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Pressemitteilung 27/2024

April 2023: Weniger Beschäftigungsverhältnisse im Niedriglohnsektor als im Vorjahr

In 5,5 % der Beschäftigungsverhältnisse wird Mindestlohn gezahlt

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes waren im April 2023 rund 15 % aller Beschäftigungsverhältnisse in Baden-Württemberg Jobs im Niedriglohnsektor. Hierbei handelt es sich um Arbeit, für die weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttostundenverdienstes (Median) gezahlt wird. Das heißt, es wurden ca. 846 000 Jobs im Südwesten unterhalb der Niedriglohnschwelle von 13,04 Euro brutto je Stunde entlohnt. Damit sank die Anzahl niedrig entlohnter Jobs um rund 94 000 Beschäftigungsverhältnisse im Vergleich zum Vorjahr, als die deutschlandweite Niedriglohnschwelle noch 12,50 Euro/Stunde betrug (April 2022: 0,94 Millionen; April 2018: 0,97 Millionen). Der Anteil der niedrig entlohnten Jobs an allen ca. 5,6 Millionen Beschäftigungsverhältnissen im Land (ohne Auszubildende) reduzierte sich damit von 16,6 % auf 15,0 % (2018: 17,3 %) und lag somit niedriger als auf Bundesebene (ca. 16 %).

Dabei waren auch weiterhin mehr Frauen als Männer im Niedriglohnbereich tätig (18,9 % gegenüber 11,4 %). Bei den unter 25-Jährigen (40,3 %) sowie Personen mit 65 Jahren und älter (34,1 %) erhielt mehr als jeder dritte Job eine Vergütung im Niedriglohnbereich, während die Altersgruppen dazwischen deutlich weniger häufig davon betroffen waren (im Schnitt ca. 11,6 %).

Über die Hälfte der Jobs im Gastgewerbe im Niedriglohnsektor

Ein Blick auf die Wirtschaftsbereiche zeigt, dass der Anteil der Niedriglohnjobs im Dienstleistungsbereich mit ca. 18 % (ca. 0,71 Millionen Jobs) deutlich höher liegt als im Produzierenden Gewerbe (etwa 7 % bzw. 0,12 Millionen Jobs).

Betrachtet man die Ergebnisse für die einzelnen Branchen wird zudem deutlich, dass besonders im Gastgewerbe der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten, trotz leichten Rückgangs zum Vorjahr, weiterhin sehr hoch bleibt. So wurde dort im April 2023 mehr als jedes 2. Beschäftigungsverhältnis (52,3 %) im Niedriglohnbereich vergütet. Auch bei der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (u. a. Reisebüros, KfZ-Vermietung, Wachdienste, Gebäudereinigung, Call Center) sowie der Erbringung von sonstigen Dienstleistungen (u. a. Reparaturarbeiten, Bestattungsunternehmen, Solarien, Friseursalons) gab es überdurchschnittlich viele Beschäftigte im Niedriglohnsektor (30,9 % und 25,3 %). Wohingegen deren Anteil in der Öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung (4,4 %), im Verarbeitenden Gewerbe (6,3 %), bei Erziehung und Unterricht (8,4 %) sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (9,6 %) im April 2023 besonders niedrig war.

2,7 % der Beschäftigungsverhältnisse unter Mindestlohn

Der im Jahr 2015 eingeführte gesetzliche Mindestlohn stieg zwischen April 2022 und April 2023 von 9,82 Euro auf 12 Euro pro Stunde. Dadurch ergibt sich für April 2023 bei einer durchschnittlich angenommenen Wochenarbeitszeit von 39,9 Stunden ein monatlicher Mindestlohn von etwa 2 080 Euro für Vollzeitkräfte, während dieser im April 2022 noch bei 1 702 Euro lag (2018: 1 532 Euro/Monat bei 8,84 Euro Mindestlohn pro Stunde). Der gesetzliche Mindestlohn betrug damit etwas weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Bruttomonatsverdiensts Vollzeitbeschäftigter in Baden-Württemberg, der im April 2023 bei 4 568 Euro (ohne Sonderzahlungen) lag.

Die Auswertungen der Verdiensterhebung für April 2023 zeigen weiterhin, dass rund 306 000 bzw. 5,5 % der ca. 5,6 Millionen abhängig Beschäftigten in Baden-Württemberg Verdienste erzielten, die im Mindestlohnbereich lagen, d. h. sie erhielten Stundenlöhne zwischen 11,95 und 12,04 Euro. Von diesen 306 000 Beschäftigten waren rund 60 % (183 000) Frauen und 40 % (123 000) Männer. Einen rechnerischen Stundenverdienst unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns erhielten 2,7 % (149 000) aller mindestlohnberechtigten Beschäftigten im Südwesten.‫‬‬‬‬‬‬‬‬‬‬‬‬‬‬‬‬

Tabelle 1

Ergebnisse der Verdiensterhebung April 2023 in Deutschland und in Baden-Württemberg
Gegenstand der Nachweisung Einheit Deutschland Baden-Württemberg
in 1000 in % in 1000 in %

1) Da es sich um Ergebnisse einer Stichprobe handelt, und die Ergebnisse immer mit einem Stichprobenfehler behaftet sind, wird um die Bruttostundenverdienstgrenze "Mindestlohn 2023" ein Intervall (>11,95 Euro und <=12.04 Euro) gelegt.

