:: 9/2019

Regionales Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg 2000 bis 2016 - Teil 2

Entwicklung der Wirtschaftskraft und der Arbeitsproduktivität

Nachdem sich der erste Beitrag der Veröffentlichungsreihe rund um das Thema »Regionales Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg 2000 bis 2016« der Entwicklung der Wirtschaftsleistung gewidmet hat,1 steht im zweiten Beitrag die Wirtschaftskraft und Arbeitsproduktivität im Mittelpunkt. Als Wirtschaftskraft ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner definiert. Die Spannweite zwischen Minimum und Maximum der Wirtschaftskraft der baden-württembergischen Kreise hat im Zeitraum 2000 bis 2016 abgenommen. Kreise mit einer geringeren Wirtschaftskraft legten beim Wirtschaftswachstum stärker zu, wenngleich im Südwesten dieser Effekt geringer ausfiel als in Deutschland. Seit 2010 dämpfte der gestiegene Zuzug nach Baden-Württemberg die reale Wirtschaftsleistung pro Kopf insbesondere in Regionen, zu denen auch Stadtkreise gehören.

Die Arbeitsproduktivität, das BIP bezogen auf die Zahl der Erwerbstätigen, ist eine zentrale Determinante des Wirtschaftswachstums. Dieser Zusammenhang lässt sich auch für den Südwesten feststellen. Daher geht der hierzulande seit 2008 geringere Produktivitätszuwachs auch mit einem niedrigeren realen Wachstum einher. Diese Entwicklung war allerdings nicht auf Baden-Württemberg begrenzt, sondern betraf ganz Deutschland und nahezu alle europäischen Staaten. Insgesamt reduzierte sich die Ungleichheit beim BIP je Einwohner seit 2000 und erhöhte sich beim BIP je Erwerbstätigen jeweils leicht. Generell ist das BIP je Einwohner regional ungleicher über das Land verteilt als das BIP je Erwerbstätigen.

Entwicklung der Wirtschaftskraft: die Landessicht

Bezieht man das BIP auf die im Kreis beziehungsweise in der Region ansässigen Einwohner, so erhält man einen Ansatzpunkt für die dort erzielte Wirtschaftskraft. Da sich jedoch das BIP auf den Arbeitsort und die Zahl der Einwohner auf den Wohnort bezieht, kann es durch Pendlerbewegungen zu starken regionalen Verzerrungen kommen.2 So erwirtschaften diejenigen Personen das jeweilige regionale BIP, die an diesem Arbeitsort ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen und nicht die dort lebenden Einwohner. Tabelle 1 enthält die nominale und reale BIP-Entwicklung je Einwohner im Gesamtzeitraum 2000 bis 2016 sowie in den beiden Zeitabschnitten 2000 bis 2008 und 2008 bis 2016 nach Kreisen und Regionen. So betrug 2016 das nominale BIP pro Kopf im Südwesten rund 43 600 Euro und übertraf damit den bundesdeutschen Wert um 14 %. Unter den deutschen Flächenländern verfügte einzig Bayern über ein noch höheres BIP je Einwohner (knapp 16 % über dem Bundesdurchschnitt). Seit dem Jahr 2000 erhöhte sich die Wirtschaftsleistung je Einwohner in Baden-Württemberg durchschnittlich um 2,4 %, wobei das Wachstum im Zeitraum 2000 bis 2008 gegenüber dem Zeitraum 2008 bis 2016 nur geringfügig stärker ausfiel (2,5 % beziehungsweise 2,3 %). Bedingt durch den hohen Zuzug an Einwohnern in den Südwesten lag das Pro-Kopf-Wachstum im Gesamtzeitraum durchschnittlich um 0,2 Prozentpunkte unter dem nominalen BIP-Wachstum. Im zweiten Zeitraum unterschieden sich beide Größen sogar um einen halben Prozentpunkt.

