:: 5/2025

Wie funktioniert die Vorausberechnung der Bevölkerung in den Gemeinden und Kreisen?

Methodik der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung Basis 2023

Bevölkerungsvorausberechnungen sollen auf Grundlage verschiedener, möglichst realitätsnaher Annahmen, die potenzielle Entwicklung der Bevölkerung, das heißt deren Gesamtzahl sowie ihre demografische Zusammensetzung, berechnen. Neben den Geburten und Sterbefällen sind dabei vor allem die Wanderungsverflechtungen zwischen Gemeinden, Bundesländern und mit dem Ausland von zentraler Bedeutung für die Zu- oder Abnahme der Bevölkerung einer Gemeinde. Dabei muss stets bedacht werden, dass bei einer maßgeblichen Änderung einer der betrachteten Einflussgrößen, zum Beispiel aufgrund ergriffener Maßnahmen oder wegen unvorhersehbarer Ereignisse, die errechnete Entwicklung sehr wahrscheinlich von der tatsächlichen Entwicklung abweichen wird. Dennoch ist gerade für mittel- und langfristige Planungen ein solcher, wenn auch unsicherer, Zukunftsblick mitunter unerlässlich. Daher ist es sinnvoll, Bevölkerungsvorausberechnungen in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren. Auf diese Weise können neue Entwicklungen berücksichtigt und die Berechnung an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden.

Im Folgenden werden die Methode sowie die getroffenen Annahmen der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung Basis 2023 genauer erläutert.

Grundlegendes zur Methodik

Ausgangspunkt für die regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung bilden die Zahlen der Bevölkerungsfortschreibung (Zensus 2022) zum 31. Dezember 2023 in den Gemeinden Baden-Württembergs. Dabei wird die Bevölkerung anhand von 100 Altersjahren (0 bis 99 und älter) sowie zwei Geschlechtern1 (männlich, weiblich) abgebildet. Für die Vorausberechnung werden bestimmte Annahmen über die Entwicklung der Geburten und Sterbefälle sowie die Wanderungsbewegungen innerhalb des Landes bzw. zwischen Baden-Württemberg und dem übrigen Bundesgebiet sowie dem Ausland getroffen. Die Annahmen stützen sich auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre in Kombination mit Überlegungen, wie sich diese einzelnen Faktoren zukünftig entwickeln könnten. Damit handelt es sich bei der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung um eine sogenannte Status-quo-Rechnung. Das bedeutet, dass die Ergebnisse auf der Annahme basieren, dass aktuelle Gegebenheiten auch in Zukunft weiterbestehen werden. Dieses Vorgehen hat zur Folge, dass sowohl ein Zuwachs als auch ein Rückgang der Bevölkerung im betrachteten Stützzeitraum einen maßgeblichen Einfluss auf die berechnete Entwicklung ausübt.

Bei der Berechnung werden keine Spezialannahmen für einzelne Gemeinden getroffen, sondern globale Erwartungen für das gesamte Land formuliert. Annahmen beispielsweise zu Unternehmensgründungen oder -schließungen sowie Bauprojekten, aber auch Wachstumsrestriktionen, die sich vor allem in den großen Städten aufgrund mangelnder Flächenverfügbarkeit ergeben können, werden nicht berücksichtigt. Auf diese Weise wird eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse der einzelnen Gemeinden ermöglicht. Gleichzeitig bedeutet dieses Vorgehen, dass Gemeinden und Kreise ihre vorausberechneten Ergebnisse immer mit Rückgriff auf ihr lokales Wissen interpretieren sollten.

