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Statistisches Monatsheft Januar 2007

Der Kunde steht im Mittelpunkt – Ein Jahresrückblick 2006

Amtliche Statistik ist kein Selbstzweck, sie muss einen Nutzen haben. Und dieser Nutzen wird von den Kunden bestimmt. Aber dieser Nutzen kommt nur zum Tragen, wenn die Informationen des Statistischen Landesamtes zur Kenntnis genommen werden und die Menschen ihr Wissen bereichern, die amtliche Statistik selbst aber eine hohe Servicebereitschaft und ein großes Bemühen zeigt, sich mit den Kunden zu beschäftigen. Auch Berichtspflichtige sind dabei wichtige Kunden. Ihnen den Zweck der Statistik zu verdeutlichen und bewusst zu machen, ist ein zentrales Ziel.

Konjunktur 2007 etwas weniger schwungvoll – aber weiterhin hohe Grunddynamik

Die Konjunktur in Baden‑Württemberg wird sich 2007 aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung am 1. Januar verlangsamen. Im Jahresdurchschnitt ist aber immer noch mit einem preisbereinigten Wirtschaftswachstum von etwa 2,5 % gegenüber dem Vorjahr zu rechnen und die konjunkturelle Grunddynamik dürfte hoch bleiben. Diese Einschätzung wird durch den Konjunkturindikator für Baden‑Württemberg gestützt, der lediglich eine »Delle« der Wirtschaftsentwicklung bis zum 3. Vierteljahr 2007 anzeigt. Das Wachstum in Baden‑Württemberg wird erneut höher ausfallen als im Bundesdurchschnitt.

Die Großstädte Baden‑Württembergs – Ein Vergleich anhand ausgewählter Indikatoren

Die Bevölkerungsentwicklung in den Großstädten und Ballungsräumen war jahrzehntelang schwächer als in den ländlichen Regionen Baden‑Württembergs. In den letzten Jahren zeichnet sich hier aber eine Trendwende ab, allenthalben wird bereits von einer »Renaissance der großen Städte« gesprochen. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, vor diesem Hintergrund die Struktur und Entwicklung der 9 Großstädte des Landes zu beleuchten und auch mögliche Unterschiede zu den mittleren und kleineren Kommunen herauszuarbeiten. Dabei hat sich gezeigt, dass die Großstädte einerseits durch signifikante Unterschiede gegenüber den kleineren Kommunen geprägt sind; andererseits stellen sie – erwartungsgemäß – keine homogene Einheit dar. Deutliche strukturelle Unterschiede wurden insbesondere zwischen Mannheim und Heidelberg sowie zwischen Freiburg im Breisgau und Heilbronn festgestellt.

Einzeldaten der Bevölkerungsstatistik – Wanderungsbewegungen und Einbürgerungen in Deutschland

In Heft 12/2006 des Statistischen Monatshefts Baden‑Württemberg wurden Einzeldaten zur natürlichen Bevölkerungsbewegung vorgestellt, die mithilfe des Forschungsdatenzentrums für wissenschaftliche Auswertungen genutzt werden können. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick zu Mikrodaten aus der Wanderungs- sowie der Einbürgerungsstatistik. Nach einer Beschreibung von Datenerhebung und -aufbereitung werden ausgewählte Merkmale anhand kleinerer Auswertungsbeispiele näher dargestellt. Hierdurch soll ein erster Eindruck über die Analysemöglichkeiten von Einzeldaten aus diesen beiden Statistiken vermittelt werden.

»Gesunde« und »kranke« Alterspyramiden

Die grafische Darstellung der Altersstruktur einer Bevölkerung wurde bisher als Bevölkerungspyramide bezeichnet. Diese Form ergab sich dadurch, dass die jüngsten Altersjahrgänge die meisten Vertreter stellten und die Bevölkerung mit wachsendem Alter kontinuierlich abnahm. Geschichte, wirtschaftliche und soziale Situationen einer Gesellschaft spiegeln sich jedoch in der Form der »Pyramide« wider, die dann oftmals diese Bezeichnung nicht mehr verdient. Wie »gesund« oder »krank« sind nun solche verformten Bevölkerungspyramiden?

2005 deutlich weniger Empfänger von Asylbewerberleistungen

1992 wurde mit dem sogenannten »Asylkompromiss« das Asylrecht neu gestaltet. Mit der Neuregelung sollten vor allem für die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge die Anreize reduziert werden, Asyl in Deutschland zu suchen. Die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) wurden mit Blick auf diese Zielsetzung auf den nur vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland ausgestaltet. Daraus folgte, dass die Leistungen nach dem AsylbLG zur Absicherung des Lebensunterhaltes geringer waren als die vergleichbaren Regelsätze der Sozialhilfe und in Form von Sachleistungen gewährt werden. Das AsylbLG sah für die Dauer von mindestens 3 Jahren gegenüber den entsprechenden Sozialhilfeleistungen um ca. 20 % abgesenkte Leistungen vor, die als Sachleistung und Wertgutscheine, in begründeten Ausnahmefällen auch bar ausbezahlt wurden. Das seit Anfang des Jahres 2005 geltende Zuwanderungsgesetz hob allerdings die Grundleistungen wieder auf das Sozialhilfeniveau an, wenn Leistungsberechtigte die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland nicht absichtlich selbst verlängert haben. Unabhängig davon können aber für bestimmte Personengruppen auch diese Leistungen weiter auf ein Minimum abgesenkt werden.

