Voraussichtlich rund 840 000 Jobs in Baden-Württemberg von geplanter Mindestlohnerhöhung auf 13,90 Euro/Stunde betroffen
Verdienstsumme der betroffenen Beschäftigungsverhältnisse steigt um geschätzt 46 Millionen Euro
Wie das Statistische Landesamt Baden-Württemberg mitteilt, werden von der geplanten Mindestlohnerhöhung zum 1. Januar 2026 - von derzeit 12,82 Euro auf dann 13,90 Euro pro Stunde - Schätzungen zufolge rund 840 000 Beschäftigungsverhältnisse im Südwesten betroffen sein. So wurden 15 % der rund 5,6 Millionen Jobs in Baden-Württemberg im April 2024 mit einer Vergütung unterhalb der geplanten 13,90 Euro/Stunde bezahlt.
Bei einer künftigen Bezahlung dieser Jobs mit dem neuen Mindestlohn ergäbe sich für die betroffenen Beschäftigungsverhältnisse insgesamt eine geschätzte Erhöhung der Verdienstsumme um maximal gut 6 %. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Baden-Württemberg werden für die Erhöhung des Mindestlohns auf 13,90 Euro/Stunde geschätzt rund 46 Millionen Euro zusätzlich aufbringen müssen.
Die Schätzungen basieren auf den Daten der Verdiensterhebung für April 2024 und der rechnerischen Annahme, dass in den oben genannten Beschäftigungsverhältnissen mindestens der zuletzt gültige Mindestlohn gezahlt wird. Zwischenzeitliche Lohnentwicklungen wurden dabei nicht berücksichtigt, so dass die genannten Ergebnisse bei gleichbleibender Beschäftigtenanzahl und -struktur als Obergrenze zu verstehen sind.
Größte Betroffenheit von geplanter Mindestlohnerhöhung im Gastgewerbe
Von der Mindestlohnerhöhung auf 13,90 Euro/Stunde profitieren rund 56 % der geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnisse. Daneben sind Beschäftigungsverhältnisse von Frauen mit gut 18 % häufiger von der Erhöhung der gesetzlichen Verdienstuntergrenze betroffen als Männer mit 12 %. Auch der personalstarke, aber tendenziell niedriger vergütete Dienstleistungsbereich dürfte mit 18 % seiner Jobs einen stärkeren positiven Verdiensteffekt durch die Mindestlohnsteigerung spüren als Arbeitsverhältnisse im Produzierenden Gewerbe, wo im April 2024 nur 7 % unter dem künftigen Mindestlohn verdienten. Entsprechend gibt es auch innerhalb der einzelnen Branchen deutliche Unterschiede, was die Betroffenheit vom geplanten Mindestlohn angeht. So erhält bisher der Großteil der Beschäftigten im Gastgewerbe, mit 60 % der dortigen Jobs, einen Verdienst unterhalb von 13,90 Euro/Stunde und könnte entsprechend von der Anhebung profitieren. Ebenfalls deutlich wäre die Betroffenheit von der Mindestlohnerhöhung in der Branche »Kunst, Unterhaltung und Erholung« mit einem Anteil von etwa 45 % der dortigen Beschäftigungsverhältnisse.
Mindestlohnerhöhung auf 14,60 Euro betrifft geschätzt maximal 1,04 Millionen Jobs
In einem zweiten Schritt soll der Mindestlohn nach Beschluss der Mindestlohnkommission zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro pro Stunde angehoben werden. Von dieser erneuten vorgesehenen Erhöhung werden im Südwesten schätzungsweise höchstens 1,04 Millionen Jobs betroffen sein. Dies entspricht rund 19 % der Beschäftigungsverhältnisse insgesamt.
Nach den zugrundeliegenden Schätzungen anhand der Daten vom April 2024 könnte die Lohnsumme der Beschäftigten durch die zweite Mindestlohnerhöhung noch einmal um rund 48 Millionen Euro steigen.
Weitere Informationen
Methodische Hinweise
Bei den 5,6 Millionen Beschäftigungsverhältnissen wurden Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie Minderjährige ausgeschlossen, da für sie auch gesetzlich entsprechende Ausnahmeregelungen vom Mindestlohn bestehen. Inklusive dieser Personengruppen waren es im April 2024 rund 5,9 Millionen Beschäftigungsverhältnisse in Baden-Württemberg.
Alle gemachten Angaben beruhen auf den Daten der Verdiensterhebung für den Berichtsmonat April 2024. Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie Minderjährige werden bei den Auswertungen zum Mindestlohn ausgeschlossen, da für sie auch gesetzlich entsprechende Ausnahmeregelungen bestehen. Die Angaben zu Beschäftigungsverhältnissen unterhalb der geplanten Mindestlohnvergütung von 13,90 Euro/Stunde bzw. 14,60 Euro/Stunde beziehen sich auf Beschäftigungsverhältnisse mit Bruttostundenverdiensten (ohne Sonderzahlungen, Zuschläge, Überstundenverdienste und -stunden) etwas unterhalb dieses Mindestlohnwertes (13,85 Euro/Stunde bzw. 14,55 Euro/Stunde), um eine größere Zuverlässigkeit der Angaben zu erreichen.
Informationen zum Mindestlohn und der Mindestlohnentwicklung
Der gesetzliche Mindestlohn ist eine verbindliche Lohnuntergrenze für alle abhängig Beschäftigten in Deutschland (Ausnahmen u.a. Praktikanten, Auszubildende, Minderjährige ohne abgeschlossene Ausbildung). Er wurde 2015 eingeführt und betrug damals 8,50 Euro/Stunde. Seitdem gab es diverse Mindestlohnerhöhungen zum Beispiel zum 1. 1. 2022 auf 9,82 Euro, zum 1. 7. 2022 auf 10,45 Euro und zum 1. 1. 2022 auf 12 Euro je Stunde. Festgelegt wird die Anpassung des Mindestlohns alle zwei Jahre mittels Vorschlags der Mindestlohnkommission. Diese evaluiert als unabhängiges Gremium, bestehend aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen sowie wissenschaftlichen Beraterinnen und Beratern, die Auswirkungen des Mindestlohns. Abweichend davon wurde die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro/Stunde zum 1. 1. 2022 im Koalitionsvertrag festgelegt, also direkt von der Bundesregierung beschlossen. Die Mindestlohnanpassungen vom 1. 1. 2024 auf 12,41 Euro/Stunde und zum 1. 1. 2025 auf 12,82 Euro/Stunde erfolgten wieder auf Vorschlag der Mindestlohnkommission. Auch die geplante zweistufige Mindestlohnerhöhung auf 13,90 Euro/Stunde zum Jahr 2026 und auf 14,60 Euro/Stunde ab 2027 beruht auf dem am 27. Juni 2025 bekanntgegebenen Beschluss der Mindestlohnkommission (vorbehaltlich der zu erwartenden Umsetzung durch die Bundesregierung). Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es noch tariflich ausgehandelte Branchenmindestlöhne, die in der Regel höher liegen als der gesetzliche Mindestlohn und für Arbeitnehmende in der entsprechenden Branche gelten.