:: 10/2008

Allgemeinbildende Gymnasien in Baden-Württemberg – flächendeckend fünf Jahrgänge im »G8«

Im vergangenen Schuljahr haben rund 340 200 Schülerinnen und Schüler eines der 440 allgemeinbildenden Gymnasien des Landes besucht. Zum Schuljahr 2004/05 war für alle fünften Jahrgangsstufen flächendeckend das achtjährige Gymnasium (»G8«) eingeführt worden, im aktuellen Schuljahr werden mittlerweile fünf Jahrgänge (Klassenstufen 5 bis 9) im G8 unterrichtet. Trotz anhaltender Kritik am G8 ist das Gymnasium die beliebteste weiterführende Schulart geblieben, was sich auch in den seit Jahren ansteigenden Übergangsquoten von der Grundschule auf diese Schulart widerspiegelt. Im Schnitt werden an einem öffentlichen Gymnasium 28 Schüler pro Klasse unterrichtet, an einem privaten 26. Der Ausländeranteil an Gymnasien ist mit gut 4 % vergleichsweise gering. Nur 0,3 % der Gymnasiasten waren im Jahr 2007/08 von einer anderen Schulart (ohne Grundschulen) übergewechselt. Dagegen kamen an den Realschulen des Landes 1,2 % von einem Gymnasium. 2,7 % der Gymnasiasten waren im Jahr 2007 nicht versetzt worden, so wenig wie nie zuvor in den letzten 10 Jahren. Mit der angestrebten Hochschulreife konnten im Jahr 2007 gut 28 500 Abiturienten ein allgemeinbildendes Gymnasium verlassen, knapp 2 500 gingen mit einem mittleren Abschluss ab, 245 mit dem Hauptschul- und 105 ohne Abschluss.

Zur Einführung von »G8«

Ziel des Gymnasiums ist es laut Schulgesetz1»Schülern mit entsprechenden Begabungen und Bildungsabsichten eine breite und vertiefte Allgemeinbildung, die zur Studierfähigkeit führt« zu vermitteln. »Es fördert insbesondere die Fähigkeiten, theoretische Erkenntnisse nachzuvollziehen, schwierige Sachverhalte geistig zu durchdringen sowie vielschichtige Zusammenhänge zu durchschauen, zu ordnen und verständlich vorzutragen und darstellen zu können«. Parallel zum üblichen 9-jährigen Bildungsgang (»G9«) wurden seit 1991 an einigen Gymnasien Schulversuche zum 8-jährigen Bildungsgang (»G8«) durchgeführt. Im Schuljahr 2000/01 gab es das G8 bereits an 63 Gymnasien im Land. Über 4 000 Schülerinnen und Schüler machten damals von diesem »Turbo-Angebot« Gebrauch, was freilich nur 1,4 % der Gymnasiasten insgesamt entsprach. Im Schuljahr 2003/04 kletterte dieser Anteil auf 3,7 % und die Zahl der Gymnasien mit G8-Zug auf 96. Zum Schuljahr 2004/05 wurde dann an allen Gymnasien flächendeckend der 8-jährige Bildungsgang eingeführt, zunächst für alle fünften Klassen, in den folgenden Jahren dann für alle neuen Gymnasiumsjahrgänge.

Die Ziele2 von G8 sind

  • die Schulzeit ohne Niveauverluste um ein Jahr zu verkürzen und die allgemeine Hochschulreife nach 8 Jahren zu ermöglichen,
  • die Ausbildungszeiten an internationale Standards anzupassen und so die Chancen der Abiturienten in der weiteren Ausbildung und beim Einstieg in die Berufswelt zu verbessern,
  • mit einem neuen Bildungsplan (und der Abschaffung der alten Lehrpläne) eine »neue Schul- und Unterrichtskultur« zu schaffen, welche die Überlastung der Schüler vermeiden soll.
  • Kritisiert3 am G8 wird vor allem
  • die Überlastung der Kinder durch zu hohe Stundenzahlen und Hausaufgaben und die fehlende Ganztagsbetreuung sowie damit einhergehend die fehlende Freizeit für außerschulische Aktivitäten,
  • die Aushöhlung der Möglichkeit des Wechsel von Haupt- oder Realschule auf das Gymnasium,
  • die Problematik des »doppelten« Abiturjahrgangs 2012.