Nach dem Top-Down-Prinzip werden die vorausberechneten Landesergebnisse auf Gebietstypen verteilt, wodurch schlussendlich Aussagen über einzelne Gemeinden gemacht werden können. Dabei liefern die Ergebnisse der Vorausberechnung auf Landesebene die Eckwerte für die regionalisierte Vorausberechnung. Aufgrund der getrennten Berechnung auf Landesebene bzw. regionalisierter Ebene, kann es zu Abweichungen zwischen den Gesamtergebnissen der beiden Berechnungen kommen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Landesrechnung zwar die Eckwerte für die Wanderungen, Geburten und Sterbefälle liefert, diese aber als globale Werte für jedes Jahr in die Berechnung einfließen. Da hier keine Untergliederung nach Alter und Geschlecht stattfindet, kommt es insbesondere zu Abweichungen bei der demografischen Zusammensetzung der errechneten Gesamtbevölkerung. Bei der Weiterverarbeitung der Daten hat dies beispielsweise Auswirkungen auf die Berechnung des Durchschnittsalters.

Im Gegensatz zur Vorausberechnung auf Landesebene, die Zahlen bis in das Jahr 2060 ausweist, reichen die Ergebnisse der regionalisierten Rechnung bis zum Jahr 2045. Dies hängt damit zusammen, dass kleinräumige Vorausberechnungen aufgrund der kleinen Gebietseinheiten mit höheren statistischen Unsicherheiten verbunden sind. Mit jedem weiteren Jahr, das in die Zukunft gerechnet wird, steigt dabei auch die Unsicherheit.

Für die Berechnung selbst wurde erneut mit dem bereits bewährten Programm SIKURS gearbeitet, welches vom KOSIS-Verbund für regionale Bevölkerungsvorausberechnungen entwickelt wurde.

Einteilung der Gemeinden in Typen

Damit für jede Gemeinde Baden-Württembergs ein eigenes Ergebnis ausgewiesen werden kann, ist es sinnvoll die Gemeinden für die Berechnung der Raten und Quoten2 in Gruppen mit ähnlicher Struktur zusammenzufassen. Diese Gruppen werden als Cluster oder Typen bezeichnet, der Vorgang der Zuordnung wird Typisierung genannt. Auf diese Weise wird eine ausreichend breite Datengrundlage gewährleistet. Andernfalls würden jährliche Schwankungen in den Sterbefälle sowie den Geburten- und Wanderungszahlen der einzelnen Gemeinden die Ergebnisse eventuell stark verzerren.

Bei der Typisierung wird darauf geachtet, dass sich die Gemeinden innerhalb eines Typs bezüglich ihres Wanderungs- und Geburtenverhaltens möglichst stark ähneln (interne Homogenität), während sie sich von Gemeinden anderer Typen möglichst stark unterscheiden (externe Heterogenität). Durch dieses Vorgehen wird die Zuverlässigkeit der Vorausberechnung erhöht. Aufgrund der Zusammenfassung von Gemeinden zu Typen kann es vorkommen, dass eine Gemeinde, die für sich allein betrachtet in den vergangenen Jahren eine eher rückläufige Bevölkerung aufwies, dennoch laut Berechnung positiv entwickeln wird, weil sich die anderen, aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit diesem Typ zugeordneten Gemeinden in den letzten Jahren positiver entwickelt haben.

Die Typisierung der Gemeinden wurde mithilfe einer Clusteranalyse in SIKURS durchgeführt. Wie bei vorangegangenen regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnungen wurden drei Einflussfaktoren, welche sich als besonders erklärungsrelevant für die Wanderungsstrukturen von Gemeinden herausgestellt haben, für die Typisierung verwendet:

  • der Anteil an Einfamilienhäusern,
  • das Angebot an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen im Umland
  • sowie die Pflegeplatzdichte.

Der Anteil an Einfamilienhäusern steht als Indikator für die »Ländlichkeit« einer Gemeinde. Beim Arbeitsplatzangebot wurde die Anzahl der Arbeitsplätze innerhalb der Gemeinde sowie Arbeitsplätze in der Umgebung nach Pendelzeit berücksichtigt. Die Pflegeplatzdichte ist bei den Wanderungen von älteren Personen ein relevanter Aspekt.3 Abschließend wurden die Ergebnisse der Clusteranalyse kritisch gesichtet, um bei starken Abweichungen einzelne Gemeinden manuell anderen Typen zuzuordnen.

