Unbereinigter Gender Pay Gap 2025 bei 20 %
Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern in der Privatwirtschaft mehr als doppelt so hoch wie im öffentlichen Dienst.
Im Jahr 2025 erhielten weibliche Beschäftigte in Baden-Württemberg einen durchschnittlichen Bruttostundenverdienst (ohne Sonderzahlungen) von 23,20 Euro (2024: 22,80 Euro), während der Durchschnittsstundenverdienst bei männlichen Arbeitnehmenden 28,88 Euro (2024: 28,20 Euro) pro Stunde betrug. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes verdienten Frauen im Südwesten damit durchschnittlich 20 % (5,68 Euro) weniger pro Stunde als Männer. Der unbereinigte Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen in Baden-Württemberg erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig um knapp einen Prozentpunkt (2024: 19 % bzw. 5,40 Euro). Auch im Jahr 2025 war die Verdienstlücke im Land weiterhin größer als im gesamten Bundesgebiet (16 %).
Wie unterschiedlich die Verdienstdifferenzen bei weiblichen und männlichen Arbeitnehmenden in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen ausfallen, zeigt sich bei der Gegenüberstellung von Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst. Die einheitliche Definition von Eurostat zur Berechnung des Gender Pay Gap schließt die Wirtschaftsabschnitte A (Land- und Forstwirtschaft; Fischerei) und O (Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung) zwar aus. Unter Einbezug des Wirtschaftsabschnitts O lag der unbereinigte Gender Pay Gap im Jahr 2025 allerdings bei 19 %. Dies liegt daran, dass im öffentlichen Dienst - hier abgegrenzt auf die öffentliche Verwaltung (Abschnitt O) sowie Erziehung und Unterricht (Abschnitt P) - deutlich kleinere Verdienstlücken zwischen den Geschlechtern bestehen. So lag der unbereinigte Gender Pay Gap im Südwesten in der Privatwirtschaft mit 21 % mehr als doppelt so hoch wie im öffentlichen Dienst mit 9 %.
Den größten Einfluss auf den Verdienstunterschied in Baden-Württemberg hat dabei generell der Umstand, dass Frauen vielfach in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, die schlechter vergütet werden. Außerdem haben sie häufiger als Männer Unterbrechungen in ihrer Erwerbsbiografie und sind öfter als Männer in Teilzeit beschäftigt, was durchschnittlich auch mit geringeren Bruttoverdiensten pro Stunde einhergeht.
Beim bereinigten Gender Pay Gap wird eben jener Teil des Verdienstunterschieds herausgerechnet, der auf solche strukturellen Unterschiede zurückzuführen ist. z. B. auf Unterschiede bei ausgeübtem Beruf, Arbeitsumfang, Bildungsstand, Dauer der Unternehmenszugehörigkeit oder beim Anteil von Frauen in Führungspositionen. Die bereinigte Version beschreibt somit den Verdienstunterschied von Frauen und Männern in einer ähnlichen beruflichen Situation bzw. Position. Gemessen am bereinigten Gender Pay Gap verdienten Frauen in Baden-Württemberg im Jahr 2025 pro Stunde 6 % weniger als Männer in vergleichbarer beruflicher Position und Situation. Die bereinigte Verdienstdifferenz zwischen den Geschlechtern stieg also geringfügig im Vergleich zum Vorjahr (2024: 5 %) und lag dadurch wieder im Bundesdurchschnitt (6 %). Da weitere für den Verdienst relevante Einflussfaktoren, wie beispielsweise Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Elternzeit und Pflege von Angehörigen, für die Analyse nicht zur Verfügung stehen und damit nicht herausgerechnet werden können, dürfte der bereinigte Verdienstunterschied tatsächlich eher noch etwas geringer ausfallen als hier dargestellt.
