:: 4/2007

Der föderale Grundcharakter der europäischen und der deutschen Statistik

Das europäische und etliche nationale Statistiksysteme besitzen einen föderalen Charakter. So baut die europäische Statistik auf den Erhebungen und Daten der eigenständig agierenden nationalen Ämter, diese in den größeren Mitgliedsländern auf Arbeiten der regionalen Ämter und diese teilweise auf Zuarbeiten kommunaler Ämter oder sonstiger staatlicher oder halbstaatlicher Einrichtungen auf. Selbst die zentralplangelenkten ehemaligen kommunistischen Staaten nutzten diese Form der Aufbauorganisation – allerdings mit wesentlichen Unterschieden: die Formulierung der Arbeitsprogramme und die Interpretation der gewonnenen Erkenntnisse behielten sich die Zentralen weitgehend selbst vor und die »statistische Geheimhaltung« folgte den Prinzipien je aggregierter desto geheimhaltungswürdiger und je individueller desto offener.1

Der föderale Grundcharakter der deutschen amtlichen Statistik hat neben weit zurückreichenden staatsphilosophischen Wurzeln auch organisatorische Gründe; schließlich ist Deutschland mit 82 Mill. Einwohnern das bevölkerungsreichste Mitgliedsland und zum Beispiel Baden-Württemberg mit über 10 Mill. Einwohnern größer als 17 der 25 EU-Länder. Obwohl die Arbeitsergebnisse der Ämter in Darstellung und Verbreitung ähnlich sind, ja sein müssen, sind Ländervergleiche zum aufbau- und ablauforganisatorischen Charakter der einzelnen Statistischen Ämter nur begrenzt möglich und EU-Länder-Rankings über die Effizienz der Statistikämter äußerst fragwürdig; es wäre so, als ob man die Transportfähigkeit eines Goggomobils mit der eines 36-Tonnen Kieslasters vergleichen wollte. Ein wesentlicher Unterschied der deutschen amtlichen Statistik zu den meisten EU-Ländern liegt in der Art der Finanzierung. Den Löwenanteil der Kosten für die deutsche amtliche Statistik tragen nämlich die Bundesländer.

Föderalismus: ein Grundprinzip für Demokratie, Subsidiarität und Effizienz

Die verfassungsrechtlich verankerte föderale Grundordnung in Deutschland ist vor dem Hintergrund historischer, bis in das Mittelalter zurückreichender Traditionen und dabei insbesondere der Erfahrungen im Nationalsozialismus2 zu sehen und zu bewerten. So hat sich der Parlamentarische Rat 1949 bei den Beratungen zur Formulierung des Grundgesetzes ganz bewusst für das föderale Staatsprinzip und damit für eine doppelte Gewaltenteilung entschieden. Neben die sogenannte »horizontale Gewaltenteilung«, das heißt die Legislative, Exekutive und Judikative tritt die »vertikale Gewaltenteilung« und zwar die Aufteilung staatlichen Handelns zwischen Bund und Ländern. Mit dieser doppelten Gewaltenteilung wird einem Machtmissbrauch wirksam vorgebeugt. Dies war keine Entscheidung auf Zeit, sondern eine Grundsatzentscheidung auf Dauer.

Der föderale Staatsaufbau ist eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftlich und gesellschaftlich erfolgreiche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder – alle haben davon profitiert. Dies gilt nicht zuletzt für die amtliche Statistik! In keinem anderen großen europäischen Staat gibt es eine solch umfassende, qualitativ hochwertige, fachlich und regional tief gegliederte Informationsbereitstellung wie in Deutschland. Die amtliche Statistik garantiert eine informationelle Grundversorgung für alle Entscheidungsträger und die gesamte Bevölkerung.

Die föderale Ordnung ist Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips3; das heißt, alles was auf einer unteren Ebene geleistet werden kann, soll auch dort geleistet werden. Dies gilt insbesondere für die staatliche Administration. Zu Recht wird bei der Verfassung der Europäischen Union großer Wert darauf gelegt, dass das Subsidiaritätsprinzip im Interesse der deutschen Bundesländer, aber auch im Interesse der deutschen Nation eingehalten wird. Das Subsidiaritätsprinzip trägt in seinem Kern der Tatsache Rechnung, dass der Staat gegenüber seinen Bürgern eine dienende Funktion hat und kein Selbstzweck ist. Schließlich ist die föderale Ordnung bei der Ausführung von Bundesgesetzen, die in der Fläche angewandt werden, eine wirtschaftlichere Lösung als deren Zentralisierung – dies insbesondere im größten Land der EU. Trotzdem muss anerkannt werden, dass angesichts der dramatischen Finanzsituation mancher Bundesländer und der dadurch bedingten großen Leistungsunterschiede die Vorteile einer »dezentralen« Wirtschaftlichkeit nicht voll genutzt werden können.