Gemeinden mit ausreichender Größe sowie alle Oberzentren und Hochschulstandorte wurden auf Basis der Wanderungen, Altersgruppen und Geburten gesichtet und manuell zu Gruppen zusammengefügt. Insgesamt ergaben sich durch diese Vorgehensweise 18 Binnenwanderungs- und Geburtentypen sowie vier Sterbetypen. Von den Binnenwanderungstypen waren neun aus der Clusteranalyse hervorgegangen. Die weiteren neun wurden manuell gebildet.

Schaubild 1 gibt einen Überblick über die räumliche Verteilung der Typen innerhalb Baden-Württembergs. Die strukturellen Merkmale der Binnenwanderungstypen sind in der Übersicht zusammengefasst.

Stützzeitraum

Die Quoten zur Entwicklung der Sterbefälle sowie der regionalen Wanderungsverhältnisse wurden gestützt auf einen zurückliegenden Zeitraum berechnet. Als Stützzeitraum dienten die Jahre 2017 bis 2019 sowie 2023. Die Jahre 2020 bis 2022 wurden aufgrund der Sondersituation im Rahmen der Coronapandemie nicht berücksichtigt. Die in dieser Zeit erhöhte Sterblichkeit insbesondere in den höheren Altersjahren und die teilweise geltenden Wanderungsbeschränkungen würden die Daten zu stark verzerren. Die Geburtenraten wurden auf Grundlage der Jahre 2021 bis 2023 berechnet, um der aktuell niedrigeren Geburtenrate Rechnung zu tragen (genaueres hierzu siehe im Folgenden).

Annahmen

Die Annahmen der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung und der Vorausberechnung auf Landesebene wurden miteinander abgestimmt. Die Berechnung der jeweiligen Raten und Quoten erfolgte alters- und geschlechtsspezifisch.

Geburtenhäufigkeit

Wie sich die Geburtenrate in Zukunft entwickeln wird, kann nur schwer abgeschätzt werden. Während die Geburtenrate (TFR) in den Jahren 2010 bis 2021 mit einem Wert von ca. 1,6 leicht angestiegen war bzw. auf relativ hohem Niveau verharrte, sank die TFR in den Jahren 2022 und 2023 deutlich auf zuletzt 1,44. In wirtschaftlich guten Zeiten verwirklichen mehr Paare einen bestehenden Kinderwunsch als in Phasen wirtschaftlicher Ungewissheit. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten (insbesondere Wohnkosten) sowie die wirtschaftliche Unsicherheit aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen und globalen Entwicklungen wurden als dämpfender Effekt auf die Geburtenrate angesehen. Für die Berechnung der Geburtenraten wurden die errechnete mittlere Bevölkerung der Frauen im Alter von 15 bis 45 Jahren sowie die Zahl der Lebendgeborenen von Müttern im selben Alter der Jahre 2021 bis 2023 herangezogen. Ein weiterer Trend hin zur »späteren Geburt« wurde nicht mehr unterstellt.

Lebenserwartung und Sterblichkeit

Die Lebenserwartung der Menschen in Baden-Württemberg hat in den letzten Jahrzehnten fast ununterbrochen zugenommen. Lediglich die Auswirkungen der Coronapandemie haben kurzzeitig zu einem Bruch in dieser Entwicklung geführt. Entsprechend der Daten der jüngsten Sterbetafelberechnungen (2021/23) können neugeborene Mädchen aktuell mit einer Lebenserwartung von 83,9 Jahren rechnen. Heute geborene Jungen werden voraussichtlich im Schnitt 79,6 Jahre alt. Allerdings hat sich bereits vor der Coronapandemie gezeigt, dass die Zunahme der Lebenserwartung in den letzten Jahren tendenziell rückläufig ist. Daher wurde für die Vorausberechnung auf Landesebene ein Anstieg der Lebenserwartung der Männer um knapp 3 Jahre und für Frauen um etwa 2 Jahre bis zum Jahr 2060 angenommen. Für die regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung wurde bezüglich der Lebenserwartung entsprechend der Annahmen der Vorausberechnung auf Landesebene angenommen, dass diese weiterhin (leicht) zunehmen wird.