Bei genauerer Betrachtung lässt sich festhalten, dass sich mit den für die Analyse zur Verfügung stehenden Variablen immerhin mehr als zwei Drittel (69 %) des unbereinigten Gender Pay Gap erklären lassen. Dies entspricht rund 3,92 Euro der unbereinigten Differenz von 5,68 Euro/Stunde (2024: 5,40 Euro). Eine wichtige Ursache für den Verdienstabstand ist der Umstand, dass Frauen häufig in Branchen und Berufen tätig sind, in denen die Bezahlung geringer ist. Hierdurch lassen sich 1,37 Euro (2024 ca. 1,33 Euro) und damit ein Großteil des Verdienstunterschieds im Südwesten begründen. Gleichzeitig sank dieser Erklärungsanteil aber weiter von 28,9 % in 2023 auf ca. 24,7 % im Jahr 2024 bis auf aktuell ca. 24,1 %. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Berufe und Branchen, in denen Frauen tätig sind, inzwischen besser bezahlt werden. Zum anderen arbeiten weibliche Arbeitnehmende häufiger in Teilzeit (erklärt 0,88 Euro bzw. 15,4 %) oder als geringfügig Beschäftigte (erklärt 0,28 Euro oder 5 %), was mit insgesamt geringeren durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten einhergeht. Auch ein weniger hohes Anforderungsniveau der ausgeübten Tätigkeit (Kategorien: Helfer, Fachkraft, Spezialist, Experte) beeinflusst den Verdienstunterschied deutlich, wodurch weitere 0,72 Euro oder 12,6 % Erklärungsanteil hinzukommen. Des Weiteren liefert zum Beispiel die Höhe des Ausbildungsabschlusses (erklärt 0,33 Euro oder 5,9 %), neben einigen anderen Faktoren wie, Dienstalter, Einfluss der öffentlichen Hand auf die Unternehmensführung, Befristung des Arbeitsvertrages und anderem, kleinere Erklärungsanteile für die unterschiedlich hohe Vergütung der Geschlechter.
Etwa 31 % des Verdienstunterschieds zwischen Männern und Frauen lassen sich dagegen letztlich nicht durch die verfügbaren Merkmale im Schätzmodell erklären. Hierbei handelt sich um den bereinigten Gender Pay Gap von 6 %, welcher noch 1,76 Euro des Bruttoverdienstunterschieds unerklärt lässt.
Weitere Informationen
Methodische Hinweise:
- In der amtlichen Statistik wird zwischen dem unbereinigten und bereinigten Gender Pay Gap unterschieden, die jeweils eine unterschiedliche Aussagekraft haben. Beim unbereinigten Gender Pay Gap werden die strukturellen Unterschiede, u.a. in den Ausbildungsabschlüssen, der Berufswahl und der Erwerbsbiografie zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten, auf welche die Verdienstdifferenzen zum Großteil zurückzuführen sind, nicht berücksichtigt. Es werden also die Bruttostundenverdienste ohne Anpassungen gegenübergestellt und damit die tatsächliche Situation auf dem Arbeitsmarkt (strukturelle Unterschiede und Zugangshürden für Frauen) abgebildet. Beim bereinigten Gender Pay Gap werden eben diese unterschiedlichen Einflussfaktoren berücksichtigt und herausgerechnet, so dass letztlich der Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen mit möglichst ähnlichen Merkmalen, also in vergleichbarer Situation und Position verglichen wird.
- Die Angabe des bereinigten Gender Pay Gap ist seit 2022 jährlich auf Basis der Verdiensterhebung möglich. Bis zum Berichtsjahr 2021 wurde der Gender Pay Gap basierend auf der vierjährlichen Verdienststrukturerhebung (VSE), die letztmalig für das Berichtsjahr 2018 durchgeführt und anschließend mit den Ergebnissen der vierteljährlichen Verdiensterhebung (VVE) fortgeschrieben wurde, berechnet. Ab dem Berichtsjahr 2022 löste die neue monatliche Verdiensterhebung (VE) die Vorgängererhebungen ab. Die VE weist zum Teil eine neue Erhebungsmethodik und Erhebungsmerkmale auf. So werden z.B. fast alle Arbeitnehmenden des berichtspflichtigen Betriebs einbezogen, so dass auch der Anteil der verdienststärksten Beschäftigten qualitativ besser abgebildet wird und dadurch höher ist als in den Vorgängererhebungen. Bedingt durch die Umstellung auf die neue Verdiensterhebung mussten im Bereinigungsverfahren des Gender Pay Gap methodische Änderungen vorgenommen werden. Daher besteht zwischen den Jahren 2021 und 2022 ein Bruch in der Zeitreihe und eine eingeschränkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse vor und nach dem Jahr der Erhebungsumstellung.
- Für die Berechnung des Gender Pay Gaps wird jeweils der April als repräsentativer Erhebungsmonat herangezogen. Der Gender Pay Gap ist definiert als Differenz zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten männlicher und weiblicher Beschäftigter im Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttostundenverdienst männlicher Beschäftigter.
Die Berechnung erfolgt für Beschäftigte nach der EU-Abgrenzung (Beschäftigte ohne die Wirtschaftszweige „Land- und Forstwirtschaft, Fischerei“ und „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung“ und ohne Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten). - Die Angaben zum Wirtschaftszweig Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung werden nicht direkt über die Verdienststatistik erhoben, sondern anhand der Daten aus der Personalstandstatistik (Stand 2023) abgeleitet.
- Themenseite „Verdienste und Arbeitszeit“
- Monatsheftbeitrag: „Gender Pay Gap 2024 – Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern in Baden-Württemberg“