:: 10/2019

Kommunaler Finanzausgleich 2018

Rund 11,6 Milliarden Euro Zuweisungen in Baden-Württemberg

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes hat der kommunale Bereich1 in Baden-Württemberg im Jahr 2018 rund 11,6 Mrd. Euro an Zuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches erhalten.2 Das entspricht pro Einwohnerin und Einwohner ca. 1 050 Euro. Dies bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 7,5 % oder um 67 Euro je Einwohnerin und Einwohner und im Vergleich zu 2010 ein Anstieg von über 60 % oder von 390 Euro je Einwohnerin und Einwohner.

Der kommunale Bereich in Baden-Württemberg hat vielfältige Aufgaben. Um diese Aufgaben zu bewältigen, steht den Gemeinden neben den eigenen Steuereinnahmen (unter anderem die Grund- und Gewerbesteuer) auch ein Anteil an der dem Bund und den Ländern zustehenden Einkommen- und Umsatzsteuer im Rahmen des sogenannten »Steuerverbundes« zu.

Der kommunale Finanzausgleich ist ein weiteres Instrument, um den kommunalen Bereich bei seinen Aufgaben finanziell zu unterstützen. Dabei gewährt das Land Finanzzuweisungen für vielerlei Zwecke, auch mit dem Ziel die Finanzkraftunterschiede zwischen den einzelnen Kommunen zu mildern (»Harmonisierungsgebot«). Die Zuweisungen werden zum größten Teil aus der sogenannten Finanzausgleichsmasse3 gewährt. Diese speist sich überwiegend aus dem Landesanteil an den Gemeinschaftssteuern (Lohn- und Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer) und der Gewerbesteuerumlage.

Die Finanzausgleichsumlage

Ein weiterer Teil der Finanzausgleichsmasse wird auch über die Finanzausgleichsumlage4 (FAG-Umlage) generiert, die von den Kommunen an das Land zu entrichten ist. Die FAG-Umlage ist ein wesentliches Element des horizontalen Finanzausgleichs, da alle Kommunen unterschiedlich stark an der Bildung der Verteilungsmasse beteiligt werden. Dabei werden steuerstarke Kommunen im Vergleich zu finanzschwächeren Kommunen mit einer höheren Umlage belastet und erhalten weniger Zuweisungen aus der Finanzausgleichsmasse. Bemessen wird die Umlage an der Steuerkraftsumme einer Kommune, davon beträgt der Mindestumlagesatz für alle Kommunen 22,1 %. Bei Gemeinden, deren Steuerkraftmesszahl 60 % des »Bedarfs« übersteigt, erhöht sich der Umlagesatz für jeden weiteren Prozentpunkt um 0,06 %, bis auf maximal 32 % (siehe i-Punkt unten).

Die Finanzausgleichsmasse belief sich im Jahr 2018 auf insgesamt rund 10,4 Mrd. Euro (2010: 7 Mrd. Euro). Die von den Kommunen geleistete FAG-Umlage summierte sich auf gut 4,2 Mrd. Euro (2010: 3,2 Mrd. Euro), davon flossen etwa 85 % in die Finanzausgleichsmasse mit ein. Im Folgenden werden die einzelnen Zuweisungsarten in ihren Grundzügen vorgestellt.