Mit der Einführung von G8 ging eine Reihe von Neuerungen an den baden-württembergischen Gymnasien einher: zum Beispiel Bildungsstandards mit Kerncurriculum, Einführung der Kontingentstundentafel mit zwölf verfügbaren Poolstunden (von der Schule grundsätzlich frei verteilbare, nicht an Fachunterricht gebundene Stunden), zentrale Vergleichsarbeiten (erstmals im Frühjahr 2006), Naturwissenschaft und Technik als neues Fach (verbindlich ab Schuljahr 2007/08), zweite Fremdsprache ab Klasse 5 (ab Schuljahr 2007/08).4

Auf die Kritik am G8 hat die Landesregierung mit der »Qualitätsoffensive Bildung« reagiert, in der unter anderem eine schrittweise Absenkung des Klassenteilers auf 28 und die Entlastung der Schulleitungen angekündigt werden.5 Mit der »Qualitätsoffensive Gymnasium« werden alle Gymnasien verpflichtet, künftig eine Hausaufgabenbetreuung (vorrangig für die Klassenstufen 5 bis 7) anzubieten. Dafür sind je Schule durchschnittlich fünf Anrechnungsstunden für die Organisation etc. vorgesehen sowie 4 000 Euro Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Hausaufgabenbetreuer.6

Förderung von Hochbegabten

Neben der Einführung des G8 hat das Land Baden-Württemberg in den letzten Jahren besondere Förderangebote für hoch begabte Schülerinnen und Schüler geschaffen. Hier ist (in öffentlicher Trägerschaft) zum einen das Landesgymnasium für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd zu nennen, das im Schuljahr 2007/08 von 147 Kindern und Jugendlichen besucht wurde. Zum anderen wurden sogenannte »Hochbegabtenzüge« (eigene Klassen) an ausgewählten Gymnasien eingerichtet, die es ermöglichen sollen, hoch begabte Kinder in der Nähe ihres Wohnortes zu fördern. Seit dem Schuljahr 2006/07 gibt es an vier öffentlichen Gymnasien Hochbegabtenklassen, im Jahr 2007/08 wurden diese an acht Gymnasien angeboten; im laufenden Schuljahr 2008/09 sollten weitere fünf Gymnasien folgen.7 Schulstatistisch werden diese Hochbegabtenzüge aber nicht getrennt erfasst, sodass aus der amtlichen Schulstatistik keine Aussage möglich ist, wie viele Hochbegabte diese speziellen Förderangebote nutzen konnten.

Trend zum Gymnasium hält an

Seit 1994 steigen die Übergangsquoten von der Grundschule auf das Gymnasium ohne Unterbrechung von Jahr zu Jahr an, und im Gegenzug sinken die Übergangsquoten auf die Hauptschule. Im Jahr 2001 hat das Gymnasium die Hauptschule erstmals bei den Übergangsquoten überholt. Trotz der zahlreichen Beschwerden und Klagen über das G8 haben die Übergangsquoten auf das Gymnasium auch zum Schuljahr 2004/05 und in allen späteren Jahren stetig zugenommen. Im letzten Jahr vor der flächendeckenden Einführung des G8 – zum Schuljahr 2003/04 – wechselten bereits 35,3 % der Viertklässler auf ein Gymnasium. Im ersten G8-Jahr (zum Schuljahr 2004/05) kam es nicht zum teilweise befürchteten Einbruch der Quoten – vielmehr stieg die Übergangsquote landesweit auf 36,1 %. In den Folgejahren setzte sich dieser ansteigende Trend fort bis zu 39,5 % zum Schuljahr 2007/08 (Schaubild 1).