Vorteile der föderalen Ordnung in der amtlichen Statistik

Im Folgenden sind die sieben wichtigsten Argumente für eine föderale Ordnung der amtlichen Statistik genannt und kurz erläutert:

  • Aufgrund der Nähe eines Statistischen Landesamtes zu den Berichtspflichtigen und wegen der guten Unternehmens-, Wirtschafts- und Regionalkenntnisse der Landesstatistiker sowie deren engen Beziehungen zu den Landes- und Kommunalbehörden sichert die föderale Ordnung die Qualität der amtlichen Statistik. Vor allem bei der fachstatistischen Aufbereitung und Plausibilisierung der Daten muss eine hohe Qualität garantiert werden. Denn nur eine hohe Qualität ermöglicht es der amtlichen Statistik, die Funktion als anerkannter, neutraler und kompetenter Datenlieferant und Informationsvermittler für alle Kunden zu erfüllen.
  • Gerade die genaue Kenntnis statistischer Produktionsprozesse vom ersten Kontakt zum Berichtspflichtigen, über die Plausibilisierung der Meldungen, die Tabellierung bis hin zur Pressemitteilung oder Internetangeboten schaffen bei den Landesstatistikern jene Fach- und Beratungskompetenz, die von Berichtspflichtigen, Landes- und Kommunalpolitikern, öffentlichen Institutionen sowie der Öffentlichkeit erwartet wird.
  • Wegen der Nähe zu den Nachfragern von Statistiken und Analysen können die Statistiker vor Ort am ehesten erkennen, welche konkreten landes- und kommunalspezifischen Informationsbedürfnisse bestehen und welche Datenangebote im eigenen Land vorgehalten und publiziert werden sollten. Letzteres geschieht über fast alle Formen der Informationsbereitstellung und -verbreitung. Im Einzelnen sind das reine oder kommentierte Tabellenzusammenstellungen für Land und Kommunen, Datensammlungen in allgemein zugänglichen und umfassenden Datenbanken, Pressemitteilungen und Pressekonferenzen bis hin zu geschlossenen Verwaltungsnetzen oder offenen Kommunikationsnetzen wie das Internet. So wurden zum Beispiel in Baden-Württemberg im Jahr 2006 täglich 29 000 Daten- und Informationsseiten aus dem Internetangebot des Statistischen Landesamtes abgerufen.
  • Die Kenntnisse über die räumlichen Gegebenheiten und der Umgang mit Landes- und Kommunalpolitikern schaffen den Landesstatistikern die Grundlage für eine Analysekompetenz, die es ihnen ermöglicht, den Analysebedarf des Landes und seiner Kommunen zu befriedigen. So erstellt zum Beispiel das Statistische Landesamt Baden-Württemberg jedes Jahr im Auftrag des Staatsministeriums ein Gutachten über wichtige Zukunftsthemen des Landes, zuletzt eine Studie über die Perspektiven der Globalisierung für Baden-Württemberg und die Chancen der Wissenswirtschaft. Ein weiteres Beispiel für kundenbezogene Analysen ist eine auf Wunsch des Gemeindetags durchgeführte Bevölkerungsvorausberechnung für Kommunen.
  • Die föderale Ordnung der amtlichen Statistik bildet bei der Erstellung von statistischen Informationen und ihrer wertenden Interpretation ein wichtiges Korrektiv gegen mögliche Versuche politischer Einflussnahme jedweder Richtung. Bei 15 beteiligten Partnern – 14 Statistischen Landesämtern sowie dem Statistischen Bundesamt – ist in einem eng vernetzten Produktionsprozess mit gegenseitig abgestimmten Vor- und Nachbereitungsarbeiten eine politische Einflussnahme eines Landes oder des Bundes auf den Nachweis statistischer Ergebnisse wirkungslos.
  • Die Feststellung, dass die dezentrale Erhebung und fachstatistische Bearbeitung der Daten von 3,5 Mill. Unternehmen – darunter 530 000 direkt Befragte – von knapp 30 Mill. Steuerpflichtigen und über 26 Mill. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, nicht zuletzt von 370 000 Ärzten und knapp 1 Mill. Studierenden grundsätzlich wirtschaftlicher ist als von einer zentralen Stelle aus, konnte bislang durch keinen einzigen Gegenbeweis erschüttert werden. Nicht umsonst existieren in fast allen EU-Ländern, von Malta einmal abgesehen, dezentrale Erhebungsorganisationen und in allen größeren Ländern auch dezentrale Informationsvermittlungen. Die Fühlungsvorteile zu den Datenlieferanten und zu den Datennutzern werden von den Beteiligten als das große Plus der Dezentralisation anerkannt.
  • Schließlich werden durch die dezentrale Erhebung und fachstatistische Bearbeitung von landesspezifischen Geschäftsstatistiken, wie zum Beispiel im Schulbereich oder bei der Justiz, innerhalb der öffentlichen Verwaltung Synergien geschaffen.