Die Berechnung der Sterberaten erfolgte auf der Grundlage der Sterbefälle der Jahre 2017 bis 2019 sowie 2023. Die Jahre 2020 bis 2022 wurden aufgrund der Sondereffekte im Zusammenhang mit der Coronapandemie und der dadurch höheren Sterblichkeit insbesondere in den oberen Altersjahren, von der Berechnung der Sterberaten ausgeschlossen. Zudem wurde für die oberste Alterskategorie der 99-Jährigen und Älteren eine feste Sterberate vorgegeben. Eine zu hohe Rate für diese Gruppe würde aufgrund der mitunter sehr kleinen Fallzahlen in den Gemeinden dazu führen, dass bis zum Vorausberechnungsjahr 2045 keine Personen mehr in dieser Altersgruppe vorhanden wären. Im umgekehrten Fall hätte eine zu niedrige Sterberate zur Folge, dass die Gruppe der mindestens 99-Jährigen unrealistisch anwachsen würde. Anhand der Erfahrungswerte der vorangegangenen Vorausberechnungen wurde die Sterberate für die mindestens 99-jährigen Männer daher auf 0,45 und für die Frauen dieser Altersgruppe auf 0,4 festgesetzt. Da erste Testrechnungen gezeigt hatten, dass die Ergebnisse der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung insbesondere in den oberen Altersjahren deutlich von der Vorausberechnung auf Landesebene abwichen, wurden die Sterberaten der Personen im Alter von 90 bis 98 Jahren zusätzlich um 5 % reduziert.4

Wanderungen

Da in Baden-Württemberg allein auf Grundlage der natürlichen Bevölkerungsentwicklung (siehe hierzu i-Punkt »Modellrechnung – Natürliche Bevölkerungsentwicklung ohne Wanderungen«) ein Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen wäre, bilden die Zu- bzw. Fortzüge über die Landesgrenze die wichtigste Einflussgröße für die Entwicklung der Bevölkerung. Seit mehreren Jahrzehnten weist Baden-Württemberg einen positiven Wanderungssaldo auf – das heißt pro Jahr ziehen mehr Menschen nach Baden-Württemberg als das Land verlassen. Allerdings schwankten die Werte von Jahr zu Jahr teilweise erheblich. Besonders hoch waren die Zugewinne zuletzt in den Jahren 2015 und 2022, in denen viele Schutzsuchende nach Deutschland und damit auch nach Baden-Württemberg kamen. Demgegenüber betrug der Wanderungssaldo in den Jahren 2006, 2008 und 2009 weniger als 5.000 Personen (siehe Schaubild 2).

Die zukünftige Entwicklung des Wanderungsgeschehens hängt von mehreren Faktoren ab. Neben unvorhersehbaren, kurzfristigen Entwicklungen wie beispielsweise dem Krieg in der Ukraine, sind die Flüchtlingspolitik der EU sowie insbesondere die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von entscheidender Bedeutung für die Zuwanderung nach Deutschland bzw. Baden-Württemberg. Sollte Baden-Württemberg weiterhin ein Standort mit vielen hochbezahlten Stellen in der Industrie bleiben, dürfte ein Umzug hierher insbesondere für junge, qualifizierte Personen aus dem übrigen Bundesgebiet, der EU und dem sonstigen Ausland attraktiv sein. Im Gegensatz dazu würde ein deutlicher wirtschaftlicher Abschwung sehr wahrscheinlich dazu führen, dass weniger Personen hierher kommen. Zudem ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass auch die übrigen EU-Staaten von den Auswirkungen des demografischen Wandels betroffen sind und dort ebenso wie hier die Gruppe der jungen, sehr mobilen Personen tendenziell schrumpft. Damit ist bereits die Grundmenge derer, die typischerweise zur Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung in ein anderes Land ziehen, in Zukunft kleiner, was zu einem Rückgang der Wanderungsbewegungen führen dürfte.

