 16 % bis 17 % und damit auf einem sehr hohen Niveau.

Im Ranking folgen auf Baden-Württemberg die Bundesländer Bayern und das neu in diese Gruppe aufgestiegene Thüringen sowie die EU-Länder Tschechien und die Slowakei. In diesen Regionen liegt der Anteil der Erwerbstätigen in forschungsintensiven Industriezweigen mit 10 % bis 12 % im zweistelligen Bereich und damit deutlich über dem EU-Durchschnitt. Im europäischen Durchschnitt beträgt der Anteil der Erwerbstätigen in forschungsintensiven Industriezweigen hingegen nur 6 %.12

Patente: Output-Indikator im Innovationsprozess

FuE-Ressourcen sind im Innovationsprozess sogenannte Input-Größen. Im Gegensatz hierzu sind Patente ein Ergebnis dieser Forschungstätigkeiten und werden daher als Output-Größe im Innovationsprozess bezeichnet. Der Innovationsindikator Patentanmeldungen lässt Rückschlüsse auf Umfang und Erfolg der Erfindertätigkeit in einer Region zu.

Die höchste Anzahl an Patentanmeldungen wurde 2021 von Erfinderinnen und Erfindern aus der Region im Süden der Niederlande (NL4, Zuid-Nederland) angemeldet.13 Neben der allgemein bekannten landwirtschaftlichen Produktion sind in den Niederlanden namhafte Industrieunternehmen beheimatet. In der südlichen Region der Niederlande sind beispielsweise Forschungseinrichtungen der Unternehmen Philips, Canon und DAF angesiedelt, die beträchtlich in FuE investieren und eine Vielzahl von Patente anmelden.

Baden-Württemberg liegt im Ranking bei diesem Indikator inzwischen knapp hinter Bayern auf Platz 3. Der Südwesten verfügt damit nicht nur über enorme Forschungs- und Entwicklungsressourcen, sondern zählt neben Bayern zu den größten Patentanmeldern Deutschlands und Europas. Bezogen auf 1 Million (Mio.) Einwohnerinnen und Einwohner werden von baden-württembergischen Erfindern weit mehr als dreimal so viele Patente beim Europäischen Patentamt pro Kopf angemeldet wie im Durchschnitt aller 27 EU-Länder. Besonders vorteilhaft für Baden-Württemberg wirkt sich dabei aus, dass eine ganze Reihe innovativer Unternehmen wie beispielsweise BOSCH, Daimler, ZF Friedrichshafen, Porsche, Mahle, Valeo, Voith, TRUMPF, SAP, Heidelberger Druckmaschinen, Festo, IBM und Hewlett-Packard ihren Hauptsitz oder ein Tochterunternehmen in Baden-Württemberg haben. Einige dieser Unternehmen investieren hierzulande beachtliche Ressourcen in FuE und zählen auch zu den größten Patentanmeldern Deutschlands und Europas.

Wie in Schaubild 6 zu erkennen ist, würde Baden-Württemberg mit diesen vier zuvor dargestellten Innovationsindikatoren bereits einen Platz im Spitzenfeld des Innovationsindex erreichen. In der Grafik sind die Anteile der einzelnen Innovationsindikatoren am Gesamtindex der Länder und Regionen bis Rangplatz 20 dargestellt.

Baden-Württemberg: wenig Erwerbstätige in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen

Analog zu früheren Berechnungen schneidet der Südwesten im EU-Vergleich beim Innovationsindikator »Anteil der Erwerbstätigen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen« schwächer ab. Mit einem Anteil von 39 % liegt Baden-Württemberg bei diesem Indikator sogar unter dem Durchschnitt der EU-27 (41 %). Zu den wissensintensiven Dienstleistungsbranchen zählen neben Ingenieur-, Finanz- sowie Informations- und Kommunikationsdienstleistungen beispielsweise auch Dienstleistungen aus dem Bereich der Logistik, Gesundheit und Medien. Der niedrigere Erwerbstätigenanteil in diesen Branchen wird allerdings auch verursacht durch die Bedeutung der industriellen Hochtechnologiebranchen im Land, in denen viele hochwertige Dienstleistungsfunktionen, auch wissensintensive Tätigkeiten, von den Unternehmen selbst wahrgenommen werden. Der Anteil der Erwerbstätigen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen liegt mit rund 58 % in Luxemburg am höchsten. Es folgen bei diesem Ranking Schweden mit einem Anteil von gut 57 %, die Region Île de France mit knapp 57 % und mit 56 % die Region West-Nederland und die Landeshauptstadt Berlin.

In den wissensintensiven Dienstleistungsbranchen ist der Anteil der Hochqualifizierten im Durchschnitt höher als in der High-Tech-Industrie. Beim Innovationsindikator »Erwerbstätigenanteil in wissenschaftlich-technischen Berufen«, der das Qualifikationsniveau berücksichtigt, befinden sich neben den Stadtregionen Luxemburg, der Anteil dieses Indikators beträgt hier 61 %, Berlin (56 %) und der französischen Hauptstadtregion Île de France (54 %) auch Schweden (54 %), im europäischen Ranking auf den vorderen Rängen. Baden-Württemberg belegt bei diesem Innovationsindikator mit einem Wert von 45 % einen Platz im Vorderfeld und liegt damit noch über dem europäischen Durchschnitt von 39 %.

Innovationspotenzial im Zeitverlauf

Die aktuell vorliegende Zeitreihe des Innovationsindex 202414 wurde über eine Neuberechnung realisiert. Die Daten aus den Innovationsindizes der vergangenen Jahre wurden aktualisiert und neu aufbereitet. Als Basis für die Standardisierung, die Min/Max-Festlegung, wurde jeweils die aktuellste Datenreihe der einzelnen Indikatoren herangezogen, die bei der Berechnung in 2024 vorlagen.15 Hierdurch wird der intertemporale Vergleich der Innovationsfähigkeit, der in die Berechnung einbezogenen Länder und Regionen ermöglicht.

Im Vordergrund der Untersuchung steht hier die Frage: Wie hat sich die Innovationsfähigkeit in den EU-Regionen und besonders im Südwesten in den vergangenen 10 Jahren entwickelt? Zur Bestimmung der Innovationsdynamik wird die OLS-Schätzung der Zeitreihe herangezogen (i-Punkt »Methodische Erläuterungen«).

Für die vergangene Dekade konnte für 50 Länder bzw. Regionen eine Zunahme der Innovationsfähigkeit ermittelt werden.16 Eine besonders hohe Innovationsdynamik wiesen dabei die südliche Region der Niederlande sowie die Länder Belgien und Polen auf. Diese Länder haben im betrachteten Zeitraum ihre Innovationsfähigkeit um rund 2, 1,4 bzw. 1,2 Indexpunkte pro Jahr verbessert.

Nicht alle in die Berechnung einbezogenen Regionen konnten ihre Innovationsfähigkeit in den vergangenen Jahren steigern. In sechs Ländern bzw. Regionen wurde eine Stagnation bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit ermittelt. Hierzu zählt das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, Dänemark, Luxemburg, die italienische Region Isole, die spanische Region Comunidad de Madrid und Finnland. In keiner Region wurde für die vergangene Dekade ein abwärts gerichteter Trend bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit ermittelt. Insgesamt hat sich im europäischen Vergleich die Innovationsfähigkeit in der vergangenen Dekade damit um durchschnittlich 0,75 Indexpunkte pro Jahr verbessert (Tabelle 1).