Schülerzahl an allgemeinbildenden Gymnasien auf rund 340 200 gestiegen – neuer Höchstwert

Im vergangenen Schuljahr 2007/08 besuchten rund 340 200 Schülerinnen und Schüler ein allgemeinbildendes Gymnasium. Etwas mehr als die Hälfte (knapp 53 %, wie in den Vorjahren auch) der Schülerschaft war weiblich. Der Mädchenanteil an den privaten Gymnasien lag mit gut 60 % deutlich über dem der öffentlichen mit knapp 52 %. Dies geht vor allem auf einige (kirchliche) Mädchengymnasien im privaten Bereich zurück. Insgesamt gab es im vergangenen Schuljahr 377 öffentliche und 63 private Gymnasien. Fast jeder zehnte Gymnasiast wurde an einer privaten Schule unterrichtet (Tabelle 1).

In den 50er- und zu Beginn der 60er-Jahre blieb die Zahl der Gymnasiasten ohne große Schwankungen unterhalb von 131 000; ab 1963 und in den 70er-Jahren stieg sie rasant an bis zu ihrem Höhepunkt im Schuljahr 1980/81 mit 339 696 Schülerinnen und Schülern. Nach 1980 gingen die Schülerzahlen an Gymnasien stetig zurück bis zu einem relativen Tiefpunkt von 230 087 im Schuljahr 1989/90. Seit Beginn der 90er-Jahre ist bei der Schülerzahl an Gymnasien wieder ein steigender Trend zu beobachten. Im vergangenen Schuljahr 2007/08 wurde sogar der bisherige Höchststand des Jahres 1980 leicht übertroffen. Noch nie zuvor besuchten so viele Jugendliche ein Gymnasium. Neben den zunehmenden Übergangsquoten von der Grundschule liegt dies auch an der demografischen Entwicklung. Dabei nahmen die privaten Gymnasien eine etwas dynamischere Entwicklung als die öffentlichen: Während die Schülerzahl an privaten Gymnasien seit 1970 um fast zwei Drittel zugelegt hat, stieg sie an den öffentlichen nur um 56 %. Der Mädchenanteil betrug 1970/71 an öffentlichen Schulen 42 %, an privaten 58 % (Schaubild 2).

Für das Schuljahr 2009/10 werden 341 000 Schülerinnen und Schülern erwartet, auch in den beiden Folgejahren geht man noch von einem ähnlichen Niveau aus. Da im Sommer 2012 aber mit dem letzten neunjährigen und dem ersten flächendeckenden achtjährigen Gymnasialzug ein doppelter Abiturientenjahrgang ausscheidet, wird dann die Schülerzahl an allgemeinbildenden Gymnasien schlagartig um einen Jahrgang auf gut 301 000 zurückgehen.8

Im Schnitt 28 Schüler pro Klasse an öffentlichen Gymnasien

Schulklassen an Gymnasien sind im Schnitt verglichen mit Grund- oder Hauptschulen vergleichsweise groß. 26 Schüler saßen in den vergangenen drei Schuljahren durchschnittlich in einer Klasse eines privaten, 28 in einer Klasse eines öffentlichen Gymnasiums. Hier ist seit dem Schuljahr 1995/96, als noch durchschnittlich 24 Schüler in einer privaten und 25 in einer öffentlichen Klasse eines Gymnasiums waren, ein kontinuierlicher Anstieg der Klassenstärke zu verzeichnen.

Zum Vergleich betrug die durchschnittliche Klassengröße an öffentlichen Realschulen im Jahr 2007/08 ebenfalls 28 Schüler pro Klasse, an privaten 26. Dagegen waren die Klassen an den Hauptschulen mit 20 Schülern (öffentlicher Träger) bzw. 23 (privater Träger) deutlich kleiner.