Für die Hauptvariante der Vorausberechnung auf Landesebene wurde auf Grundlage des Durchschnitts der vergangenen Jahrzehnte angenommen, dass die Wanderungsgewinne ab dem Jahr 2026 jährlich 55.000 Personen betragen wird. Für das Jahr 2024 wurde ein Wanderungsgewinn von 37.000 Personen angenommen. Der Wert für 2025 wurde anhand der Werte für 2024 und 2026 interpoliert.5

Für die regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung wurden die angenommenen Wanderungsgewinne der Hauptvariante auf Landesebene als Eckwerte übernommen. Die Berechnung in SIKRUS erfordert neben dem Wanderungssaldo zudem die Angabe von Wegzugsraten6 sowie Zuzugsquoten7. Die Berechnung dieser Raten und Quoten stützte sich auf die Zu- und Fortzüge der Jahre 2017 bis 2019 und 2023. Dabei wurden sowohl die Wanderungsbewegungen innerhalb Baden-Württembergs, das heißt zwischen den Gemeinden des Landes, als auch dem übrigen Bundesgebiet bzw. dem Ausland berücksichtigt.

Unterschiedliche Entwicklung je nach Wanderungstyp

Betrachtet man die Ergebnisse der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung getrennt nach Binnenwanderungstypen, wird erkennbar, dass sich diese in ihrer voraussichtlichen Entwicklung mitunter deutlich voneinander unterschieden. Zwar wurde für alle Typen bis zum Jahr 2045 ein Bevölkerungszuwachs errechnet, allerdings fallen diese Zugewinne je nach Typ größer bzw. kleiner aus (siehe Schaubild 3).

Der größte Zuwachs bis zum Jahr 2045 wurde für die Gemeinden der Typen 8 (Kur- und Erholungsorte) und 15 (Stuttgart) berechnet. Für beide Typen ergab sich insgesamt ein Bevölkerungswachstum von 5,5 %. Am geringsten wird die Bevölkerung entsprechend der vorliegenden Ergebnisse in den Gemeinden des Typs 3 zunehmen. Hier ist mit einem Anstieg der Bevölkerung um durchschnittlich 1,5 % bis zum Jahr 2045 zu rechnen. Ein genauerer Blick auf die Vorausberechnungsergebnisse in den Gemeinden und Landkreisen Baden-Württembergs wird in einem eigenen Monatsheftbeitrag behandelt werden.

Warum trotz Unsicherheit eine Vorausberechnung erstellen?

Kurzfristige Entwicklungen können nicht vorhergesehen werden und damit nicht in die Annahmen der Vorausberechnung einfließen. Ergibt sich beispielweise eine Sondersituation wie die Coronapandemie, durch die das Wanderungsgeschehen über einen längeren Zeitraum stark eingeschränkt war, kann die errechnete Bevölkerungsentwicklung nur schwer der tatsächlichen entsprechen. Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn deutlich mehr Wanderungen auftreten als angenommen – wie beispielsweise mit Beginn des Kriegs in der Ukraine, durch den innerhalb kurzer Zeit deutlich mehr Personen nach Deutschland bzw. Baden-Württemberg kamen, als absehbar war.

Wie bereits erwähnt handelt es sich bei der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung um eine Status-quo-Rechnung, die davon ausgeht, dass bestimmte Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Bevölkerung ebenso in der Zukunft fortbestehen werden. Sind in einer Gemeinde beispielsweise in den vergangenen Jahren viele junge Erwachsene weggezogen, wird diese Entwicklung aufgrund der berechneten Quoten und Raten auch für die zukünftige Bevölkerungsentwicklung angenommen. Verändern sich nun die Rahmenbedingungen, beispielsweise, weil eben diese Gemeinde erfolgreiche Maßnahmen ergreift, um junge Menschen in der Gemeinde zu halten, wird sich die tatsächliche Bevölkerungsentwicklung von der errechneten Entwicklung unterscheiden. Eine Vorausberechnung darf daher nicht mit einer Prognose gleichgesetzt werden.