Die Schlüsselzuweisungen

Für die Gesamtheit der Kommunen sind die Schlüsselzuweisungen5 eine der wichtigsten Einnahmen aus dem kommunalen Finanzausgleich. Die Schlüsselzuweisungen dienen zur Deckung der kommunalen Aufgaben (Bedarf), die nicht durch die eigenen Steuereinnahmen abgedeckt werden können. Mit den Schlüsselzuweisungen soll jedoch der Bedarf nicht vollständig ausgeglichen werden, da sonst der Anreiz, höhere, eigene Steuereinnahmen zu erzielen, schwinden würde (»Übernivellierungsverbot«). Der Bedarf wird für Finanzausgleichszwecke aus der Einwohnerzahl und einer Messzahl, die Kopfbetrag genannt wird, ermittelt. Hierbei finden sogenannte Hinzurechnungen für besondere »Belastungen« im Finanzausgleich statt. Als Beispiel sei erwähnt, die Anzahl der in den Justizvollzugsanstalten der Gemeinden untergebrachten Insassinnen und Insassen. Diese Schlüsselzuweisungen beliefen sich im Jahr 2018 auf rund 7,3 Mrd. Euro (2010: 4,4 Mrd. Euro). Bei den Städten und Gemeinden wurde für jede Einwohnerin und jeden Einwohner ein Grundkopfbetrag von 1 334 Euro festgesetzt. Dieser wird je nach Einwohnerzahl gestaffelt (von 100 % bis 186 %). Beispielsweise entspricht bei einer Gemeinde mit ca. 7 100 Einwohnerinnen und Einwohnern der Kopfbetrag rund 106 % oder bei einer Gemeinde mit ca. 120 000 Einwohnerinnen und Einwohnern entspricht der Kopfbetrag rund 138 %, des Grundkopfbetrages. Bei den Landkreisen wurde je Einwohnerin und Einwohner ein Kopfbetrag von 700 Euro, ohne weitere Staffelung, zugrunde gelegt.

Zu diesen Schlüsselzuweisungen gehört auch die kommunale Investitionspauschale. Diese wird auf die Gemeinden im Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen verteilt und soll dabei grundsätzlich für Investitions- und Unterhaltungsmaßnahmen verwendet werden.

Sonstige Zuweisungen

Die Stadtkreise, Landkreise, großen Kreisstädte sowie die Verwaltungsgemeinschaften erhalten je Einwohnerin und Einwohner »sonstige« Zuweisungen6 zu ihren Kosten als untere Verwaltungsbehörde. Trotz dieser eher lapidaren Bezeichnung sind diese jedoch keineswegs unbedeutend. Allein der Umfang der zu verteilenden Mittel in Höhe von insgesamt fast 695 Mill. Euro im letzten Jahr (2010: 564 Mill. Euro) unterstreicht deren Bedeutung.

Mit einem Anteil von gut 70 % an der Zuweisungssumme entfällt jedoch der größte Posten auf einen Ausgleich für die den Stadt- und Landkreisen übertragen Aufgaben im Rahmen des Sonderbehörden-Eingliederungsgesetz, des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes oder durch das baden-württembergische Ausführungsgesetz zum Prostituiertenschutzgesetz. Die Verteilung dieser Mittel erfolgt mit einem gesetzlich festgelegten Verteilungsschlüssel.

Der Schullastenausgleich

Die kommunalen Schulträger der öffentlichen Schulen erhalten im Rahmen des Schullastenausgleiches7 für jede Schülerin und jeden Schüler einen Beitrag zu den laufenden Schulkosten, den sogenannten Sachkostenbeitrag. Dieser Sachkostenbeitrag wird für jede Schulart, jede Schulstufe sowie für Schulen mit Voll- und Teilzeitunterricht verschieden hoch festgesetzt. Er wird dabei so bemessen, dass die laufenden Schulkosten angemessen ausgeglichen werden, jedoch den Landesdurchschnitt der laufenden Kosten für eine Schülerin oder einen Schüler nicht übersteigt. Hiervon ausgenommen sind die Schülerinnen und Schüler, die eine Grundschule, die Klassen 1 bis 4 einer Gemeinschaftsschule oder eine Fachschule besuchen.

Die Stadt- und Landkreise erhielten zusätzlich 194 Mill. Euro für die Schülerbeförderung nach einem gesetzlich festgelegten Verteilungsschlüssel8. Insgesamt wurden in diesem Bereich 2018 rund 1,2 Mrd. Euro (2010: 918 Mill. Euro) bereitgestellt.

Der Fremdenverkehrslastenausgleich

Kur- und Erholungsorte erhalten aus dem Kommunalen Investitionsfonds pauschale Zuweisungen im Rahmen des Fremdenverkehrslastenausgleiches9, die grundsätzlich für Investitions- und Unterhaltungsmaßnahmen verwendet werden sollen. Die Mittel von 6 Mill. Euro erhielten nur die nach dem Kurortegesetz anerkannten Gemeinden/Gemeindeteile mit zusammen jährlich mehr als 50 000 kurtaxepflichtigen Übernachtungen. Je nach Prädikatisierungsgrad einer Gemeinde oder eines Gemeindeteils werden die Übernachtungen unterschiedlich gewichtet. Dabei werden beispielsweise die Übernachtungen der Luftkur- und Erholungsorte einfach, die der Gemeindeteile mit anerkannten Heilbädern zweifach gewertet.

Der Soziallastenausgleich

Einen teilweisen Ausgleich der durch die Stadt- und Landkreise getragenen Sozialhilfelasten findet durch die Zuweisungen im Rahmen des Soziallastenausgleiches10 statt. Zur Auszahlung kamen 2018 etwa 105 Mill. Euro (2010: 106 Mill. Euro). Dabei werden die Nettoausgaben (Ausgaben abzüglich der Einnahmen), die den Landesdurchschnitt übersteigen, zu 40 % bei den Landkreisen und zu 30 % bei den Stadtkreisen ausgeglichen. Berücksichtigt werden im Wesentlichen die Transferausgaben im Bereich der Sozialhilfe, bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Der Verkehrslastenausgleich

Zur Förderung des kostenintensiven kommunalen Straßenbaus und des ÖPNV gibt es Zuweisungen im sogenannten Verkehrslastenausgleich11. Für die Unterhaltung sowie den Neu-, Um- und Ausbau von Straßen, die sich in der Baulast einer Kommune oder eines Zweckverbandes befinden, erfolgt die Mittelverteilung nach der Straßenlänge. Berücksichtigt werden dabei die Gemeindeverbindungsstraßen, Kreisstraßen und die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen. Daneben gibt es pauschale Zuweisungen für Investitionen an alle Gemeinden im Verhältnis zu ihrer Gemeindefläche. Der wichtigste Topf für den kommunalen Verkehrslastenausgleich ist die Verkehrslasten-Verbundmasse. Das Land stellt dabei einen Anteil an den Ersatzzuweisungen des Bundes, als Ausgleich für die Übertragung der Ertrags- und Verwaltungshoheit an der Kraftfahrzeugsteuer auf den Bund, zur Verfügung. Die Höhe dieser Zuweisungsart verringerte sich leicht von rund 205 Mill. Euro im Jahr 2010 auf gut 200 Mill. Euro 2018.

Kosten der Ausbildung

Die Kommunen erhalten zudem für jede Person in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst zu den Kosten der Ausbildung12 während des Einführungspraktikums eine einmalige Zuweisung. Dieser Pauschalbetrag orientiert sich an der Besoldungsentwicklung. Für 2018 belief sich der Kopfbetrag auf rund 5 900 Euro. In der Summe wurden Zuweisungen in Höhe von gut 3,6 Mill. Euro (2010: 2 Mill. Euro) ausbezahlt.

Der Familienleistungsausgleich

Die Zuweisungen im Rahmen des Familienleistungsausgleiches13 sind als Ausgleich aus der Neuregelung zur Auszahlung des Kindergeldes zum 1. Januar 1996 geschaffen worden. Durch die damalige Systemumstellung wurde das Existenzminium für Kinder von der Besteuerung freigestellt. Dadurch entstanden den Ländern und Gemeinden Mindereinnahmen bei der Lohn- und Einkommensteuer. Als Ausgleich wurde den Ländern ein höherer Anteil am Umsatzsteueraufkommen zugesichert. Das Land stellt seither den Gemeinden von diesen Umsatzsteuermehreinnahmen 26 % zur Verfügung. Für das Jahr 2018 wurden gut 491 Mill. Euro (2010: 424 Mill. Euro) zugewiesen.