Insgesamt gab es im Schuljahr 2007/08 gut 9 000 Klassen an öffentlichen Gymnasien. Nach Klassengrößen sortiert ergibt sich eine »linksschiefe« Häufigkeitsverteilung (Schaubild 3). Nur jede vierte Klasse eines öffentlichen Gymnasiums hatte 25 oder weniger Schüler; in gut 37 % der Klassen wurden zwischen 26 und 29 Jugendliche unterrichtet, in weiteren 37 % sogar 30 oder mehr. Am häufigsten wurde von den öffentlichen Gymnasien die Klassenstärke »30« (968 Fälle bzw. knapp 11 %) gemeldet. Eine Klassenstärke von 33 oder mehr gab es in 646 Fällen (gut 7 %). Von den rund 1 000 Klassen an privaten Gymnasien hatten 12 % bis zu 20 Schüler, 25 % zwischen 21 und 25 Schüler und die Hälfte 26 bis 30 Schüler. 13 % der Klassen hatten auch im privaten Bereich 31 oder mehr Schüler.

Fast die Hälfte der Lehrer an öffentlichen Gymnasien ist über 50

Im Schuljahr 2007/08 waren 24 817 Lehrkräfte an den öffentlichen Gymnasien des Landes tätig (Vorjahr: 24 293), 11 998 männliche und 12 819 weibliche. Damit gab es an den öffentlichen Gymnasien des Landes nach dem Schuljahr 2006/07 zum zweiten Mal in Folge mehr weibliche Lehrkräfte als männliche. Von den männlichen Lehrkräften waren fast zwei Drittel vollzeitbeschäftigt und 23 % teilzeitbeschäftigt, also mit einem Lehrauftrag, der mindestens die Hälfte des Regelstundenmaßes umfasste. Weitere 12 % waren überwiegend stundenweise beschäftigte Lehrkräfte, kirchliche Lehrkräfte oder Lehramtsanwärter mit selbstständigem Unterricht. Ganz anders sah die Beschäftigungsstruktur der Frauen aus. Von ihnen arbeitete nur ein Viertel Vollzeit, 61 % Teilzeit und 14 % standen in einem sonstigen Beschäftigungsverhältnis.

Von den insgesamt 11 112 Vollzeit- und 10 538 Teilzeitlehrkräften an öffentlichen Gymnasien im Jahr 2007/08 war fast die Hälfte 50 Jahre oder älter. Dabei fielen bei den Vollzeitlehrkräften sogar 54 % in diese Altersklasse, bei den Teilzeitkräften nur 45 %. Unter 40 Jahre alt waren von den vollzeitbeschäftigten Männern nicht einmal ein Viertel, von den teilzeitbeschäftigten Männern dagegen 36 %. Von den weiblichen Vollzeit-Lehrkräften waren 46 % jünger als 40 Jahre, der entsprechende Anteil der teilzeitbeschäftigen Frauen liegt auf ähnlichem Niveau wie bei den männlichen Kollegen (37 %) (Schaubild 4).

Weniger als 5 von 100 Gymnasiasten haben keinen deutschen Pass

Von den rund 340 200 Schülerinnen und Schülern an den Gymnasien des Landes im Schuljahr 2007/08 waren knapp 14 900 (4,4 %) Ausländer, das heißt, sie besaßen keinen deutschen Pass. Weitere ca. 2 900 (0,9 %) waren Aussiedler. Diese Anteile sind verglichen mit allen allgemeinbildenden Schulen eher niedrig: dort gab es 11,4 % Ausländer und 1,6 % Aussiedler (Tabelle 2).9 Dabei haben sich die Ausländeranteile an den Gymnasien seit dem Jahr 2000/01 kaum verändert, die der Aussiedler sind leicht zurückgegangen. Allerdings werden Ausländer-Vergleiche mit früheren Jahren evtl. dadurch etwas verzerrt, dass das Staatsangehörigkeitsrecht geändert wurde und vermehrt ausländische Mitbürger die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. Schüler mit einer deutschen und einer ausländischen Staatsangehörigkeit gelten schulstatistisch als deutsch. Unter den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs weist die Landeshauptstadt Stuttgart den mit großem Abstand höchsten Anteil ausländischer Schüler an den Gymnasien (gut 11 %) auf.

