:: 6/2007

Neue regionalisierte Bevölkerungsvorausrechnung bis 2025 für Baden-Württemberg

Die künftige Entwicklung der Bevölkerung in Baden-Württemberg hat auf praktisch alle Gesellschaftsbereiche Auswirkungen. Dabei ist neben der Entwicklung der Einwohnerzahl insgesamt vor allem auch diejenige einzelner Altersgruppen von zentralem Interesse. Nach den Ergebnissen der neuen regionalisierten Bevölkerungsvorausrechnung ist bis 2025 nur noch in 14 der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs mit einer Bevölkerungszunahme zu rechnen. Geburtendefizite sind fast flächendeckend zu erwarten. Darüber hinaus werden sich die Gewichte in der Altersstruktur in nahezu allen Kreisen stark verschieben: 2025 wird fast jeder dritte Einwohner Baden-Württembergs 60 Jahre oder älter sein. Besonders gravierend ist die Zunahme bei den 85-Jährigen und Älteren, deren Zahl sich bis 2025 voraussichtlich mehr als verdoppelt. Die Zahl und der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung werden dagegen deutlich zurückgehen. Das Durchschnittsalter steigt infolge dieser Entwicklungen in allen Kreisen an, besonders in denjenigen, deren Bevölkerung heute im Schnitt noch jung ist.

Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse der neuen regionalisierten Bevölkerungsvorausrechnung für Baden-Württemberg bis 2025 beruhen auf einem »Status-quo-Ansatz«. Mit dieser Vorgehensweise soll aufgezeigt werden, was zukünftig passieren würde, sollte es in den nächsten Jahren so weitergehen wie bisher. Während die so ermittelten Einwohnerzahlen mit Unsicherheiten behaftet sind, ist unbestritten, dass die vorgelegten Ergebnisse den Trend hin zu einer Überalterung der Bevölkerung relativ gut abbilden. Denn auch für den Fall, dass die Kommunen beispielsweise deutlich höhere Wanderungsgewinne als in der Vorausrechnung unterstellt erzielen würden, könnte dies den Alterungsprozess der Bevölkerung allenfalls abmildern.

Landkreis Heilbronn mit stärksten Zuwächsen bis 2025

Wenn die Lebenserwartung weiterhin steigt und die Wanderungs- und Geburtenraten in Zukunft aber so niedrig bleiben wie in den letzten Jahren, würde sich die Bevölkerung im Südwesten von heute 10,7 Mill. auf insgesamt 10,6 Mill.1 verringern. Das wäre ein Minus von einem Prozent. Unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede ist davon auszugehen, dass nur 14 der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs wachsen werden. Der ehemals strukturschwache Landkreis Heilbronn wird dabei voraussichtlich die höchste Dynamik aufweisen. Im Jahr 2025 werden demnach knapp 339 000 Einwohner rund um Heilbronn leben (vgl. Tabelle). Dies entspricht einem Anstieg der Bevölkerungszahl gegenüber dem Jahr 2005 um 2,8 % oder 9 000 Personen. Dieses für die kommenden 20 Jahre ermittelte Plus bedeutet allerdings eine deutliche Abschwächung gegenüber der vergangenen Entwicklung. In den letzten 10 Jahren hat die Einwohnerzahl im Landkreis Heilbronn um immerhin 8,6 % oder 26 000 Personen zugenommen. Insgesamt hat die Zahl der Einwohner im Südwesten von 1995 bis zum Jahr 2005 von 10,3 Mill. um 400 000 auf 10,7 Mill. Einwohner zugenommen. Ursachen dieser nun erwarteten Abschwächung in Heilbronn sind – wie auch landesweit – gesunkene Wanderungssalden und die Tatsache, dass zunehmend mehr Menschen sterben als geboren werden.

Ebenfalls überdurchschnittliche Zuwächse bis 2025 werden für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald (+ 1,9 % oder 5 000 Personen auf insgesamt knapp 254 000), den Stadtkreis Ulm (+ 1,8 % oder 2 000 Personen auf insgesamt knapp 123 000) und den Landkreis Biberach (+ 1,8 % oder 3 000 Personen auf insgesamt 192 000) erwartet. Aber auch diese Kreise werden ihre höchsten Bevölkerungsstände schon vor 2025 erreicht haben. Eine kleinräumigere Darstellung auf der Ebene der Verwaltungsgemeinschaften und Einheitsgemeinden ist aus Schaubild 1 ersichtlich.

Dieses Bevölkerungswachstum beruht vor allem auf Wanderungsgewinnen. In allen Kreisen mit Ausnahme des Stadtkreises Ulm werden zwischen 2006 und 2025 voraussichtlich mehr Menschen sterben als geboren werden. In Ulm wird diese Relation über den gesamten Vorausrechnungszeitraum noch ausgeglichen sein, da der jährliche Geburtensaldo Ulms voraussichtlich erst ab ca. 2019 negativ werden wird.

Bevölkerungsverluste in 31 Kreisen erwartet

Eine deutliche Bevölkerungsabnahme bis 2025 wird für den

  • Landkreis Heidenheim – 5,7 %,
  • den Zollernalbkreis – 4,2 %,
  • den Main-Tauber-Kreis – 3,8 %,

sowie die Stadtkreise

  • Mannheim – 5,0 %,
  • Stuttgart – 3,4 % und
  • Pforzheim – 3,1 % erwartet.

