Über 600 000 Menschen in Baden-Württemberg konnten sich 2022 angemessenes Heizen nicht leisten
Bevölkerungsanteil gegenüber Vorjahr mehr als verdoppelt
Immer mehr Personen können sich eine als ausreichend empfundene Beheizung ihrer Wohnung in der kalten Jahreszeit nicht leisten. Nach ersten Ergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2022 lebten rund 633 000 Menschen in Baden-Württemberg in Haushalten, die laut eigener Einschätzung aus finanziellen Gründen in ihrem Zuhause Temperaturen unterhalb ihrer persönlichen Wohlfühlgrenze haben.
Gemessen an der Gesamtbevölkerung in Baden-Württemberg ergab sich ein im Jahr 2022 ein Anteil von 5,7 %. Deutschlandweit war er mit 6,6 % noch etwas höher. Im Jahr 2021 beliefen sich die Anteile in Baden-Württemberg noch auf 2,4 %, bundesweit auf 3,3 %. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Wert im Südwesten mehr als verdoppelt und ist damit stärker angestiegen als im Bund. Grund für den Anstieg dürften vor allem die höheren Energiepreise im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und steigende Lebenshaltungskosten gewesen sein.
EU-weit gab knapp ein Zehntel (9,3 %) der Bevölkerung Europas an in Haushalten zu leben, in denen die finanziellen Mittel zum Heizen begrenzt waren. Besonders ausgeprägt zeigte sich dieses Problem in Bulgarien, wo nahezu ein Viertel der Bevölkerung (22,5 %) betroffen war. Dicht gefolgt von Zypern (19,2 %), Griechenland (18,7 %), Portugal und Litauen (jeweils 17,5 %). Am niedrigsten war im Jahr 2022 der Anteil in Finnland (1,4 %), Luxemburg (2,1 %) und Slowenien (2,6 %).
Tabelle 1
| Bevölkerung in Baden-Württemberg und den EU-Staaten 2022, die nicht in der Lage ist, die Wohnung angemessen warm zu halten*) | |
|---|---|
| Staat/Region | Anteil in % |
|
*) Selbsteinschätzung der Haushalte. Ergebnisse der Erhebung EU-SILC. Datenquelle EU-Staaten: Eurostat (Stand November 2023). © Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2023 |
|
| Finnland | 1,4 |
| Luxemburg | 2,1 |
| Slowenien | 2,6 |
| Österreich | 2,7 |
| Tschechien | 2,9 |
| Schweden | 3,3 |
| Estland | 3,4 |
| Ungarn | 4,7 |
| Polen | 4,9 |
| Belgien | 5,1 |
| Dänemark | 5,1 |
| Niederlande | 5,3 |
| Baden-Württemberg | 5,7 |
| Deutschland | 6,6 |
| Kroatien | 7,0 |
| Lettland | 7,1 |
| Slowakei | 7,1 |
| Irland | 7,2 |
| Malta | 7,6 |
| Italien | 8,8 |
| Europäische Union | 9,3 |
| Frankreich | 10,7 |
| Rumänien | 15,2 |
| Spanien | 17,1 |
| Litauen | 17,5 |
| Portugal | 17,5 |
| Griechenland | 18,7 |
| Zypern | 19,2 |
| Bulgarien | 22,5 |
Weitere Informationen
Was bedeutet das, angemessen heizen?
Die Einschätzung der Angemessenheit des Heizens liegt im Ermessen der befragten Haushalte. Hierbei wird gefragt: »Was kann sich Ihr Haushalt finanziell leisten? … Die Wohnung angemessen warm zu halten.« Die Frage kann mit ja oder nein beantwortet werden. Die Selbsteinschätzung der Haushalte zum angemessenen Heizen der Wohnung ist eines von dreizehn Kriterien zur Messung der materiellen und sozialen Entbehrung (Deprivation).
Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). EU-SILC ist die amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armutsgefährdung und Lebensbedingungen sowohl auf Landesebene, wie auch in Deutschland und in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Bei den hier erwähnten Ergebnissen für 2022 handelt es sich um Erstergebnisse.
Seit 2020 wird die EU-SILC Erhebung als Teilstichprobe des Mikrozensus mit Auskunftspflicht durchgeführt. Die Ergebnisse sind aufgrund weitreichender methodischer Umstellungen nicht mit Ergebnissen der EU-SILC-Erhebungen vor 2020 vergleichbar.
Ausführliche methodische Hinweise: Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC)