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Methodische Erläuterungen zum Innovationsindex 2024 für die Länder und Regionen der Europäischen Union

Der wirtschaftliche Erfolg einer Volkswirtschaft wird auch zukünftig von innovativen Produkten und Innovationen im Dienstleistungssektor abhängen. Aus diesem Grund benötigen Unternehmen für die Auswahl geeigneter Forschungs- und Entwicklungsstandorte, ebenso wie die Politik zur Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen, fundierte Kenntnisse über die Innovationsfähigkeit des Landes, seiner Regionen und Kreise. Um das Innovationspotenzial verschiedener Wirtschafträume vergleichen zu können, wurde deshalb vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg ein Innovationsindex entwickelt. In diesem Index werden mehrere Innovationsindikatoren in einer Kennzahl gebündelt. Der Innovationsindex wird für die Länder und Regionen der Europäischen Union1 im 2-jährigen Turnus berechnet2. In diesen Innovationsvergleich werden 60 Regionen einbezogen, und zwar die 27 EU-Mitgliedstaaten und 33 Regionen auf NUTS-1-Ebene3.

1. Innovationsindikatoren

In die Berechnung des Innovationsindex für die Länder und Regionen der Europäischen Union fließen folgende Indikatoren ein:

Innovationsindikatoren für die Länder bzw. Regionen der EU*)

Indikator/Berichtsjahr1)

Berechnungsjahr

2014

2016

2018

2020

2022

2024

FuE-Ausgaben insgesamt2) / nominales Bruttoinlandsprodukt

2011

2013

2015

2017

2019

2021

FuE-Personal (VZÄ)3) / Erwerbspersonen insgesamt

2011

2013

2015

2017

2019

2021

Erwerbstätige in industriellen Hochtechnologiebranchen4) / Erwerbstätige insgesamt

2013

2015

2017

2019

2021

2023

Erwerbstätige in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen4) / Erwerbstätige insgesamt

2013

2015

2017

2019

2021

2023

Erwerbstätige in wissenschaftlich-technischen Berufen (HRST-O)5) / Erwerbstätige insgesamt

2013

2015

2017

2019

2021

2023

Patentanmeldungen6) / 1 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner

2011

2013

2015

2017

2019

2021

*) Europäische Union, in die Berechnung werden 60 Regionen bzw. Länder der EU-27 einbezogen.
1) Für einige Länder bzw. Regionen lagen die Daten für die genannten Berichtsjahre nicht vor. In diesen Fällen wurden die zuletzt verfügbaren Daten verwendet.
2) Forschungs- und Entwicklungsausgaben des Wirtschafts-, Staats- und Hochschulsektors. FuE: Forschung- und Entwickung.
3) VZÄ: Vollzeitäquivalente.
4) Eurostat-Klassifikation. NACE Rev. 2: 2-Steller-Ebene.
5) HRST-O (occupation): Personen, die in wissenschaftlich-technischen Berufen arbeiten (Erwerbstätige), unabhängig davon, ob sie einen formalen wissenschaftlich-technischen Bildungsabschluss vorweisen können.
6)  Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt. Die regionalen Patentdaten auf NUTS-1-Ebene des Jahres 2021 wurden anhand der aktuellsten zur Verfügung stehenden regionalen Verteilung der Jahre 2015 bis 2019 (Auswertung mit PATSTAT) aus den nationalen Werten 2021 geschätzt.

Datenquellen: OECD, Eurostat, Europäisches Patentamt, eigene Berechnungen. 

© Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2025

 

 

2. Berechnung des Innovationsindex

Um die Information dieser Indikatoren in einer Kennzahl verdichten zu können, müssen diese auf ein einheitliches Messniveau gebracht, d.h. standardisiert werden. Hierzu wird das bei zusammengesetzten Indikatoren allgemein übliche Minimum-Maximum-Verfahren angewendet.

Zunächst wird jede Indikatorreihe i(1 bis 6) standardisiert. Dem höchsten Indikatorreihenwert max xij (j = 1 bis n, n = Anzahl der Daten je Indikatorreihe) wird der Wert 100 und dem kleinsten Indikatorreihenwert min xij der Wert 0 zugewiesen. Die Einzelindikatorwerte xij werden gemäß der Formel (xij - min xij)/(max xij - min xij)x 100 umgerechnet.

Vom Einzelindikatorwert wird der niedrigste Wert der Reihe abgezogen, durch die Spannweite der Reihe geteilt und dieser Quotient mit 100 multipliziert. Durch diese Standardisierung wird für jede Indikatorreihe ein identischer Wertebereich geschaffen. Die Daten der Indikatorreihen liegen nun einheitlich zwischen 0 und 100. Diese standardisierten Einzelindikatoren gehen dann mit gleichem Gewicht in den Innovationsindex ein.

Die vorliegende Zeitreihe wurde über eine Rückrechnung realisiert. Die Innovationsindizes der Jahre 2014, 2016, 2018, 2020 und 2022 wurden hierzu neu berechnet. Die Standardisierung der Innovationsindikatoren dieser Jahre erfolgte auf Basis der Minimum-Maximum-Festlegung der Indexberechnung 2024, damit wird der intertemporale Vergleich der Werte möglich.4 Die Zeitreihe zeigt die relative Entwicklung der Innovationsfähigkeit der Regionen, und zwar im Vergleich zu den in die Berechnung einbezogenen Wirtschaftsräumen auf.

Ausgangspunkt zur Bestimmung der Innovationsdynamik ist die Hypothese, dass die Innovationsfähigkeit einem linearen Zeittrend folgt. Ob eine lineare Trendschätzung eine angemessene Modellierung ist, kann nicht abschließend beurteilt werden, denkbar wäre auch ein anderer Verlauf. Da die Anzahl der Beobachtungen gering ist, kann das lineare Modell als zulässige Vereinfachung angesehen werden. Die OLS-Schätzung (Ordinary Least Squares, Kleinste-Quadrate-Schätzung) des linearen Modells ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die sich vor allem auf die Eigenschaften der Störgrößen beziehen. Das Vorliegen dieser Bedingungen soll ebenfalls angenommen werden, auch im Hinblick auf die geringe Anzahl der zur Verfügung stehenden Daten. Die Bewertung der Innovationsdynamik erfolgte über die Steigung der Regressionsgeraden. Ist diese größer 0,25 Indexpunkte pro Jahr (kleiner minus 0,25)5 wird davon ausgegangen, dass ein positiver (negativer) Trend bezüglich der Innovationsfähigkeit vorliegt, das heißt, die Entwicklung der Innovationsfähigkeit war im betrachteten Wirtschaftsraum von der Tendenz her in den letzten Jahren aufwärts gerichtet (abwärts gerichtet)6. Liegt die Steigung der Trendgeraden im Bereich von ± 0,25 Indexpunkten, so kann für den Wirtschaftsraum keine Aussage bezüglich der Veränderung der Innovationsfähigkeit getroffen werden, beziehungsweise diese war im betrachteten Zeitraum vergleichsweise konstant.

3. Regionale Vergleichbarkeit

Um eine bessere Vergleichbarkeit mit Baden-Württemberg zu erreichen, werden für die Berechnung des Innovationsindex die bevölkerungsreichen bzw. wirtschaftsstarken EU-Staaten7 gemäß der EU-Gebietssystematik NUTS in sogenannte NUTS-1-Regionen gegliedert,8 jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Datengrundlage dies zulässt. Diese Voraussetzung war 2024 für Frankreich und Polen nicht gegeben. Eine Analyse der Innovationsfähigkeit auf NUTS-1-Ebene war mit Ausnahme der französischen Hauptstadtregion Île de France in diesen Ländern somit nicht möglich.

Ein Vergleich der Indexwerte auf Landesebene mit den Werten auf EU-Ebene ist nicht möglich. Der Innovationsindex wird für diese beiden unterschiedlichen Wirtschaftsräume separat berechnet. Für die Berechnung werden ähnliche Innovationsindikatoren eingesetzt; die gleichen Innovationsindikatoren liegen nicht vor.

4. Hochtechnologie und wissensintensive Dienstleistungsbranchen

Die statistische Abgrenzung der Hochtechnologie- und der wissensintensiven Dienstleistungsbranchen im Innovationsindex folgt der Klassifikation von Eurostat, dem Statistischen Amt der Europäischen Union.

Danach umfasst der Hochtechnologiesektor folgende Wirtschaftszweige:9

  • Herstellung von chemischen Erzeugnissen (20)
  • Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen (21)
  • Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (26)
  • Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (27)
  • Maschinenbau (28)
  • Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (29)
  • Sonstiger Fahrzeugbau (30)
  • Herstellung, Verleih und Vertrieb von Filmen und Fernsehprogrammen; Kinos; Tonstudios und Verlegen von Musik (59)
  • Rundfunkveranstalter (60)
  • Telekommunikation (61)
  • Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie (62)
  • Informationsdienstleistungen (63)
  • Forschung und Entwicklung (72)

Zu den industriellen Hochtechnologiebranchen bzw. FuE-intensiven Industriezweigen zählen die Wirtschaftszweige 20, 21 und 26 bis 30.

Als wissensintensiv gelten Wirtschaftszweige des Dienstleistungssektors, in denen der Anteil der Hochschulabsolventen, der Beschäftigten mit natur- und ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung und/oder der Beschäftigten mit Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeiten überdurchschnittlich hoch ist.