Spitzengruppe: südliche Region der Niederlande mit höchster Innovationsdynamik

Wie hat sich die Innovationsfähigkeit in der Spitzengruppe in der vergangenen Dekade entwickelt? Ausgehend von einem bereits hohen Niveau wird in der Spitzengruppe eher eine moderate Verbesserung der Innovationsfähigkeit erwartet. Besonders beachtlich ist daher die Entwicklung in der südlichen Region der Niederlande. Diese zeigte im Betrachtungszeitraum die höchste ermittelte Innovationsdynamik von durchschnittlich 2 Indexpunkten pro Jahr. Mit einem Indexwert von 64 Punkten (2014: 45 Indexpunkte) liegt die Region inzwischen im EU-Vergleich auf dem zweiten Rangplatz und hat sich damit gegenüber dem Berechnungstand 2014 deutlich und stetig verbessert (Schaubild 7).

Im EU-Vergleich stieg die Innovationsfähigkeit auf den ersten drei Rangplätzen der Spitzengruppe in der vergangenen Dekade neben der südlichen Region der Niederlande auch in Schweden und Baden-Württemberg überdurchschnittlich. In Schweden nahm diese wie in der niederländischen Region im Betrachtungszeitraum stetig zu, hingegen war in Baden-Württemberg 2024 im Vergleich zum Berechnungstand 2022 ein geringfügiger Rückgang der Innovationsfähigkeit festzustellen.

Ein positiver aufwärts gerichteter Trend bezüglich der Innovationsfähigkeit wurde in der vergangenen Dekade auch für die französische Region Île de France, für Hamburg, Bayern, Berlin und Hessen festgestellt. Ein positiver Verlauf ist jedoch nicht in allen Regionen der Spitzengruppe ersichtlich. In Dänemark und in Finnland entwickelte sich die Innovationsfähigkeit mit einem seitwärts gerichteten Trend, das heißt sie blieb im betrachteten Zeitraum vergleichsweise konstant.

Innovationsdynamik der Gruppen

Im Vorderfeld des Innovationsvergleichs zeigt sich ein dynamisches Bild bezüglich der Veränderung der Innovationsfähigkeit. In vier der sechs Länder bzw. Regionen hat sich die Innovationsfähigkeit innerhalb der zurückliegenden Dekade im europäischen Vergleich mit mehr als 0,9 Indexpunkten pro Jahr verbessert.

Hierzu zählen Belgien, die westliche Region der Niederlande, Bremen und Österreich. Am höchsten war dieser positive Trend mit 1,4 Indexpunkten pro Jahr in Belgien. Mit einem Indexwert von fast 50 Punkten (2014: 36 Indexpunkte) liegt das EU-Land inzwischen im EU-Vergleich auf dem 11. Rangplatz (Schaubild 8) und hat den Aufstieg in die Spitzengruppe nur knapp verpasst.

Bemerkenswert ist auch die Dynamik in den Niederlanden: Neben den bereits erwähnten zwei Regionen dieses EU-Landes haben sich auch die zwei weiteren Regionen der Niederlande, die im Mittelfeld des Innovationsvergleichs liegen, mit einer im EU-Vergleich überdurchschnittlichen Dynamik entwickelt und damit zur hohen Innovationsdynamik des Landes insgesamt beigetragen (1,3 Indexpunkte pro Jahr).

Ebenfalls mit hoher Dynamik und im europäischen Vergleich weit überdurchschnittlich hat sich die Innovationsfähigkeit in Polen und in Portugal verbessert, in der vergangenen Dekade im Durchschnitt mit mehr als einem Indexpunkt pro Jahr. Portugal liegt mit 26 Indexpunkten inzwischen im Mittelfeld des Innovationsvergleichs. Das 2004 der EU beigetretene Polen hat bei der Berechnung 2024 mit fast 25 Indexpunkten den Sprung in das Mittelfeld knapp verpasst. Zum Berechnungstand 2014 wurden beide Länder noch der Schlussgruppe mit Indexwerten von 16 bzw. 13 Punkten zugeordnet.

Baden-Württemberg – Spitzenplatz in Gefahr?