Masterplan der amtlichen Statistik Deutschland

Die dezentrale Ausführung von Bundesstatistikgesetzen weist durchaus noch Verbesserungspotenziale insbesondere beim Einsatz modernster IT-Verfahren auf. Zu Recht wurden daher von den Rechnungshöfen neben ablauforganisatorischen Mängeln gerade im IT-Bereich Effizienzdefizite beanstandet und deren Beseitigung gefordert.

Die Mängel bestanden

  • in Parallelarbeiten, die durch kooperativen IT-Einsatz vermieden werden können,
  • in Abläufen, die weiter automatisiert werden können,
  • in IT-Verfahren, die modernisiert und vor allem standardisiert werden sollten,
  • darin, dass moderne Steuerungsinstrumente gerade im Vergleich der Produktionsverfahren der 16 Bundesländer noch nicht ausreichend genutzt werden sowie
  • darin, dass die Möglichkeiten, Berichtspflichtige zu entlasten, noch nicht voll ausgeschöpft sind.

Die Reformvorschläge der Rechnungshöfe wie die der Innenministerkonferenz bewegen sich dabei ausschließlich auf der Basis und im Rahmen der föderalen, das heißt kooperativen, Grundordnung der amtlichen Statistik.

Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben sich im Rahmen eines »Masterplans der amtlichen Statistik Deutschland« entschieden, die gesamten statistischen Produktionsverfahren zu optimieren. Dieser Masterplan rückt den Kosten-Nutzen-Aspekt von Informationen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stärker ins Blickfeld. Grundsätzlich werden deshalb die Kernkompetenzen »Erhebung und Analyse« in den Statistischen Ämtern gestärkt. Die hierfür notwendigen Unterstützungsprozesse sollen so gestaltet werden, dass durch Vertragsmodelle und Wettbewerb innerhalb und außerhalb des statistischen Systems maximale Synergien und Kostenvorteile realisiert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde zwischen den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Dezember 2006 eine Vereinbarung getroffen, die einen entscheidenden Durchbruch ab 2007 ermöglicht. Die Innenministerkonferenz hat zudem eine Rahmenvereinbarung erlassen, die der amtlichen Statistik klare Vorgaben für die Optimierung der Produktionsprozesse macht.

Die Reform umfasst vier Schwerpunkte:

  • die optimierte Kooperation,
  • die Optimierung der Produktionsverfahren,
  • die Verbesserung der Verwaltungssteuerung,
  • die Entlastung der Berichtspflichtigen.

1. Optimierte Kooperation

Anknüpfend an die positiven Erfahrungen, die die Statistischen Ämter mit der seit Jahren praktizierten Verbundprogrammierung nach dem Prinzip »Ein Amt programmiert für alle anderen« gemacht haben, soll dieses Konzentrationsmodell auch auf die IT-Produktion ausgeweitet werden. Durch Pilotprojekte bei den Bau-, Finanz- und Binnenfischereistatistiken wurde bereits erfolgreich getestet, wie die Installation der Software sowie die Softwarepflege und -wartung zentral von einem Amt für andere Ämter durchzuführen ist. Daraus leitet sich die weitere Vorgehensweise ab, nach der diese Form der Arbeitsteilung für möglichst viele Statistiken eingeführt werden soll.