Zu den wissensintensiven Dienstleistungsbranchen werden folgende Wirtschaftszweige gezählt:10

  • Schifffahrt (50)
  • Luftfahrt (51)
  • Verlagswesen (58)
  • Herstellung, Verleih und Vertrieb von Filmen und Fernsehprogrammen; Kinos; Tonstudios und Verlegen von Musik (59)
  • Rundfunkveranstalter (60)
  • Telekommunikation (61)
  • Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie (62)
  • Informationsdienstleistungen (63)
  • Erbringung von Finanzdienstleistungen (64)
  • Versicherungen, Rückversicherungen und Pensionskassen (ohne Sozialversicherung), (65)
  • Mit Finanz- und Versicherungsdienstleistungen verbundene Tätigkeiten (66)
  • Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung (69)
  • Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben; Unternehmensberatung (70)
  • Architektur- und Ingenieurbüros; technische, physikalische und chemische Untersuchung (71)
  • Forschung und Entwicklung (72)
  • Werbung und Marktforschung (73)
  • Sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Tätigkeiten (74)
  • Veterinärwesen (75)
  • Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften (78)
  • Wach- und Sicherheitsdienste sowie Detekteien (80)
  • Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung (84)
  • Erziehung und Unterricht (85)
  • Gesundheitswesen (86)
  • Heime (ohne Erholungs- und Ferienheime), (87)
  • Sozialwesen (ohne Heime), (88)
  • Kreative, künstlerische und unterhaltende Tätigkeiten (90)
  • Bibliotheken, Archive, Museen, botanische und zoologische Gärten (91)
  • Spiel-, Wett- und Lotteriewesen (92)
  • Erbringung von Dienstleistungen des Sports, der Unterhaltung und der Erholung (93)

5. Wissenschaftlich-technische Berufe

Die statistische Abgrenzung von wissenschaftlich-technischen Berufen folgt einer Klassifikation von Eurostat und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Im Rahmen der EU-Arbeitskräfteerhebung werden Haushalte u. a. nach dem Ausbildungsniveau und der beruflichen Tätigkeit der einzelnen Haushaltsmitglieder befragt. Die dieser Eurostat-Daten zugrunde liegende Klassifikation (International Standard Classification of Occupation – ISCO-88) umfasst Beschäftigte, die über gute bis sehr gute berufliche oder technische Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Natur-, Ingenieur-, Human-, Lebens- oder Sozialwissenschaften verfügen (ISCO-88, Hauptgruppen 3 + 4). Dazu zählen zum Beispiel Physiker, Biowissenschaftler, Wissenschaftliche Lehrkräfte, Technische und Biowissenschaftliche Fachkräfte.

6. Index – kritisch betrachtet

Die Verdichtung von Informationen zu einer Kennzahl ist praktisch und hilfreich, da sie den Vergleich von Regionen erleichtert. Dabei gehen jedoch zwangsläufig auch Informationen verloren. Die angewandte Methode zur Verdichtung dieser Daten und im Besonderen die Anzahl, Auswahl und die Gewichtung der eingesetzten Indikatoren hat einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis. Bei deren Auswahl stehen die Validität und Reliabilität im Vordergrund, jedoch gibt es derzeit keine zuverlässige Methode, welche die Bedeutung der einzelnen Indikatoren für die Innovationsfähigkeit einer Region zuverlässig empirisch bestimmen kann.

1. Der Innovationsindex wird außerdem für die Kreise und Regionen in Baden‑Württemberg berechnet.

2. Aufgrund der eingeschränkten Datenlage wurde der Innovationsindex 2022 nicht veröffentlicht.

3. Die Gebietssystematik »Nomenclature des Unités Territoriales Statistiques« - kurz NUTS - ist eine Klassifikation der Regionen innerhalb der EU zur Erstellung regional vergleichbarer Statistiken, die auf Verwaltungseinheiten basiert. Die NUTS-0-Ebene entspricht den Mitgliedstaaten der EU und die NUTS-1-Ebene entspricht in Deutschland den Bundesländern. Aufgrund der Änderung der Anzahl der Regionen und der Aktualisierung der einbezogenen Daten sind die für die Länder bzw. Regionen ermittelten Ränge nicht mit Berechnungen aus früheren Jahren vergleichbar. Wie bisher werden Länder, deren Regionen auf NUTS-1-Ebene in die Berechnung einbezogen wurden, nicht im Rangvergleich berücksichtigt. Dies sind 2020 die Länder Deutschland, Italien, Niederlande und Spanien.

4. Die ermittelten Werte des Index sind damit nicht mit Berechnungen aus früheren Jahren vergleichbar.

5. D.h. 0,5 Indexpunkte im 2-jährigen Berechnungszeitraum.

6. Die Berechnung des Durchschnittswachstums reagiert sensibel auf die Wahl des Basisjahrs und wird daher nicht herangezogen.

7. Ist die Einwohnerzahl bzw. das Bruttoinlandsprodukt eines Landes größer als die Einwohnerzahl bzw. das Bruttoinlandsprodukt Baden‑Württembergs wird eine Aufgliederung vorgenommen, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Datengrundlage dies zulässt.

8. Die französischen Überseedepartements sind nicht berücksichtigt.

9. Nummer der Amtlichen Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ) - Ausgabe 2008 - in Klammern.

10. Nummer der Amtlichen Klassifikation der Wirtschaftszweige - Ausgabe 2008 - in Klammern.