2) Bezogen auf mindestlohnberechtigte Beschäftigungsverhältnisse in Übereinstimmung mit der Mindestlohnkommission (ohne Auszubildende, Praktikantinnen/Praktikanten, Minderjährige und Beschäftigte in Altersteilzeit). Bei der Berechnung des Bruttostundenverdienstes wurden Sonderzahlungen, Überstundenvergütung und Zuschläge sowie die bezahlten Überstunden nicht berücksichtigt.

3) Bruttomonatsverdienst von Vollzeitbeschäftigten: Bruttoverdienst ohne Sonderzahlungen, einschließlich Zuschläge und Überstundenvergütung. Ohne Auszubildende.

Datenquelle: Verdiensterhebung April 2023, Berechnungen des Statistischen Bundesamtes

Beschäftigungsverhältnisse ingesamt (ohne Auszubildende) 1000 39 357 100 5 646 100
Beschäftigungsverhältnisse mit Niedriglohn 1000 6 397 16,3 846 15,0
Frauen im Niedriglohnbereich 1000 3 678 19,4 508 18,9
Männer im Niedriglohnbereich 1000 2 720 13,3 338 11,4
Beschäftigungsverhältnisse, für die Mindestlohngesetz gilt 1000 39 059 100 5 590 100
Beschäftigungsverhältnisse mit Mindestlohn (11,95 - 12,04 €) 1) 1000 2 409 6,2 (306) 5,5
Frauen mit Mindestlohn 1000 1 365 56,7 (183) 59,8
Männer mit Mindestlohn 1000 1 043 43,3 (123) 40,2
Beschäftigungsverhältnisse unter Mindestlohn (<11,95 €) 1000 1 022 2,6 (149) 2,7
Mittlerer Bruttostundenverdienst Vollzeittätiger (Median) 2) Euro 21,85 X 23,37 X
Durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst von Vollzeitbeschäftigten 3) Euro 4 323 X 4 568 X

Weitere Informationen

Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Dritteln des mittleren Verdienstes (Median) entlohnt werden. Die Niedriglohnschwelle lag dabei im April 2023 bei 13,04 Euro und im April 2022 bei 12,50 Euro brutto je Stunde (April 2018 noch bei 11,05 Euro brutto je Stunde). Auszubildende werden bei dieser Analyse ausgeschlossen.

Der gesetzliche Mindestlohn ist eine verbindliche Lohnuntergrenze für alle abhängig Beschäftigten in Deutschland (Ausnahmen u.a. Praktikanten, Auszubildende, Minderjährige ohne abgeschlossene Ausbildung). Er wurde 2015 eingeführt und betrug damals 8,50 Euro/Stunde. Seitdem gab es diverse Mindestlohnerhöhungen z. B. zum 01.01.2022 auf 9,82 Euro, zum 01.07.2022 auf 10,45 Euro und zum 01.10.2022 auf 12 Euro je Stunde. Festgelegt wird die Anpassung des Mindestlohns alle zwei Jahre mittels Vorschlags der Mindestlohnkommission. Diese evaluiert als unabhängiges Gremium, bestehend aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen sowie wissenschaftlichen Beratern, die Auswirkungen des Mindestlohns. Abweichend davon wurde die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro/Stunde zum 01.10.2022 im Koalitionsvertrag festgelegt, also direkt von der Bundesregierung beschlossen. Die aktuelle Mindestlohnanpassung vom 01.01.2024 auf 12,41 Euro/Stunde erfolgte wieder auf Vorschlag der Mindestlohnkommission. Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es noch tariflich ausgehandelte Branchenmindestlöhne, die in der Regel höher liegen als der gesetzliche Mindestlohn und für Arbeitnehmende in der entsprechenden Branche gelten.

Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie Minderjährige werden bei den Auswertungen zum Mindestlohn ausgeschlossen, da für sie auch gesetzlich entsprechende Ausnahmeregelungen bestehen. Die Auswertungen zu Beschäftigungsverhältnissen mit Mindestlohnvergütung beziehen sich auf Bruttostundenverdienste in einem Bereich zwischen 11,95 Euro und 12,04 Euro. Da nicht alle Regelungen des Mindestlohngesetzes (z. B. Praktikumsverhältnisse) absolut eindeutig in der Verdienststatistik abgrenzbar sind, können auch die ausgewiesenen Jobs, die unterhalb des gesetzlichen Mindestlohnes liegen, nicht eins zu eins als Verstöße gegen das Mindestlohngesetz (sogenannte Non-Compliance) gewertet werden.

Die hier dargestellten Ergebnisse beruhen auf der Verdiensterhebung für April 2022 und April 2023, in der mit einer geschichteten Stichprobe von rund 5 300 Betrieben Angaben zu Verdiensten und Arbeitszeiten der abhängig Beschäftigten in Baden-Württemberg erhoben werden.

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