Der öffentliche Personennahverkehr in Baden‑Württemberg

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) hat sich in den letzten 10 Jahren positiv entwickelt, das heißt sowohl der Schienennahverkehr als auch der Straßenpersonenverkehr konnten ihre Fahrgastzahlen deutlich erhöhen. In den vergangenen Monaten stand der ÖPNV jedoch vorrangig wegen Kürzungen der Regionalisierungsmittel im Blickfeld der Öffentlichkeit. Einsparungen im Schienennahverkehr und eine Kürzung der Förderung des Busverkehrs sind die Folge. Mit den Änderungen des Europäischen Rechtsrahmens ist weiterhin mit mehr Wettbewerb im ÖPNV zu rechnen. Nach der Modifikation des bisherigen verkehrsstatistischen Berichtssystems können nach Abschluss umfangreicher Länderkonsolidierungen erstmals Ergebnisse der Erhebung von 2004 und insbesondere erstmals eine kreisscharfe Abbildung des ÖPNV veröffentlicht werden.

Neue Statistik: Das Finanzvermögen der Kommunen

Mit Novellierung des Finanz- und Personalstandstatistikgesetzes vom Juni 2005 und der darauffolgenden Neufassung vom Februar 2006 wurde in Deutschland eine neue Statistik eingeführt: Die Statistik des öffentlichen Finanzvermögens. Diese wurde im Jahr 2005 erstmals für das Jahr 2004 bei Bund, Ländern und Gemeinden/Gemeindeverbänden (Gv.) durchgeführt. Im Jahr 2006, sprich für das Meldejahr 2005, wurde der Berichtskreis um die Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU) des Staatssektors erweitert. In der amtlichen Statistik konnte bei Gemeinden/Gv. bislang lediglich die Passivseite des Finanzvermögens durch die Statistik der öffentlichen Schulden ermittelt werden. Mit Einführung der Statistik des Finanzvermögens kann nun der Nachweis des kommunalen Aktivfinanzvermögens erbracht werden.

Die Eingemeindung von Betzweiler-Wälde in die Gemeinde Loßburg vollzogen

Baden‑Württemberg umfasst nunmehr 1 109 Gemeinden

Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 wurde die Gemeinde Betzweiler-Wälde in die Gemeinde Loßburg eingemeindet. Es handelt sich hiernach um den ersten freiwilligen Zusammenschluss innerhalb des Landkreises Freudenstadt bzw. innerhalb des Regierungsbezirkes Karlsruhe seit den Fusionen eigenständiger Gemeinden im Rahmen der Gemeindereform in den 70er-Jahren. Für Baden‑Württemberg bedeutet dies bereits der zweite Gemeindezusammenschluss zweier bislang selbstständiger Kommunen innerhalb der letzten 9 Monate.

Keine Beschlagnahme statistischer Einzeldaten in Strafverfahren

Beschluss des Landgerichts Hannover vom 3. August 2006, AZ 33 QS 133/04

Das Landgericht Hannover hat in einer für die amtliche Statistik bedeutsamen Entscheidung festgestellt, dass statistische Einzeldaten regelmäßig nicht als Beweismittel in einem Strafverfahren beschlagnahmt werden dürfen und dass die Durchsuchung der Diensträume eines statistischen Amtes mit diesem Ziel rechtswidrig ist. Das Landgericht hat sich dabei mit der bislang gerichtlich nicht geklärten Frage auseinandergesetzt, ob die statistische Geheimhaltung der in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren allgemein geltenden Auskunftsverpflichtung von Behörden gegenüber der Staatsanwaltschaft entgegensteht. Im Ergebnis bejaht es diese Frage und stellt fest, dass die Mitarbeiter der amtlichen Statistik nicht verpflichtet sind, Auskunft über geheimhaltungsbedürftige statistische Einzeldaten zu erteilen oder Unterlagen herauszugeben, die solche Einzeldaten enthalten. Die Anordnung der Beschlagnahme und Durchsuchung der Amtsräume umgeht das Recht, Auskünfte zu verweigern und ist deshalb rechtswidrig.

Volkskunde und amtliche Statistik in Württemberg

In den Anfangsjahren der amtlichen Statistik im Königreich Württemberg war eines der wichtigsten Aufgabengebiete des »Statistisch Topographischen Bureaus« und seiner Nachfolgebehörden die Landesbeschreibung im weitesten Sinne. Nach einer im Jahr 1820 erlassenen Instruktion wurden die Aufgaben wie folgt beschrieben: »Eine möglichst genaue und vollständige Landes-, Volks-, Staats- und Ortskunde zu liefern und die jährlich im Zustand des Landes sich ergebenden Veränderungen zu sammeln und nachzutragen, so dass jede Behörde und überhaupt jeder Württemberger Kenntnis von seinem Vaterland erhalte«. So wurde die Volkskunde im ersten Jahrhundert der amtlichen Statistik im Königreich Württemberg zu einer wichtigen Aufgabe.