Entwicklung der Wirtschaftskraft: die Kreise und Regionen

Wie zuvor beschrieben, verfügte Baden-Württemberg 2016 im Länderranking über das zweithöchste BIP pro Kopf der bundesdeutschen Flächenländer. Doch wie ist dieses im Land verteilt? Ganz vorne, knapp 90 % über dem Landesdurchschnitt, lag 2016 der Stadtkreis Stuttgart gefolgt vom Stadtkreis Ulm mit über 70 % und dem Landkreis Böblingen mit gut 50 % über dem Landeswert. Am anderen Ende der Skala erzielten der Landkreis Calw nur 63 % und die Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald und der Enzkreis jeweils etwa zwei Drittel des landesweiten BIP pro Kopf. Dennoch zeigt sich, dass die regionale Ungleichheit beim nominalen BIP deutlich größer ausfiel als beim BIP pro Kopf.3

Nahezu deckungsgleich sind dagegen die Spitzen- und Schlussgruppe des Wachstumsrankings von nominalem Gesamt- und Pro-Kopf-BIP. So erhöhte sich das BIP je Einwohner im Landkreis Biberach von 2000 bis 2016 durchschnittlich am stärksten (3,9 %), gefolgt von den Landkreisen Heilbronn (3,6 %) und Böblingen (3,4 %). Exakt diese Reihenfolge ergab sich auch beim BIP-Wachstum. In der Schlussgruppe tauschten die Landkreise Lörrach (1,4 %) und Heidenheim (1,5 %) im Vergleich zum BIP-Wachstum die Plätze, wobei man anmerken muss, dass der Abstand zwischen beiden Wachstumsraten gerade einmal 0,1 Prozentpunkte ausmacht. Schlusslicht blieb der Stadtkreis Heilbronn (0,8 %).

Die gleiche Beobachtung gilt in den Regionen: beim BIP-Wachstum je Einwohner, wie auch beim Zuwachs des BIP insgesamt, belegten die Regionen Donau-Iller (3 %), Bodensee-Oberschwaben (2,8 %) und Heilbronn-Franken (2,7 %) die Spitzenplätze, während Hochrhein-Bodensee (2 %), Nordschwarzwald (2,1 %) und Rhein-Neckar (2,2 %) am unteren Ende der Wachstumsskala lagen. Auffällig ist die Entwicklung in der Region Ostwürttemberg, deren BIP pro Kopf geringfügig stärker zulegte als das nominale Wirtschaftswachstum dies angezeigt hatte (2,7 % gegenüber 2,6 %). Überproportional gedämpft im Vergleich zum ursprünglichen BIP-Wachstum wurde der BIP-Zuwachs je Einwohner in der Region Südlicher Oberrhein (2,2 % gegenüber 2,7 %).

BIP je Einwohner der Regionen im Landes- und Zeitvergleich

Schaubild 1 zeigt den jeweiligen Minimal- und Maximalwert des BIP je Einwohner in den zu Regionen zusammengefassten Kreisen bezogen auf den Landesdurchschnitt. Hinter der dort ausgewiesenen Spannbreite zwischen Minimum und Maximum steht allerdings eine unterschiedliche Anzahl an Kreisen, nämlich von nur zwei Kreisen in Ostwürttemberg bis zu sechs in der Region Stuttgart. Durchschnittlich umfasst eine Region drei oder vier Kreise. Daher kann eine geringe Spannweite auch auf die geringe Anzahl an Kreisen zurückgeführt werden. Regionen mit den höchsten BIP-Zuwachsraten im Zeitraum 2000 bis 2016 konnten auch ihr BIP pro Kopf gegenüber dem Landesdurchschnitt deutlich erhöhen, während Regionen mit unterdurchschnittlichem Wachstum gegenüber dem Landesdurchschnitt an Boden verloren.4 Die Spannbreite zwischen dem größten und geringsten BIP je Einwohner in den Kreisen reduzierte sich seit 2000 landesweit um 10 Prozentpunkte auf 125 %. Innerhalb der Regionen war diese im Jahr 2016 in Stuttgart (112 %) und Donau-Iller (103 %) am höchsten, in Hochrhein-Bodensee (8 %) und Neckar-Alb (14 %) am gleichmäßigsten verteilt. Am stärksten sank die Spannbreite seit 2000 in den Regionen Heilbronn-Franken (– 33 Prozentpunkte) und Mittlerer Oberrhein (– 12 Prozentpunkte). Einen Anstieg verzeichneten die Regionen Schwarzwald-Baar-Heuberg (+ 12 Prozentpunkte) und Bodensee-Oberschwaben (+ 11 Prozentpunkte).

Entwickeln sich Kreise mit einem niedrigen BIP pro Kopf dynamischer?

Die Betrachtungen zur rückläufigen Spannbreite beim BIP je Einwohner lassen sich noch um einen Aspekt erweitern. Nämlich, ob Kreise mit einem geringeren Ausgangsniveau ihrer Wirtschaftskraft stärker wachsen als Kreise mit höherem Ausgangsniveau. Mithilfe einer einfachen Kleinstquadrate-Schätzung wird der Frage nachgegangen, ob das Ausgangsniveau beim BIP je Einwohner einen Effekt auf das BIP-Wachstum pro Kopf zwischen 2000 und 2016 hat. Für Deutschland wie Baden-Württemberg kann ein negativer Zusammenhang zwischen der Höhe des BIP pro Kopf im Jahr 2000 und dem Wachstum zwischen 2000 und 2016 hergestellt werden. Die in der Übersicht dargestellten Ergebnisse sind wie folgt zu interpretieren. Bundesweit verzeichneten Regionen, in denen das BIP je Einwohner im Jahr 2000 1 % höher war, eine 0,13 Prozentpunkte geringere Wachstumsrate beim BIP pro Kopf. Gewichtet man die Beobachtungen mit der jeweiligen Bevölkerung, so liegt die Wachstumsrate sogar 0,15 Prozentpunkte niedriger.5 Regionen mit hoher Wirtschaftskraft wachsen also tendenziell langsamer als Regio­nen mit geringer Wirtschaftskraft.

In Baden-Württemberg fällt die Konvergenz deutlich schwächer aus. Hier verzeichnen Regionen mit einem 1 % höheren BIP je Einwohner im Jahr 2000 ein um nur 0,08 Prozentpunkte schwächeres Wachstum. Gewichtet mit der Bevölkerung wird der Zusammenhang sogar noch lockerer. Dies ist damit zu erklären, dass im Südwesten kein so ausgeprägtes Gefälle bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf zu beobachten ist, wie dies in Deutschland beispielsweise zwischen Ost und West auch 30 Jahre nach dem Mauerfall noch der Fall ist.

Zuzug in die Südwestregionen dämpft Wachstum des realen BIP pro Kopf seit 2010

Im Folgenden wird das reale BIP je Einwohner der realen Wirtschaftsleistung gegenübergestellt. Auf Landesebene legte das reale BIP pro Kopf im Zeitraum 2000 bis 2016 um durchschnittlich 1,1 % zu. Dies sind 0,3 Prozentpunkte weniger als das preisbereinigte BIP-Wachstum. Im Zeitraum 2000 bis 2008 entsprach die Differenz 0,1 Prozentpunkte und in der zweiten Periode 0,5 Prozentpunkte. Somit ist der Unterschied beim preisbereinigten BIP-Wachstum und der entsprechenden Pro-Kopf-Entwicklung deckungsgleich zur bereits oben beschriebenen nominalen Situation. Die reale Pro-Kopf-Entwicklung fiel landesweit seit 2000 kumuliert 5 Prozentpunkte geringer aus als das BIP (Schaubild 2). Insgesamt 8 Prozentpunkte beträgt der Abstand sogar in der Region Südlicher Oberrhein, während das BIP pro Kopf in Ostwürttemberg knapp 1 Prozentpunkt höher lag. Die Entwicklung verlief innerhalb des Zeitraums 2000 bis 2016 allerdings nicht linear. Etwa ab dem Jahr 2010 wuchs aufgrund des gestiegenen Zuzugs in die baden-württembergischen Regionen die reale Wirtschaftsleistung je Einwohner schwächer als die reale Wirtschaftsleistung. Besonders ausgeprägt war die Entwicklung in Regionen, zu denen auch Stadtkreise gehören.6

BIP je Erwerbstätigen: reale Entwicklung Baden-Württembergs im EU-Vergleich

Die Wirtschaftsleistung auf die Erwerbstätigen zu beziehen ist eine weitere gängige Methode, um Zusammenhänge beim Wirtschaftswachstum zu identifizieren. Hierbei steht die Produktionsseite im Vordergrund, da die Entwicklung des BIP je Erwerbstätigen Rückschlüsse auf die Arbeitsproduktivität zulässt. Ein zentraler Unterschied ergibt sich gegenüber dem zuvor beschriebenen BIP je Einwohner. Da sich Wirtschaftsleistung und Erwerbstätige auf den gleichen Arbeitsort beziehen und damit räumlich auf die gleiche Region beziehungsweise den gleichen Kreis, kommt es folglich zu keinen pendlerbedingten Verzerrungen.

Real erhöhte sich die Arbeitsproduktivität im Südwesten seit 2000 durchschnittlich um 0,7 % pro Jahr und wuchs damit nur halb so kräftig wie die reale Wirtschaftsleistung selbst (+ 1,4 %). Unterteilt man den untersuchten Zeitraum wieder in zwei 8-Jahresabschnitte, so wird deutlich, dass die Wachstumsdifferenz im zweiten Zeitabschnitt größer wurde. Dort legte die Arbeitsproduktivität nämlich durchschnittlich um nur 0,4 % zu, während das reale Wirtschaftswachstum fast einen Prozentpunkt (+ 1,3 %) höher ausfiel. Im ersten Zeitabschnitt 2000 bis 2008 lag der Unterschied zwischen Arbeitsproduktivität und BIP-Wachstum noch bei einem halben Prozentpunkt (1,1 % gegenüber 1,6 %). Baden-Württemberg ist allerdings mit der Abschwächung bei der Arbeitsproduktivität seit 2008 nicht alleine. Berechnet man die durchschnittlichen Wachstumsraten für große europäische Volkswirtschaften, so verzeichneten diese bis auf Spanien deutlich langsamere Zuwachsraten (Schaubild 3). Durchschnittlich erhöhte sich die Arbeitsproduktivität in der EU-28 von 2008 bis 2016 um gut einen halben Prozentpunkt langsamer (0,6 %) als noch im Zeitraum 2000 bis 2008. Frankreich bewegte sich in etwa im europäischen Durchschnitt, während die Arbeitsproduktivität in Italien verstärkt schrumpfte (– 0,5 %). Einen besonders großen Wachstumseinbruch um 1,1 Prozentpunkte erlebte vor allem das Vereinigte Königreich. Mit einem Zuwachs beim BIP je Erwerbstätigen von 0,3 % von 2008 bis 2016 lag es gleich auf mit Deutschland.

Abschwächung der Arbeitsproduktivität in den meisten Kreisen Baden-Württembergs

Die Abschwächung bei der Arbeitsproduktivität ist also nicht auf den Südwesten beschränkt, wenngleich sie leicht stärker als im europäischen Vergleich ausfiel. Vor diesem Hintergrund ist es für die Entwicklung in den hiesigen Regionen und Kreisen interessant, ob und inwieweit diese von der Wachstumsabschwächung seit 2008 betroffen sind. Hier bietet sich eine Darstellung in einem 4-Quadrantenschema an (Schaubild 4 und Tabelle 2). Insgesamt 13 Kreise entwickelten sich bei der Arbeitsproduktivität in beiden Zeitabschnitten stärker (I. Quadrant) und zwölf Kreise schwächer als der Landesdurchschnitt (III. Quadrant). In 13 Kreisen legte die Arbeitsproduktivität im Zeitraum 2000 bis 2008 stärker, im Zeitraum 2008 bis 2016 dagegen schwächer zu als in Baden-Württemberg (IV. Quadrant). Die genau umgekehrte Situation – ein schwächeres Wachstum im ersten und stärkeres im zweiten Zeitabschnitt verglichen zum Land trat in sechs Kreisen auf (II. Quadrant). Insgesamt drei Kreise (Stadtkreis Heilbronn, Landkreis Böblingen sowie der Stadtkreis Ulm) stemmten sich gegen den Trend sinkender Wachstumsraten bei der Wirtschaftsleistung je Erwerbstätigen und konnten ihre Arbeitsproduktivität im zweiten Zeitabschnitt deutlich steigern. Die im Landesdurchschnitt sinkende Arbeitsproduktivität hat allerdings auch zur Folge, dass diese in elf Kreisen im Zeitraum 2008 bis 2016 sogar deutlich negativ wurde. Dort sank die Wirtschaftsleistung je Erwerbstätigen.

Auch in den Regionen setzt sich das geteilte Bild fort. Vier Regionen (Ostwürttemberg, Schwarzwald-Baar-Heuberg, Donau-Iller und Bodensee-Oberschwaben) konnten in den Zeitabschnitten 2000 bis 2008 und 2008 bis 2016 ihre Arbeitsproduktivität verglichen mit dem Land überdurchschnittlich steigern. Unterdurchschnittlich in beiden Perioden verlief die Entwicklung ebenfalls in vier Regionen (Nordschwarzwald, Südlicher Oberrhein, Hochrhein-Bodensee und Neckar-Alb). In zwei Regionen verlief die Entwicklung im 1. Abschnitt unterdurchschnittlich und im 2. Abschnitt überdurchschnittlich (Stuttgart und Heilbronn-Franken). Die zwei verbliebenden Regionen Mittlerer Oberrhein und Rhein-Neckar lagen entsprechend 2000 bis 2008 über und 2008 bis 2016 unter dem Landesdurchschnitt.

Wachstumsbeiträge der Regionen zur Arbeitsproduktivität im Land

Analog zur Verteilung der Wachstumsbeiträge des realen BIP7 auf die Regionen kann man eine ähnliche Aufteilung bei der Arbeitsproduktivität vornehmen. Auch hier wird der Anstieg in den zwei Zeitabschnitten 2000 bis 2008 und 2008 bis 2016 verglichen (Schaubild 5). In der ersten Periode betrug das kumulierte Wachstum 9 %, in der zweiten 3 %. Das Produktivitätswachstum verteilte sich 2000 bis 2008 noch recht gleichmäßig im Land. Rund 20 % steuerte die Region Stuttgart bei, danach folgten mit knapp 14 % und 11 % die Regionen Rhein-Neckar und Mittlerer Oberrhein. Dieses Verhältnis hat sich seit 2008 deutlich verändert. Nicht nur hat sich das kumulative Wachstum auf ein Drittel verglichen mit dem Durchschnitt 2000 bis 2008 reduziert (von 9 % auf 3 %). Die Impulse bei der Arbeitsproduktivität kamen nun zu über 50 % aus der Region Stuttgart. Als nennenswerte Taktgeber sind noch die Regionen Heilbronn-Franken (14 %) und Donau-Iller (11 %) zu nennen. Da die Arbeitsproduktivität in drei Regionen schrumpfte, ist ihr Wachstumsbeitrag entsprechend negativ. Davon betroffen waren die Regionen Hochrhein-Bodensee (– 4 %), Rhein-Neckar (– 3 %) und Südlicher Oberrhein (– 1 %). Damit ist die Abhängigkeit des Landes von der Region Stuttgart bei der Arbeitsproduktivität noch ausgeprägter als beim realen Wirtschaftswachstum.

