Methodik der Schülervorausberechnung
Methodik der Schülervorausberechnung
19.11.2025
Grundsätze der Methodik
Das Statistische Landesamt veröffentlicht jährlich eine Schülervorausberechnung. Diese schätzt die künftigen Schülerzahlen je Schulart und die Zahl der Schulabschlüsse nach Abschlussarten. Die Schülervorausberechnung wird ausschließlich auf Landesebene erstellt.
Es werden die Schülerzahlen an öffentlichen und privaten allgemeinbildenden und beruflichen Schulen ermittelt sowie auch nur für die öffentlichen Schulen. Außerdem werden die voraussichtlichen Schulabgänger nach dem Niveau des allgemeinbildenden Schulabschlusses berechnet, für allgemeinbildende und berufliche Schulen gemeinsam.
Eine Vorausberechnung ist keine Vorhersage. Anders als bei einer Wettervorhersage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung exakt so eintritt. Die Schülervorausberechnung basiert im Wesentlichen auf einem Status quo Ansatz. Das heißt sie beschreibt eine Entwicklung, die so ähnlich eintreten könnte, wenn sich die Rahmenbedingungen und die Präferenzen bei der Schulwahl nicht ändern.
Das Berechnungsmodell ist ein Komponentenverfahren, das den Durchlauf durch das Bildungssystem nachbildet (Simulationsansatz). Hierfür werden Annahmen zum Verhalten der Akteure innerhalb des Bildungswesens getroffen. Zur Bildung der Annahmen werden die Daten der zurückliegenden Jahre berücksichtigt. Als Stützzeitraum, der für die Vorausrechnungsjahre unterstellt wird, wird ein mehrjähriger Mittelwert gebildet (Status quo Ansatz). Um Sondersituationen nicht fortzuschreiben (z.B. Auswirkungen der starken Zuwanderung aus der Ukraine) werden geeignete Stützzeiträume ausgewählt.
Zum Vorausrechnungszeitpunkt absehbare Veränderungen werden berücksichtigt, indem in Abstimmung mit dem Kultusministerium Annahmen getroffen werden, wie sich diese auswirken könnten.
Die Annahmen betreffen im Einzelnen:
- die Einschulung,
- den Übergang in die nachfolgende Klassenstufe,
- das Wiederholen einer Klassenstufe,
- schulartexterne Zugänge aus anderen Schularten oder anderen Bundesländern und Staaten,
- den Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulen,
- die inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot,
- den Eintritt in Bildungsgänge an beruflichen Schulen und
- den Erwerb von Schulabschlüssen.
Details zu den für die aktuelle Modellrechnung getroffenen Annahmen sind weiter hinten beschrieben.
Datengrundlage der Vorausberechnung 2025
Ausgangspunkt der Berechnungen für die Annahmen sind die Ergebnisse der amtlichen Schulstatistik bis zum Schuljahr 2024/25 und die Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung Basis Zensus 2022 bis zum 31.12.2024.
Für die zukünftige Entwicklung der Bevölkerung wurde auf den Ergebnissen der Bevölkerungsvorausberechnung Basis 2023 aufgesetzt. Ihr liegt ebenfalls die Bevölkerungsfortschreibung nach Zensus 2022 zugrunde jedoch wurde die Bevölkerungsentwicklung 2024 nicht mehr berücksichtigt. Um keine Sprünge in der Bevölkerungsgrundlage zu produzieren, wurde die Bevölkerungsvorausberechnung an den Bevölkerungsstand zum 31.12.2024 angepasst.
Gegenüber der Bevölkerungsvorausberechnung Basis 2021, die noch der letzten Schülervorausberechnung zugrunde lag, ergab sich durch den Zensus 2022 eine Korrektur des Bevölkerungsstandes nach unten. Außerdem sind die Geburtenraten deutlich gesunken und wurden in der neuen Bevölkerungsvorausberechnung Basis 2023 deutlich niedriger angesetzt. Deshalb ergibt die neue Bevölkerungsvorausberechnung deutlich niedrigere Werte. Dies hat zur Folge, dass auch die in der Schülervorausberechnung 2025 errechneten Schülerzahlen deutlich niedriger ausfallen als im Vorjahr.
Zu den Annahmen bezüglich der allgemeinbildenden Schulen
Einschulung
Die Einschulungen werden auf Grundlage von Anteilen der zur Einschulung anstehenden Altersjahrgänge ermittelt. Für die Vorausberechnung wurde unterstellt, dass 46,5 % der 6-Jährigen und 53,5 % der 7-Jährigen eingeschult werden. Das entspricht den Mittelwerten der letzten drei Schuljahre. Die Einschulungen wurden ebenfalls auf Basis der letzten dreijährigen Mittelwerte auf die unterschiedlichen Schularten verteilt. Demnach werden 81,9 % der Einschulungen an reine Grundschulen, 12 % an Grundschulen im Verbund mit Gemeinschaftsschulen, 1,6 % an Waldorfschulen und der Rest an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) eingeschult werden. Differenziert nach Förderschwerpunkten (FSP) bedeutet das, 1,1 % an SBBZ mit FSP Lernen, 1,0 % FSP GENT, 0,4 % FSP KMENT und 1,9 % an den sonstigen Förderschwerpunkten.
Sondereffekt Einführung Juniorklassen
Zum Schuljahr 2026/27 sollen Grundschulförderklassen entfallen und Juniorklassen schrittweise eingeführt werden. Nach Vorgabe des Kultusministeriums werden diese ab dem Schuljahr 2028/29 rund 12 100 Personen umfassen. Sie werden anders als in Grundschulförderklassen als Grundschüler gezählt. Dadurch wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Grundschulen in der Vorausrechnung erhöht.
Übergang von der Grundschule in weiterführende Schulen
Für den Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulen werden Übergangsquoten berechnet, indem die Zahl der Fünftklässlerinnen und Fünftklässler an weiterführenden Schulen mit Herkunft aus der Grundschule je Schulart auf die Summe der Viertklässlerinnen und -klässler an Grundschulen im vorigen Schuljahr bezogen wird.
Die Anmeldezahlen an Gymnasien für das Schuljahr 2025/26 waren stark rückläufig. Dies ist vermutlich durch die höhere Verbindlichkeit der Grundschulempfehlungen und die insgesamt schlechten Ergebnisse der 4.-Klässer bei den letztjährigen Kompass-Tests bedingt. Um dies in der Vorausberechnung abzubilden wurde die Übergangsquote auf Gymnasien abgesenkt und für die anderen Schularten angehoben. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Übergangsquoten auf Gymnasien wieder steigen werden. Ab dem Schuljahr 2027/28 wird eine Übergangsquote auf die Gymnasien von 43,2 % unterstellt, auf Realschulen von 34,5 %, Gemeinschaftsschulen 16,1 %, Werkrealschulen 5,1 % und Schulen besonderer Art 0,6 %. Insgesamt wird für 99,5 % der Schülerschaft ein Übergang auf eine dieser Schularten unterstellt. Die Schülerschaft an freien Waldorfschulen wurde bei dieser Quotenberechnung ausgenommen, da diese beim Übergang in die Sekundarstufe I fast vollständig an der Waldorfschule bleibt.
Übergang in die nachfolgende Klassenstufe
Beim Übergang in die nachfolgende Klassenstufe werden schulart- und klassenstufenspezifische Übergangsquoten verwendet. Zur Berechnung dieser Quoten wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler einer Klassenstufe mit Herkunft aus der vorangehenden Klassenstufe auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler der vorangehenden Klassenstufe im vorherigen Schuljahr bezogen. Für die Übergangsquoten wurden Durchschnittswerte der Schuljahre 2019/20 bis 2021/22 verwendet. In den Schuljahren 2023/24 und 2024/25 waren die Übergangsquoten niedriger, da viele der aus der Ukraine zugewanderten Kinder aus Vorbereitungsklassen in die Klasse 5 übergegangen sind.
Wiederholer
Auch die Wiederholerquoten wurden Schulart- und klassenstufenspezifisch ermittelt. Die „Corona-Pandemie-Prüfungsverordnung“[i] des Kultusministeriums legte allerdings fest, dass am Ende des Schuljahres 2019/20 niemand eine Klassenstufe aufgrund mangelnder schulischer Leistungen wiederholen musste. Freiwillige Wiederholungen waren aber weiterhin möglich. Dadurch ergaben sich bei den Übergängen in die nächste Klassenstufe zum Schuljahr 2020/21 deutlich niedrigere Wiederholerzahlen. Im Schuljahr 2021/22 war dagegen ein deutlicher Nachholeffekt mit weit überdurchschnittlichen Wiederholerzahlen zu verzeichnen. In den letzten drei Schuljahren haben sie die Quoten wieder stabilisiert, deshalb werden die Mittelwerte dieser Jahre für die Vorausberechnung angesetzt.
Sondereffekt Wegfall der zehnten Klasse an Werkrealschulen
Ab dem Schuljahr 2030/31 soll nach aktuell geplanten Schulrechtsreformen die zehnte Klasse an den Werkrealschulen entfallen. Es wird unterstellt, dass die Schülerinnen und Schüler, die sonst in die Klasse 10 der Werkrealschulen gewechselt hätten, ihre Schullaufbahn zu 90 % in Berufsfachschulen fortsetzen und zu 10 % auf Gemeinschaftsschulen übergehen. Ein Übergang auf Realschulen wird nur in Einzelfällen erwartet.
Sondereffekt Wiedereinführung G9
Die flächendeckende Wiedereinführung des G9 hat zur Folge, dass letztmalig im Jahr 2031 Abgänger aus dem G8 zu erwarten sind. Da der nächste Jahrgang im G9 ein Jahr länger zur Schule geht, wird die Zahl der Schulabgänger mit Hochschulreife im Jahr 2032 deutlich niedriger ausfallen und die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Gymnasium zum Schuljahr 2032/33 ansteigen.
Schulartexterne Zugänge
Zugänge aus anderen Schularten werden durch schulart- und klassenstufenspezifische Zugangsquoten ermittelt. Für die Zugangsquote wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler einer Klassenstufe mit Herkunft aus einer anderen Schulart durch die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Klassenstufe geteilt. Bei der Betrachtung der Vergangenheit zeigte sich hier, dass die Zugänge aus der Ukraine in den letzten beiden Schuljahren deutlichen Einfluss auf die Quoten hatten. Deshalb wurden hier die für die Vorausberechnung benötigten Quoten überwiegend aus den Mittelwerten der Schuljahre 2019/20 bis 2021/22 gebildet.
Zugänge aus dem Ausland
In der Schülervorausberechnung 2025 wurden erstmals Zugänge aus dem Ausland als eigenständige Komponente geschätzt. Sie waren früher mit den schulartexternen Zugängen zusammengefasst. Zugänge aus dem Ausland werden als Absolutzahlen aus der Bevölkerungsvorausberechnung entnommen. Die Zugänge eines jeweiligen Altersjahres werden anhand von Quoten auf die allgemeinbildenden Schularten verteilt. Dafür wurden klassenstufen- und schulartspezifische Zugangsquoten ermittelt. Für die Vorausberechnung wurde angenommen, dass die Verteilung auf die Schularten den Mittelwerten der Schuljahre 2022/23 bis 2024/25 entspricht. Die Absolutzahl der Netto-Zuwanderung wird aus den Ergebnissen der mittleren Variante der Bevölkerungsvorausberechnung Basis 2023 entnommen.
Da der Ukraine-Krieg nach wie vor anhält und der Rückzug der Ukrainer sehr unsicher ist, wurde in der aktuellen Vorausberechnung kein erhöhter Rückzug mehr angenommen.
Erwerb von Schulabschlüssen
Die Zahlen der Schulabschlüsse werden auf Grundlage von abschluss- und klassenstufenspezifischen Abschlussquoten ermittelt. Hierfür wird die Zahl der Abgänge aus einer Klassenstufe mit einem bestimmten allgemeinbildenden Abschluss auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler in dieser Klassenstufe bezogen. Weit überwiegend werden für die Abschlussquoten Durchschnittswerte der letzten drei Schuljahre verwendet, vereinzelt die aktuellen Werte der im Jahr 2024 erworbenen Abschlüsse. An den beruflichen Schulen werden die allgemeinbildenden Schulabschlüsse auf Basis der Anteilswerte an der gesamten Schülerschaft je Schulart geschätzt.
Eintritt in Bildungsgänge an beruflichen Schulen
Grundannahmen
Zur Modellierung der Neueintritte in Bildungsgänge an beruflichen Schulen werden sogenannte „Als-ob-Übergangsquoten“ verwendet. Das bedeutet, dass man die Zahl der Neueintritte in einen Bildungsgang an einer beruflichen Schule auf die Zahl der Schulabschlüsse im vorangegangenen Schuljahr bezieht und dabei den jeweils erworbenen allgemeinbildenden Schulabschluss berücksichtigt. Hierbei bleibt weitgehend unberücksichtigt, dass der Schulabschluss auch in einem früheren Schuljahr erworben worden sein kann. Bei Bildungsgängen die Berufserfahrung voraussetzen, werden je nach Umfang der erwarteten Berufserfahrung die Schulabgänger zwei bis vier Jahre vorher für die Quotenermittlung herangezogen.
Für die „Als-ob-Übergangsquoten“ werden grundsätzlich je nach Bildungsgang Durchschnittswerte der letzten Schuljahre oder die aktuellen Quoten des Schuljahrs 2024/25 verwendet.
Weiterentwicklung berufsvorbereitender Bildungsgänge
Verschiedene derzeit existierende ausbildungsvorbereitende Bildungsgänge werden mittelfristig unter dem Dach der Bildungsgänge AV und AVdual zusammengefasst. Hiervon sind u. a. das Berufseinstiegsjahr und die Regelform des Vorqualifizierungsjahrs Arbeit/Beruf (VAB) betroffen. Im Rahmen der Vorausberechnung wird daher schrittweise bis zum Schuljahr 2026/27 die Zahl der Neueintritte in das VAB und damit an Berufsfachschulen abgesenkt und dementsprechend die Zahl der Neueintritte an Berufsschulen Vollzeit in die Bildungsgänge AV und AVdual erhöht.
Schülerzahl an öffentlichen Schulen
Um die Schülerschaft an öffentlichen Schulen zu berechnen wurde die Entwicklung der Anteile an öffentlichen Schulen unterrichteter Schülerinnen und Schüler an der Schülerzahl insgesamt in den letzten 7 Jahren betrachtet. An Schularten an denen dieser Anteil verhältnismäßig konstant war, wurde angenommen, dass der Mittelwert der letzten drei Jahre auch für die Zukunft passend ist. Für Grundschulen betrug der Anteil in den letzten Jahren knapp 96,9 %. Dies wurde als für die Zukunft konstant angenommen. Bei Gemeinschaftsschulen sank in den letzten Jahren der Anteil an öffentlichen Schulen unterrichteter Schülerinnen und Schüler auf zuletzt 96,3 %. Hier wurde ein weiterer, sich allerdings abschwächender Rückgang auf 95,6 % im Schuljahr 2040/41 unterstellt. Auch an Haupt-Werkrealschulen ging der Anteil der an öffentlichen Schulen unterrichteten Schülerinnen und Schüler zurück, auf 91,6 %. Es wird ein weiterer Rückgang auf 90,8 % unterstellt. An Realschulen und Gymnasien waren die Anteile verhältnismäßig stabil und werden als konstant angenommen (91,5 % bzw 87,8 %). Entsprechend der zurückliegenden Entwicklung wurde auch für SBBZ und die anderen allgemeinbildenden und beruflichen Schularten Quoten festgelegt.
[i]https://km-bw.de/,Lde/Startseite/Ablage+Einzelseiten+gemischte+Themen/Corona-Pandemie-Pruefungsverordnung+vom+29_+April+2020.