Die Kinderbetreuung

Im Bereich der Kinderbetreuung14 erhalten die Kommunen pauschale Zuweisungen nach dem Finanzausgleichsgesetz als Ausgleich für die bei der Betreuung der 3- bis unter 7-jährigen Kinder anfallenden Kindergartenlasten. Des Weiteren gibt es Zuweisungen zu den Betriebskosten im Rahmen der Kleinkindförderung für die unter 3-jährigen Kinder. Die Mittelverteilung erfolgt nach der Anzahl der Kinder, die in den auf kommunalen Gebiet liegenden Einrichtungen, betreut werden. Dabei werden die Kinderzahlen entsprechend der wöchentlichen Betreuungszeit unterschiedlich gewichtet. Mit zusammen rund 1,5 Mrd. Euro hat dieser Bereich im Jahr 2018, nach den Schlüsselzuweisungen, den größten Teil an den gesamten Zuweisungen und hat sich seit dem Jahr 2010 fast verdreifacht. 15

Die Integrationslasten

Seit dem Jahr 2017 beteiligt sich das Land an den kommunalen Integrationslasten16.

Zum einen gab es aufgrund der Flüchtlingszugänge im Jahr 2015 bis Anfang 2016 pauschale Zuweisungen. Die Verteilung erfolgte nach der Zahl der im Rahmen der sogenannten Anschlussunterbringung auf die Kommunen verteilten Personen, einschließlich des Familiennachzugs. Daneben fördert das Land die Betreuung unbegleiteter, minderjähriger Ausländerinnen und Ausländer. Diese Förderung wird im Verhältnis der Einwohnerzahlen an die 35 Land- und die neun Stadtkreise verteilt. Für diese Zuweisungen wurden 2018 im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs insgesamt 101 Mill. Euro aufgewendet.

Gesamtbild

Von den insgesamt rund 11,6 Mrd. Euro an Zuweisungen im Jahr 2018 flossen davon mit 6,1 Mrd. Euro (685 Euro je Einwohnerin und Einwohner) gut die Hälfte an die kreisangehörigen Gemeinden. Die andere Hälfte verteilt sich zu je gut einem Viertel auf die Stadt- und Landkreise. Die Stadtkreise erhielten dabei rund 2,8 Mrd. Euro (1 364 Euro je Einwohnerin und Einwohner). Auf die Landkreise, als eigene Verwaltungseinheit, entfielen gut 2,6 Mrd. Euro (289 Euro je Einwohnerin und Einwohner). Die Kommunalen Zweckverbände erhielten noch rund 38 Mill. Euro Zuweisungen.

1 Gemeinden (Stadtkreise, kreisangehörige Gemeinden), Landkreise (eigene Verwaltungseinheit), kommunale Zweckverbände.

2 Ohne Zuweisungen aus dem Ausgleichstock gem. § 13 Finanzausgleichsgesetz (FAG).

3 § 1 FAG.

4 § 1a FAG.

5 §§ 4, 5, 7a, 8 FAG.

6 § 11 Abs. 1, 4 FAG.

7 § 17 FAG.

8 § 18 Abs. 3 FAG

9 § 20 FAG.

10 § 21 FAG.

11 §§ 25, 26, 27 Abs. 1, 28 FAG.

12 § 29 Abs. 1 FAG.

13 § 29a FAG.

14 §§ 29b, c FAG.

15 Pressemitteilung 86/2019 des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg vom 15.04.2019: Kinderförderung 2018 bei knapp 1,5 Mrd. Euro – Baden-Württemberg: Für unter 3-jährige Kinder Zuweisungen von annähernd 932 Mill. Euro, https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2019086 (Abruf: 18.09.2019).

16 § 29d FAG.