Die türkischen Schülerinnen und Schüler bildeten 2007/08 mit rund 59 300 an den allgemeinbildenden Schulen insgesamt die mit Abstand stärkste ausländische Gruppe. Die gut 18 800 Italiener als zweitstärkste ausländische Gruppe an den allgemeinbildenden Schulen insgesamt machten nur ein knappes Drittel der türkischen Schülerschaft aus. Beim Besuch der weiterführenden Schulart Gymnasium, die ja mit der angestrebten Hochschulreife eine Studienberechtigung vermitteln soll, zeigen sich große Unterschiede zwischen den einzelnen Nationalitäten. Relativ gut vertreten (verglichen mit ihrem Anteil an den allgemeinbildenden Schulen insgesamt) an den Gymnasien sind die Kroaten und die Griechen: Fast 16 % aller kroatischen und gut 14 % aller griechischen Schülerinnen und Schüler besuchten 2007/08 diese weiterführende Schulart. Dagegen fanden sich von den italienischen und türkischen Schülerinnen und Schülern nur jeweils knapp 7 % an einem Gymnasium.

Nur wenige wechselten von anderen Schularten auf ein Gymnasium

In der Schulstatistik wird auch nach der »Herkunft« der Schülerschaft gefragt, also danach, wo sich der Schüler oder die Schülerin am Ende des vorangegangenen Schuljahres befunden hat.10 Im »Regelfall« (98 %) kam er/sie im Schuljahr 2007/08 aus der vorhergehenden Klassenstufe bzw. bei Klassenstufe 5 aus einer Grundschule. Knapp 2 % der Gymnasiasten kamen aus der gleichen Klassenstufe eines Gymnasiums (Wiederholer). Nur rund 1 100 Schülerinnen und Schüler (0,3 %) hatten von einer Hauptschule, Realschule, Sonderschule oder einer integrierten Schulform auf das Gymnasium gewechselt, wobei hier die Herkunft »Realschule« am häufigsten ist (792 Fälle). Betrachtet man nur die G8-Jahrgänge des Schuljahres 2007/08 (Klassenstufen 5 bis 8), betrug der Anteil der Wechsler von den genannten Schularten auf diese G8-Züge 0,4 %. Im Schuljahr 2003/04, dem letzten Schuljahr ohne flächendeckendes G8, betrug dieser Anteil in den gleichen Klassenstufen ebenfalls 0,4 %, genauso wie im Schuljahr 2000/01.

Andererseits gibt die Herkunftstabelle der Realschulen Auskunft darüber, wie viele Jugendliche zum Ende des vorangegangenen Schuljahres von einem Gymnasium abgegangen und zu Schuljahresbeginn auf die Realschule übergegangen sind (Tabelle 3).11 Im Schuljahr 2007/08 kamen 2,0 % der Achtklässler an Realschulen von einem Gymnasium. Dieser Anteil war nur leicht höher als in den Vorjahren. Von den Siebtklässlern der Realschulen kamen 1,9 % von einem Gymnasium, 2006/07 waren es 1,7 %. In früheren Jahren (ohne flächendeckendes G8 in Klassenstufe 7) bewegte sich dieser Anteil zwischen 1,2 und 1,4 %, war also leicht niedriger. Ein deutlicher Trend, dass das G8 aufgrund der höheren Anforderungen zu vermehrtem Wechsel auf die Realschule führt, lässt sich damit schulstatistisch (noch) nicht belegen.

Niedrigste Nichtversetztenquote der letzten 15 Jahre

Zum Ende des Schuljahres 2006/07 verfehlten an den Gymnasien rund 7 400 Schülerinnen und Schüler das Klassenziel – die Nichtversetztenquote war mit 2,7 % (Vorjahr: 2,9 %) die niedrigste der letzten 15 Jahre. In Baden-Württemberg wurde zum Schuljahr 2004/05 die Möglichkeit der probeweisen Aufnahme in die nächsthöhere Klassenstufe gegeben (vgl. § 1 (6) VO Gymnasien). Wer das Klassenziel nicht erreicht hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen für einen Zeitraum von etwa 4 Wochen in die nächsthöhere Klassenstufe auf Probe versetzt werden – und bei entsprechendem Prüfungsergebnis dort bleiben. Im Jahr 2007 wurden von den Gymnasien 578 Schülerinnen und Schüler gemeldet, die diese Möglichkeit in Anspruch nahmen.12