Wie sich die Bevölkerung in Zukunft tatsächlich entwickeln wird kann niemand mit absoluter Sicherheit vorhersagen. Auch wenn der Versuch, einen Blick in die Zukunft zu werfen, folglich immer mit Unsicherheit behaftet sein wird und die hier vorgelegte Berechnung nicht den Anspruch erhebt, genau so einzutreten, haben Bevölkerungsvorausberechnungen dennoch ihren Nutzen. Sie ermöglichen eine Einschätzung dazu, wie sich die Bevölkerung in den betrachteten Gebietseinheiten unter bestimmten Voraussetzungen wahrscheinlich entwickeln wird. Auf diese Weise können mögliche unerwünschte Entwicklungstrends identifiziert und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, um die Entwicklung in eine andere Richtung zu lenken. In diesem Fall wird das vorausberechnete Ergebnis zwar definitiv daneben liegen, die Vorausberechnung selbst hat aber ihren Zweck, politische Entscheidungen mit Informationen zu möglichen Entwicklung zu unterstützen, erfüllt.

1 Das Merkmal Geschlecht kann Fälle mit der Ausprägung »unbestimmt« (ab dem Berichtsjahr 2019 »divers«) enthalten. Da diese nicht gesondert fortgeschrieben, sondern durch ein Umschlüsselungsverfahren auf die Kategorien männlich und weiblich verteilt werden, bleibt diese Unterscheidung unberücksichtigt.

2 Auf Grundlage der Daten des Stützzeitraums werden Raten bzw. Quoten für die einzelnen Typen berechnet. Beispielsweise bilden die Sterbefälle in den Gemeinden der Jahre 2017 bis 2019 sowie 2023 die Basis für die Berechnung der Sterberaten. Je Typ wird anhand dieser Daten für jede Altersgruppe eine spezifische Sterberate ermittelt. Bei der Berechnung erhalten dann alle Gemeinden eines Typs jeweils die gleichen Sterberaten je Altersgruppe. Quoten unterschieden sich gegenüber Raten insofern, dass alle Quoten einer Altersgruppe (unabhängig vom Typ) aufsummiert den Wert 1 ergeben.

3 Da die Pflegeplatzdichte aus Geheimhaltungsgründen erst ab Kreisebene veröffentlicht werden darf, wird hier nicht näher darauf eingegangen.

4 Im Schnitt lag die Zahl der Personen dieser Altersjahre in der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung ca. 5 % unter den Werten der Vorausberechnung auf Landesebene.

5 Auf Landeseben wurden zudem zwei weitere Varianten berechnet, die sich von der Hauptvariante bezüglich des angenommenen Wanderungssaldos unterscheiden: die untere Variante geht von einem Rückgang des Wanderungssaldos auf rund 35.000 Personen ab dem Jahr 2026 aus, während die obere Variante annimmt, dass der Wanderungssaldo ab 2026 auf jährlich 75.000 Personen anwachsen wird. Auf die Berechnung einer unteren oder oberen Variante in regionalisierter Form wurde verzichtet.

6 Grundlage sind die Wegzüge nach Alter und Geschlecht bezogen auf die jeweilige Bevölkerungsgruppe. Es werden getrennte Raten für die Wegzüge zwischen den Wanderungstypen (Binnenwegzugsraten) und die Wanderungen über die Landesgrenze in das übrige Bundesgebiet bzw. das Ausland (Außenwegzugsraten) berechnet.

7 Das Zuzugsvolumen wird in einem ersten Schritt von SIKURS auf die einzelnen Altersjahre und das Geschlecht (Zuzugsquoten) verteilt. In einem zweiten Schritt werden die nach demografischen Gruppen aufgeteilten Zuzüge auf die Zieltypen verteilt (Allokationsquoten).