Arbeitsproduktivität als Determinante des Wirtschaftswachstums

Der international ebenso wie im Südwesten zu beobachtende verlangsamte Produktivitätsanstieg im Zeitraum 2008 bis 2016 hat viele Ursachen. Genannt werden hierbei unter anderem eine schwache Investitionsentwicklung, sowie der Strukturwandel hin zum Dienstleistungssektor, in dem die Produktivitätszuwächse geringer als im Produzierenden Gewerbe ausfallen. Der verlangsamte Produktivitätsanstieg gibt Anlass zur Sorge, denn als wichtige Determinante sorgt dieser nämlich für Wirtschaftswachstum. Volkswirtschaften mit einem zukünftig abnehmenden Arbeitsangebot sind aufgrund ihrer demografischen Entwicklung daher im besonderen Maße auf Zuwächse der Produktivität angewiesen. Schaubild 6 verdeutlicht, dass Kreise mit einer stärker zunehmenden Arbeitsproduktivität tendenziell ein höheres Wirtschaftswachstum aufwiesen. Die Abbildung zeigt allerdings auch, dass mit dem seit 2008 geringer ausgefallenen Produktivitätsfortschritt auch das reale BIP-Wachstum nachgelassen hat.

Regionale Dreiteilung beim BIP je Erwerbstätigen

Betrachtet man den Durchschnitt sowie das Minimum und Maximum des nominalen BIP je Erwerbstätigen in Relation zum Landesdurchschnitt, so wird eine regionale Dreiteilung sichtbar (Schaubild 7). Zum einen Regionen, deren BIP je Erwerbstätigen 2016 im Durchschnitt deutlich über dem Landeswert lag. Dies umfasste die drei Regionen Stuttgart, Mittlerer Oberrhein sowie Donau-Iller. In die zweite Gruppe fallen Regionen, deren BIP je Erwerbstätigen 2016 unter dem Landesdurchschnitt lag, einzelne Kreise innerhalb der Regionen jedoch pro Erwerbstätigen eine Wirtschaftsleistung deutlich über dem Landesschnitt erzielten. Dieser Fall traf auf die Regionen Heilbronn-Franken, Rhein-Neckar sowie Bodensee-Oberschwaben zu. Schließlich umfasst die dritte Gruppe Regionen, die sich sowohl beim regionalen Durchschnitt als auch beim Maximalwert innerhalb der Region unterhalb des Landeswertes befanden. Insgesamt sechs Regionen fallen in diese Kategorie (Ostwürttemberg, Nordschwarzwald, Südlicher Oberrhein, Schwarzwald-Baar-Heuberg, Region Hochrhein-Bodensee und Region Neckar-Alb).

Dennoch darf man die beschriebene Dreiteilung nicht überbewerten. Die Spannweite zwischen dem Maximum und Minimum des BIP je Erwerbstätigen betrug 2016 nur gut 58 % bezogen auf den Landesdurchschnitt. Richtig ist dagegen auch, dass die Spannbreite seit dem Jahr 2000 um 9 Prozentpunkte gestiegen ist. Vergleicht man die Entwicklung beim BIP je Erwerbstätigen (Schaubild 7) mit der Wirtschaftsleistung je Einwohner (Schaubild 1) so fällt auf, dass die Spannbreite bei letzterem deutlich ausgeprägter ist (2016: 125 %), aber über die Zeit hinweg abgenommen hat (– 10 Prozentpunkte seit dem Jahr 2000).