An den Gymnasien scheint es überwiegend die Klassenstufe 10 zu sein, die das größte Risiko birgt, das Klassenziel nicht zu erreichen. Dies mag etwas verwundern, da mit dem erfolgreichen Absolvieren dieser Klassenstufe (ohne zusätzliche Prüfungen) der Erwerb eines dem Realschulabschluss gleich gestellten Abschlusses verbunden ist (Tabelle 4). Zwischen G8- und G9-Jahrgängen ist in der Klassenstufe 5 kein spürbarer Unterschied bei der Nichtversetzung feststellbar, in der 6. Klassenstufe aber ein leichter Anstieg von 1,0 % in 2005 (noch G9) zu 1,5 % in 2006 und 1,6 % in 2007 (beide komplett G8). Im Schuljahr 2006/07 war der erste Schülerjahrgang des flächendeckenden G8 bereits in der 7. Klassenstufe. Zum Ende dieses Schuljahres (2007) verfehlten 2,5 % der Schülerinnen und Schüler das Klassenziel – etwas mehr als in den beiden Vorjahren, in denen noch das G9 vorherrschte. Allerdings gab es in früheren Jahren auch im G9 in der 7. Klassenstufe schon öfter Nichtversetztenquoten von 2,5 oder höher.13

Die letzten G9-Jahrgänge in 2006 (Klassenstufe 7) und 2007 (Klassenstufe 8) haben etwas niedrigere Nichtversetztenquoten als die Vorjahre. Dies mag daran liegen, dass evtl. die Nichtversetzung dieses Jahrgangs so weit möglich vermieden wird. Es obliegt der Entscheidung der Klassenkonferenz, ob die Schüler der letzten G9-Jahrgänge (bis Klasse 10), die das Klassenziel nicht erreichen, »in die entsprechende oder in die nächstniedrige Klasse des achtjährigen Bildungsganges« wechseln. »Sie wechseln in die entsprechende Klasse, wenn nach ihrem Lern- und Arbeitsverhalten sowie nach Art und Ausprägung ihrer schulischen Leistungen in den einzelnen Fächern erwartet werden kann, dass sie dort den Anforderungen entsprechen werden.«14 Ein Zehntklässler des G9, der das Klassenziel nicht erreicht hat und wiederholen möchte, wechselt somit entweder in die Klasse 10 des G8 (und wäre trotz Wiederholung der Klasse nicht später mit der Schule fertig) oder aber in die Klasse 9 des G8.

91 von 100 Abgängern erreichen die angestrebte Hochschulreife

Im Jahr 2007 (zum Ende des Schuljahres 2006/07) sind fast 16 900 Schülerinnen und knapp 14 500 Schüler von einem allgemeinbildenden Gymnasium des Landes abgegangen (Tabelle 5), 4 % mehr als im Vorjahr. Ohne Abschluss haben 0,3 %, mit Hauptschulabschluss 0,8 % das Gymnasium verlassen. Knapp 8 % gingen mit einem mittleren Abschluss ab. Die ursprünglich an dieser Schulart angestrebte allgemeine Hochschulreife hatten 91 % der Abgänger erzielt.

Dabei schnitten Mädchen im Schnitt besser ab als Jungen: Sie gingen seltener ohne Abschluss, mit Hauptschulabschluss oder einem mittleren Abschluss ab und erreichten häufiger die angestrebte Hochschulreife. Noch stärker als zwischen den Geschlechtern fielen die Unterschiede zwischen deutschen und ausländischen Abgängern aus. Während von den deutschen Abgängern knapp 8 % mit einem mittleren Abschluss das Gymnasium verließen, waren es von den ausländischen mit gut 16 % mehr als doppelt so viele. Das Abitur hatten 91 von 100 deutschen im Gegensatz zu 81 von 100 ausländischen Abgängern in der Tasche.