Im EU-Vergleich weniger dynamische Regionen werden im Zeitverlauf im Ranking des Innovationsindex zurückfallen. Ausgehend von einem bereits hohen Niveau hat sich in der letzten Dekade das Innovationspotenzial in Baden-Württemberg mit einem vergleichsweise stabilen, aufwärts gerichteten Trend entwickelt. Im europäischen Vergleich zeigte sich im Südwesten jedoch nur eine leicht überdurchschnittliche Verbesserung der Innovationsfähigkeit. Baden-Württemberg bleibt bei der Innovationsdynamik hinter der europäischen Spitze zurück und könnte damit im Zeitverlauf im Ranking des Innovationsindex eingeholt werden.

Auch der Großteil der übrigen Spitzenreiter des Index zeigen im europäischen Vergleich eine eher verhaltene Entwicklung. Eine Ausnahme ist hier die südliche Region der Niederlande. Aufgrund der überdurchschnittlichen Dynamik in dieser Region hat sich im Betrachtungszeitraum der Abstand im Vergleich zu Baden-Württemberg von 25 Indexpunkten auf aktuell nur noch 13 Indexpunkte verringert. Baden-Württemberg steht zwar weiterhin mit einem deutlichen Abstand an der Spitze des Innovationsvergleichs, seine führende Position hat sich in der vergangenen Dekade damit aber verringert.

Hier stellt sich die Frage, weshalb in Baden-Württemberg nur eine im EU-Vergleich leicht überdurchschnittliche Innovationdynamik festzustellen ist? Gründe hierfür sind: Baden-Württemberg weist bei drei der betrachteten Innovationsindikatoren bereits ein sehr hohes Niveau – im EU-Vergleich sogar das höchste Niveau auf (Schaubild 5). Um diese Indikatoren prozentual nennenswert zu erhöhen, wären deutlich höhere Aktivitäten erforderlich als in Ländern und Regionen mit einer vergleichsweise niedrigen Ausgangsbasis. Bei den FuE-Ressourcen zeigte sich im Betrachtungszeitraum trotz eines sehr hohen Niveaus eine im EU-Vergleich überdurchschnittlich starke Zunahme. Eine unterdurchschnittliche Entwicklung zeigt sich hingegen bei den Erwerbstätigen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen und den Erwerbstätigen in wissenschaftlich-technischen Berufen. Ausschlaggebend für die insgesamt im Zeitverlauf nur abgeschwächte und daher nur leicht überdurchschnittliche Innovationsdynamik ist der seit einer Dekade festzustellende abwärts gerichtete Trend beim Innovationsindikator Patentanmeldungen.

Index – kritisch betrachtet

Die Verdichtung von Informationen zu einer Kennzahl ist praktisch und hilfreich, da sie den Vergleich von Regionen erleichtert. Dabei gehen jedoch zwangsläufig auch Informationen verloren. Die angewandte Methode zur Verdichtung dieser Daten und im Besonderen die Anzahl, Auswahl und die Gewichtung der eingesetzten Indikatoren hat einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis. Bei deren Auswahl stehen die Validität und Reliabilität im Vordergrund, jedoch gibt es derzeit keine Methode, welche die Bedeutung der einzelnen Indikatoren für die Innovationsfähigkeit einer Region zuverlässig empirisch bestimmen kann.

Als innovationsrelevante Indikatoren wurden für den Innovationsindex 2024, der für die Wirtschaftsräume auf der EU-Ebene berechnet wurde, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE), das FuE-Personal, die Erwerbstätigen in Hochtechnologiebranchen, die Erwerbstätigen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen, die Erwerbstätigen in wissenschaftlich-technischen Berufen und die Anzahl der Patentanmeldungen berücksichtigt (i-Punkt »Methodische Erläuterungen«).