2. Optimierung der Produktionsverfahren

Ein großer Fortschritt im Rahmen der Statistikproduktion konnte mit dem verstärkten Einsatz elektronischer Kommunikationsmedien bei den Erhebungen erzielt werden. Allein in Baden-Württemberg wird gegenwärtig für 40 Statistiken die Möglichkeit für Online-Datenlieferungen über das Internet angeboten. Im Juli 2006 machten knapp 60 % der Berichtspflichtigen der monatlichen Produktionsstatistik davon Gebrauch. Die Übertragung von Daten über Internet erleichtert nicht nur die Arbeit in den Statistischen Ämtern, sondern vereinfacht zudem die Meldungen für die Berichtspflichtigen.

Ein Quantensprung bei der Datengewinnung wird sich aus der Nutzung von Verwaltungsdaten ergeben. Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder arbeiten derzeit mit Nachdruck daran, dass künftig die Daten der Umsatzsteuermeldungen an die Finanzämter und die Daten, die den Arbeitsämtern gemeldet werden, für die Konjunkturbeobachtung genutzt werden können. Erste Testauswertungen zeigen allerdings, dass die Nutzung von Verwaltungsdaten nicht ohne Weiteres und auch nur zum Teil möglich ist; sie wird wohl durch Direktbefragungen ergänzt werden müssen. Voraussetzung für die optimale Nutzung der Verwaltungsdaten ist deren »Ertüchtigung«. In anderen Ländern wie Skandinavien und Frankreich, können die Statistikämter schon lange auf Verwaltungsdaten zugreifen, da sie einen wesentlich größeren Einfluss auf deren Bereitstellungsmodus haben. Ein entscheidender Ansatzpunkt für Verbesserungen der statistischen Nutzbarkeit wird die Einführung einer einheitlichen Wirtschafts-Identifikationsnummer sein, wie sie im Grundsatz nach § 139c Abgabenordnung bereits beschlossen ist.

3. Verbesserung der Verwaltungssteuerung

Obwohl die Statistischen Landesämter oft in sehr unterschiedliche, landeseigene Kosten-Leistungs-Rechnungssysteme eingebunden sind, ist es gelungen, bei fast allen Landesämtern eine weitgehende Vereinheitlichung der Kostenrechnung zu erreichen und in einer ersten Phase acht kostenträchtige Statistiken vergleichend zu beurteilen. Mithilfe von Benchmarks lassen sich statistische Erhebungs- und Aufbereitungsmethoden und DV-Verfahren optimieren. Dies führt nach dem Prinzip »Lernen vom Besten« zur Aufwandsminimierung bei allen Landesämtern. Gerade das kooperative Benchmarking setzt sich vergleichende Unternehmen oder Behörden voraus.

4. Entlastung der Berichtspflichtigen

Eine aktuelle Belastungsstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie4, die erstmals repräsentative Ergebnisse brachte, zeigt, dass nur 15,2 % der rund 3,5 Mill. Unternehmen in Deutschland gegenüber der amtlichen Statistik meldepflichtig sind. Deren monatlicher Meldeaufwand liegt bei durchschnittlich 64 Minuten, das sind 9 % des Zeitaufwands für die gesamten Melde- und Informationspflichten von Unternehmen gegenüber der öffentlichen Verwaltung wie Finanzämter und Sozialversicherungsträger.

Es wird immer wieder behauptet: Die amtliche Statistik würde Daten einfordern, die nicht benötigt würden. Diesbezüglich muss darauf hingewiesen werden, dass alle Statistischen Ämter dem Legalitätsprinzip unterworfen sind; das heißt, es werden nur gesetzlich angeordnete Statistiken durchgeführt. Zum anderen gilt auch hier das »Betroffenheitsprinzip«. Ob eine spezielle Statistik benötigt wird oder nicht, kann nur von jenen Institutionen und Konsumenten beurteilt werden, die diese speziellen Informationen benötigen und nicht von jenen die keine Informationsbedürfnisse nach eben gerade dieser speziellen Datenquelle haben.

Eines trifft aber prima vista für Unternehmen zu: diese werden zum Beispiel von IHKs oder Interessenverbänden zu Sachverhalten befragt, die auch die amtliche Statistik nachfragt. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern, da die amtliche Statistik dem Schutz der individuellen Daten verpflichtet ist und zum Beispiel einer IHK nicht die Beschäftigtenzahlen oder gar die Umsätze ihrer Mitglieder melden darf. Es trifft auch zu, dass Behörden Auskunftspflichtige doppelt befragen. Das wird sich dann ändern, wenn es der Gesellschaft und damit der Politik gelingt, die Phobie vor Datenmissbrauch zu überwinden. Die Bevölkerung hat diesen Paradigmenwechsel mit Payback und Gewinnspielen bereits vollzogen und die Gesetzgeber sind auf dem Weg dazu.