Ungleichheit bei Wirtschaftsleistung je Einwohner und Erwerbstätigen in den Kreisen

Anhand drei weiterer Ungleichheitsmaße kann in Schaubild 8 gezeigt werden, inwieweit die in den Schaubildern 1 und 7 sichtbaren Verteilungstendenzen seit 2000 auch dort anzutreffen sind. Beim BIP je Einwohner stieg die Ungleichheit gemessen mit dem 95-5-Perzentilverhältnis8 bis 2009 an. Gemäß dem Gini-Koeffizienten und der Standardabweichung erhöhte sich diese bis zum Jahr 2003, bevor ein bis auf den Ausschlag der Jahre 2008/2009 stetiger Rückgang einsetzte. Somit ist die Ungleichheit beim BIP je Einwohner laut allen in Schaubild 8 dargestellten Ungleichheitsmaßen seit 2000 leicht zurückgegangen.

Die Ungleichverteilung der Wirtschaftsleistung je Erwerbstätigen wies ein etwas anderes Muster auf. So erhöhte sich das 95-5-Perzentilverhältnis insbesondere seit 2009. Eine ähnliche Bewegung war beim Gini-Koeffizienten und der Standardabweichung zu beobachten. Insbesondere das Jahr 2007 stach bei allen Ungleichheitsmaßen als Ausreißer hervor. Insgesamt erhöhte sich die Ungleichheit bei der Wirtschaftsleistung je Erwerbstätigen zwischen 2000 und 2016 leicht, wie bereits die leicht erhöhte Spannbreite (Schaubild 7) vermuten ließ. Die drei Ungleichheitsmaße zeigen aber auch, dass das BIP je Einwohner deutlich ungleicher verteilt ist als das BIP je Erwerbstätigen.9

1 Siehe Debes, Sebastian: »Regionales Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg 2000 bis 2016«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2019« S. 42 ff.

2 Wirtschaftsleistung wird in Kreis A erbracht, Arbeitnehmer wohnt dagegen in Kreis B. Siehe beispielsweise Münzenmaier, Werner: »Attraktivität großer Städte als Wohn- und Arbeitsort«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2018«

3 So betrug der Gini-Koeffizient beim nominalen BIP 0,36, während er beim BIP je Einwohner nur den Wert 0,16 annahm.

4 Die Region Donau-Iller gewann 10, Bodensee-Oberschwaben 6 und Heilbronn-Franken 5 Prozentpunkte gegenüber dem Landesdurchschnitt. Hochrhein-Bodensee büßte 5, Rhein-Neckar 4 und Nordschwarzwald 3 Prozentpunkte gegenüber dem Durchschnitt ein.

5 Somit nimmt der Effekt durch die Bevölkerungsgewichtung sogar noch um knapp 20 % zu. Diese Ergebnisse entsprechen den Schlussfolgerungen von Braml, Martin/Felbermayr, Gabriel (2018): Regionale Ungleichheit in Deutschland und der EU: Was sagen die Daten? in: ifo Schnelldienst 7/2018, S. 36 ff.

6 Insbesondere in den Regionen Südlicher Oberrhein (Freiburg), Mittlerer Oberrhein (Karlsruhe), Donau-Iller (Ulm), Stuttgart (Stuttgart).

7 Siehe Debes, Sebastian: »Regionales Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg 2000 bis 2016«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2019« S. 42 ff.

8 Hierbei werden die niedrigsten und die höchsten 5 % der Werte nicht berücksichtigt.

9 So lag 2016 das 95-5-Perzentilverhältnis beim BIP je Einwohner 1,6-mal höher und die Standardabweichung 2,1-mal höher als beim BIP je Erwerbstätigen. Ähnlich verhält sich der bei Vergleichen von Standardabweichungen auch verwendete Variationskoeffizient (Standardabweichung normiert durch den Mittelwert). Dieser lag beim BIP je Einwohner 2,2-mal höher als beim BIP je Erwerbstätigen. Die Zeitreihen der Variationskoeffizienten sind ebenfalls mit den im Schaubild 7 dargestellten Entwicklungen deckungsgleich.