Um die interregionale Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden diese Indikatoren beispielsweise auf die Wirtschaftsleistung, auf die Erwerbstätigen insgesamt oder die Einwohnerinnen und Einwohner der jeweiligen Regionen bezogen. Wie lässt sich nun das Innovationpotenzial anhand dieser Indikatoren messen? Die naheliegende Annahme ist, dass Regionen mit starker Innovationsfähigkeit auch einen hohen Wert bei den zuvor aufgeführten Indikatoren aufweisen. Dennoch wird jeder dieser Indikatoren nur in einem Teilaspekt durch die Innovationsfähigkeit bestimmt. Beispielsweise muss der »klassische« Input-Faktor im Innovationsprozess, der FuE-Aufwand, nicht zwangsläufig zu erfolgreichen Innovationen führen. Oder misst der »klassische« Output-Faktor Patentanmeldungen den tatsächlichen Innovationserfolg? Eine hohe Anzahl an Patentanmeldungen muss nicht zwangsläufig mit einer hohen Qualität einhergehen. Inwieweit das Patent überhaupt für einen wirtschaftlichen Erfolg genutzt wird, ist ebenfalls zunächst unklar und zeigt sich erst im weiteren Zeitverlauf.

Der Innovationsindex, der vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg für die EU-Länder und Regionen berechnet wird, erleichtert den Vergleich der Innovationsfähigkeit dieser Wirtschaftsräume. Innovationen lassen sich jedoch nur indirekt messen und bewerten. Um die Vielfalt und Komplexität von Innovationen abzubilden, werden verschiedene Indikatoren ausgewertet und zu einer Kennzahl aggregiert. Dabei gehen jedoch zwangsläufig auch Detailinformationen verloren, wie die kritische Betrachtung der Analyse zeigt.

Fazit

Der im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg aktuell für die EU-Länder und Regionen neu berechnete Innovationsindex 2024 zeigt:

  • Baden-Württemberg ist in der EU mit einem Indexwert von 76 Punkten weiterhin die Region mit dem höchsten Innovationspotenzial. Ausgehend von einem bereits hohen Niveau hat sich hierzulande in den vergangenen 10 Jahren die Innovationsfähigkeit im europäischen Vergleich leicht überdurchschnittlich verbessert.
  • Im EU-Ranking der Länder bzw. Regionen folgen auf Baden-Württemberg die südliche Region der Niederlande, Schweden, die französische Hauptstadtregion Île de France, Bayern, Berlin, Dänemark, Finnland, Hamburg und Hessen.
  • Der Abstand von Baden-Württemberg zur im Ranking zweitplatzierten Region hat sich im Zeitverlauf verringert und liegt aktuell nun bei knapp 13 Indexpunkten.17
  • Besonders beachtlich ist die Entwicklung in der inzwischen zweitplatzierten südlichen Region der Niederlande. Diese zeigte die höchste ermittelte Innovationsdynamik unter den in die Berechnung einbezogenen Wirtschaftsräumen. Mit einem Indexwert von aktuell 64 Punkten hat diese Region ihre Innovationsfähigkeit in der vergangenen Dekade stetig und weit überdurchschnittlich verbessert.
  • Zwölf Bundesländer weisen im europäischen Vergleich eine überdurchschnittliche Innovationsfähigkeit von über 36 Indexpunkten auf.
  • Im Ranking der Bundesländer liegen weiterhin Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg und Hessen in der Spitzengruppe und weisen damit ein überdurchschnittliches Niveau beim Innovationspotenzial auf.
  • Im Vergleich der EU-27-Länder belegt Schweden, gefolgt von Dänemark, Finnland und Deutschland das Spitzenfeld.
  • In der vergangenen Dekade haben die EU-Länder mit Indexwerten von über 45 Indexpunkten wie Schweden, Deutschland und die Niederlande ihre Position im Ranking im Vergleich der 27 EU-Länder um einen und Belgien sogar um beachtliche drei Rangplätze verbessert.
  • Die südliche Region der Niederlande sowie die Länder Belgien, Polen, die westliche Region der Niederlande, Schweden und Portugal haben ihre Innovationsfähigkeit in der vergangenen Dekade am deutlichsten verbessert und liegen beim Ranking bezüglich der Innovationsdynamik auf den vorderen Plätzen.
  • Sechs Wirtschaftsräume konnten ihre Innovationsfähigkeit im Untersuchungszeitraum nicht verbessern. Hierzu zählt das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, die Länder Dänemark, Luxemburg und Finnland sowie die italienische Region Isole und die spanische Region Comunidad de Madrid.