Selbstverständlich werden – wie bisher auch – die Statistischen Ämter laufend die Erforderlichkeit von Statistiken überprüfen und dort, wo eine Entlastungschance gesehen wird, dem Gesetzgeber Kürzungen vorschlagen. Mit dem Mittelstandsentlastungsgesetz5 ist es den Statistischen Ämtern6 gelungen, nennenswerte Entlastungen der berichtspflichtigen Unternehmen zu erreichen. So werden im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes in Zukunft nur noch Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten monatlich befragt anstatt mit 20 und mehr. Dadurch sind ab 2007 etwa 25 000 Unternehmen von einer monatlichen Berichtspflicht befreit.

Resümee

Der Föderalismus ist eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftlich und gesellschaftlich erfolgreiche Entwicklung der Bundesrepublik und ihrer Länder. Die amtliche Statistik ist dabei integraler und wichtiger Bestandteil des verfassungsrechtlich vorgegebenen föderalen Staatsaufbaus. Ihre Bedeutung erhält sie nicht zuletzt als ein objektives Führungsinformationssystem für die Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Kommunen sowie als Informations- und Kontrollinstrument für alle Bürgerinnen und Bürger. Unter Effizienzgesichtspunkten und im Hinblick auf die Reformfähigkeit lassen sich keine nennenswerten Nachteile des föderalen Systems der amtlichen Statistik gegenüber einer Zentralisation erkennen. Die qualitativen Vorteile einer dezentral organisierten und funktional konzentrierten amtlichen Statistik überwiegen bei Weitem.

Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder sind fest entschlossen, laufend für die notwendigen Reformen die zweifellos hohen Investitionen in Technik und Know-how zu tätigen, um die Effizienz der Verfahren, vor allem aber auch die Qualität der Statistik zu verbessern – zum Nutzen der Entscheidungsträger und der Bevölkerung. Bei ihren Reformbestrebungen lässt sich die amtliche Statistik in Deutschland nicht von blindem Aktionismus leiten, sondern bewegt sich in einer mittelfristigen Planung und nachhaltigen Realisierung. Die Ziele des oben erläuterten Masterplans geben die notwendigen und Erfolg versprechenden Umsetzungsstrategien vor. Wie die bereits relativ kurzfristigen Umsetzungserfolge zeigen, sind Reformen im föderalen Statistiksystem der Bundesrepublik Deutschland sehr gut möglich.

1 Letztes Prinzip hatte auch einen praktischen Grund: die Meldungen an die statistischen Dienststellen sollten auch als Steuerungs- und Entscheidungsgrundlage für die Betriebsleitungen und Verwaltungen gelten.

2 Wie alle behördlichen Einrichtungen wurde auch die amtliche Statistik den Interessen der Nationalsozialisten untergeordnet. Sie verlor in weiten Teilen ihre – heute vom Gesetzgeber gewährleistete – Unabhängigkeit.

3 Subsidiarität (lat.: Subsidiarius für Reservist): Ursprünglich aus dem römischen Militärwesen stammender Begriff für Reservetruppen, die nur zum Einsatz kommen sollten, wenn die regulären Truppen ihre Aufgaben nicht erledigen konnten. Später von der katholischen Soziallehre im Sinne von unterstützend eingreifend übernommen, wenn Menschen sich selbst nicht angemessen versorgen können. Nach der Französischen Revolution gegen den Zentralismus gerichtete Anschauung, die dem Staat nur die helfende Ergänzung der Selbstverantwortung kleinerer Gebiete und Gemeinschaften zugesteht. Heute auch für Rechtsbestimmungen, die nur dann zur Anwendung kommen, wenn das übergeordnete Recht keine relevanten Rechtsvorschriften (Ausführungsbestimmungen) enthält.

4 Pfeiffer, Ingo/Stäglin, Reiner/Stephan, Andreas: Die Bedeutung der Belastung der Wirtschaft durch amtliche Statistiken. DIW Berlin: Politikberatung kompakt 19, Berlin 2006.

5 Erstes Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft vom 22. August 2006; in: Bundesgesetzblatt I, S. 1970.

6 Vgl.: Steiger, Hans-Hermann: »Reform der Unternehmensstatistik für den Bereich des Verarbeitenden Gewerbes«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2006«