Ausblick auf 2012

Ob und wie das G8 sich auf die Abgängerstruktur auswirken wird, lässt sich heute noch nicht sagen. Eltern blicken teilweise mit Sorge auf den doppelten Abiturientenjahrgang 2012, in dem der erste Jahrgang des achtjährigen und der letzte Jahrgang des neunjährigen Gymnasiums das Abitur ablegen werden. Beide Jahrgänge werden bereits auf der Kursstufe zusammengeführt und es wird beim Abitur 2012 eine gemeinsame Prüfungsaufgabe für die beiden Jahrgänge geben. Das Statistische Landesamt rechnet für das Jahr 2012 mit rund 57 000 Abgängern mit Hochschulreife aus allgemeinbildenden Schulen (Gymnasien, Schulen besonderer Art, Sonderschulen, Freien Waldorfschulen) und weiteren rund 14 000 aus beruflichen Schulen.

Mit dem Programm »Hochschule 2012« möchte das Land Baden-Württemberg die Studienanfängerplätze an den Hochschulen und Berufsakademien bis zum Jahr 2012 gezielt ausbauen, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Vorgesehen ist die Schaffung von 16 000 zusätzlichen Studienanfängerplätzen bis zum Jahr 2012, welche dann die Aufnahme von jährlich jeweils 16 000 zusätzlichen Studienbewerbern ermöglichen sollen.15

1 § 8 (1) Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG) in der Fassung vom 1. August 1983 (GBl. S. 397), zuletzt geändert durch Art. 1 des Änderungsgesetzes vom 8. Januar 2008 (GBl. S. 12; Kultus und Unterricht S. 55).

2 Vgl. Pressemitteilung des Kultusministeriums Baden-Württemberg vom 21. Februar 2006; Rede von Kultusminister Rau zu G8 im Landtag vom 30. November 2005.

3 Vgl. zum Beispiel Kleine Anfrage der Abgeordneten Renate Rastätter GRÜNE, Drucksache 13/5204, vom 28. Februar 2006; Pressekonferenz der GRÜNEN im Landtag von Baden-Württemberg am 15. Februar 2008; LEB: Bei der Umsetzung muss nachgebessert werden – Stellungnahme des Landeselternbeirats zu G8 ist heute so aktuell wie einst, in: Schule im Blickpunkt 2007/08, Heft 4, S. 15.

4 Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg: Gymnasium 2004, Oktober 2004, S. 11.

5 Vgl. Pressemitteilung des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 15. August 2008.

6 Vgl. Pressemitteilung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg vom 24. Juni 2008.

7 Vgl. Internetseiten des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg, Stand 16. Juli 2008.

8 Vgl. Landesinstitut für Schulentwicklung und Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Bildungsberichterstattung 2007, Dezember 2007, S. 78.

9 Ohne Aussiedler an Freien Waldorfschulen (da nicht erhoben).

10 Es wird explizit gefragt, wo der Schüler/die Schülerin am Ende des vorangegangenen Schuljahres war. Schulartwechsel zum Beispiel zum Halbjahr werden daher schulstatistisch nicht erfasst und können aufgrund fehlender Individualdaten nicht nachgewiesen werden.

11 Auch hier gilt die Einschränkung, dass Schulartwechsel während des Schuljahres schulstatistisch nicht nachweisbar sind.

12 Unabhängig von der probeweisen Aufnahme in die nächsthöhere Klassenstufe gibt es an den Gymnasien weiterhin die Möglichkeit der »ausnahmsweisen« Versetzung nach § 1 (3) VO Gymnasien; im Jahr 2007 wurden hier 119 Fälle gemeldet.

13 Schwarz-Jung, Silvia: »Nichtversetzte 2007 – Die Quoten sinken«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2008«

14 § 9 a VO Gymnasien.

15 Vgl. Internetseiten des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, Stand 22. Juli 2008.