1 Der Innovationsindex 2024 weist das Niveau der Innovationsfähigkeit aus und gibt damit Hinweise zum aktuellen technologischen Ist-Zustand. Die Entwicklung bzw. Dynamik der Innovationsfähigkeit in den einzelnen Ländern bzw. Regionen ist aus der berechneten Zeitreihe zu ersehen. Die neu ermittelten Werte des Index sind nicht mit Berechnungen aus früheren Jahren vergleichbar.

2 Der Innovationsindex wird außerdem für die Kreise und Regionen in Baden-Württemberg berechnet, siehe https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/20240903 (Abruf: 01.04.2025).

3 Die Gebietssystematik »Nomenclature des Unités Territoriales Statistiques« – kurz NUTS – ist eine Klassifikation der Regionen innerhalb der EU zur Erstellung regional vergleichbarer Statistiken, die auf Verwaltungseinheiten basiert. Die NUTS-0-Ebene entspricht den Mitgliedstaaten der EU und die NUTS-1-Ebene entspricht in Deutschland den Bundesländern. Für die Länder Deutschland, Italien, Niederlande und Spanien wurden in der Berechnung 2024 die Daten der Regionen auf NUTS-1-Ebene einbezogen.

4 Die Berechnung des Index erfolgt in der Regel im 2-jährigen Turnus. Der 11-jährige Berechnungszeitraum 2014 bis 2024 wird hier synonym für eine Dekade verwendet.

5 Vergleich in Bezug auf die aktuelle Neuberechnung. Aufgrund der Änderung der Anzahl der Regionen und der Aktualisierung der einbezogenen Daten sind die für die Länder bzw. Regionen ermittelten Ränge nicht mit Berechnungen aus früheren Jahren vergleichbar. Wie bisher werden Länder, deren Regionen auf NUTS-1-Ebene in die Berechnung einbezogen wurden, nicht im Rangvergleich berücksichtigt. Dies sind 2024 die Länder Deutschland, Italien, Niederlande und Spanien.

6 Abweichungen durch Rundungsdifferenzen.

7 Eurostat, Stand September 2024, Daten 2021.

8 Forschungs- und Entwicklungsausgaben bezogen auf das nominale Bruttoinlandsprodukt.

9 FuE-Personal in Vollzeitäquivalenten insgesamt bezogen auf die Erwerbspersonen insgesamt.

10 FuE-intensive Industriezweige.

11 Aufgrund der Änderung der Klassifikation der Wirtschaftszweige in 2008 ist ein Vergleich mit früheren Jahren nur eingeschränkt möglich.

12 Eurostat, September 2024, Daten 2023.

13 Patentanmeldungen beim europäischen Patentamt bezogen auf 1 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner. Die Auswertung für die Regionen auf NUTS-1-Ebene erfolgte über die weltweite Patentstatistik-Datenbank PATSTAT, und zwar nach Erfinderwohnsitz. Die regionalen Patentdaten auf NUTS-1-Ebene des Jahres 2021 wurden anhand der aktuellsten zur Verfügung stehenden regionalen Verteilung der Jahre 2015 bis 2019 aus den nationalen Werten 2021 (Datenquelle: OECD) geschätzt.

14 2014, 2016, 2018, 2020, 2022 und 2024.

15 Der neu ermittelte Index sowie der Rang der Regionen bzw. Länder ist somit nicht mit Berechnungen aus früheren Jahren vergleichbar, siehe auch Methodenbeschreibung.

16 Nur die in das Ranking einbezogenen Länder und Regionen werden betrachtet.

17 Abweichungen durch Rundungsdifferenzen.