Absolut gesehen wird der Bevölkerungsverlust in Stuttgart mit 20 000 und in Mannheim mit 15 000 Personen, gefolgt vom Landkreis Heidenheim und dem Zollernalbkreis mit 8 000 Personen am höchsten sein. Alle schrumpfenden Kreise, mit Ausnahme der Stadtkreise Mannheim und Stuttgart, werden zwar noch einen insgesamt positiven bzw. ausgeglichenen Wanderungssaldo im Vorausrechnungszeitraum haben, sie können jedoch – im Gegensatz zu den wachsenden Kreisen – ihr Geburtendefizit nicht mehr durch Wanderungsgewinne ausgleichen, da das Minus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung größer sein wird als das Plus der Wanderungsbilanz.

Zusammenhang zwischen Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung feststellbar

Die deutlichen regionalen Unterschiede in der Bevölkerungsentwicklung hängen auch mit Unterschieden in der Beschäftigungsentwicklung zusammen. Zu den Kreisen mit den höchsten Bevölkerungsverlusten bis 2025 zählen vor allem Kreise, deren Beschäftigtenzahl in den letzten Jahren überdurchschnittlich zurückgegangen ist. Umgekehrt gehören die Kreise mit einem überdurchschnittlichen Bevölkerungswachstum bis 2025 überwiegend zu den Räumen, deren Arbeitsmarkt sich in der Vergangenheit günstig entwickelt hat. Darüber hinaus scheinen sich landschaftlich reizvolle sowie verkehrsgünstig gelegene Gebiete, zum Beispiel der Breisgau, am Bodensee sowie Kur- und Bäderstädte gut zu entwickeln. Da die Zahl älterer Menschen deutlich zunimmt, könnte in Zukunft verstärkt die Wohnortwahl dieser Bevölkerungsgruppe zum Bevölkerungswachstum in bestimmten Regionen beitragen. Kleinräumig, das heißt auf der Ebene der Gemeinden, ist für die Bevölkerungsentwicklung natürlich das örtliche Wohnraum- bzw. Baulandangebot von entscheidender Bedeutung.

Herausforderung für Planung der Infrastruktur

Für die kommunale Infrastruktur sind insbesondere die Altersstruktur der Bevölkerung und deren künftige Entwicklung von großer Bedeutung. Der Alterungsprozess, der sich auch in Zukunft fortsetzen wird, hat Folgen für die Kommunen und deren künftige Planungen von Kindergärten, Schulen, Alten- und Pflegeeinrichtungen usw. Die Bevölkerung mag sich insgesamt in den Stadt- und Landkreisen unterschiedlich entwickeln, eine Gemeinsamkeit haben jedoch alle Kreise: Die Zahl der älteren Menschen wird sowohl zahlen- als auch anteilsmäßig überall steigen. Mit Abstand am ältesten werden 2025 – wie auch schon heute – die Einwohner des Stadtkreises Baden-Baden sein. Das Durchschnittsalter erhöht sich hier um weitere 2,9 Jahre auf 49,1 Jahre (Landeswert: 45,9 Jahre). Die jüngste Bevölkerung wird dagegen in 20 Jahren voraussichtlich im Stadtkreis Ulm leben mit durchschnittlich 44,5 Jahren. Folgende Kreise werden 2025 die jüngste bzw. die älteste Bevölkerung haben:

Ulm (SKR) 44,5
Stuttgart, Landeshauptstadt (SKR) 44,7
Freiburg im Breisgau (SKR) 44,8
Tuttlingen (LKR) 45,0
Tübingen (LKR) 45,1
Alb-Donau-Kreis (LKR) 45,2
Biberach (LKR) 45,3
Karlsruhe (SKR) 45,4
Heilbronn (LKR) 46,3
Bodenseekreis (LKR) 46,4
Neckar-Odenwald-Kreis (LKR) 46,4
Lörrach (LKR) 46,5
Karlsruhe (LKR) 46,5
Rhein-Neckar-Kreis (LKR) 46,5
Rastatt (LKR) 46,6
Breisgau-Hochschwarzwald (LKR) 46,8
Baden-Baden (SKR) 49,1

Derzeit junge Kommunen altern dynamischer

Der Alterungsprozess verläuft regional betrachtet durchaus unterschiedlich. In Kreisen bzw. Kommunen deren Bevölkerung heute im Schnitt jünger ist, wird die Verschiebung in den Altersgruppen dynamischer verlaufen. Die Gründe liegen darin, dass derzeit jüngere stark besetzte Altersjahrgänge zunehmend in ein höheres Alter hineinwachsen und nachwachsende Generationen schwächer besetzt sind. Kommunen, in denen die Entwicklung derartig verläuft, stehen vor besonderen Herausforderungen. Am stärksten steigt das Durchschnittsalter in den Landkreisen Heilbronn, Tübingen und Biberach. Die beiden Letztgenannten geben damit den Platz als jüngste Kreise im Land zwar ab, bleiben 2025 aber dennoch unter dem Landesschnitt. In Kreisen, die bereits heute ein überdurchschnittliches Alter zeigen, wird der Alterungsprozess dagegen langsamer ablaufen. Dies trifft auf die meisten Stadtkreise Baden-Württembergs zu. Ein interessantes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der Stadtkreis Stuttgart. Mit derzeit 42,2 Jahren über dem Landesschnitt liegend, wird Stuttgart 2025 voraussichtlich sogar die zweitjüngste Bevölkerung haben.2

Rückgang der Zahl der Kinder und Jugendlichen

Mit Hilfe des Durchschnittsalters kann ein erster Eindruck des kommenden demografischen Wandels gewonnen werden. Noch deutlicher wird dieser Prozess bei Betrachtung einzelner ausgewählter Altersgruppen. So wird sich die Zahl der Kinder im Kindergartenalter, also den 3- bis unter 6-Jährigen, bis 2025 landesweit voraussichtlich um 14 % oder 44 000 Kinder verringern. Der stärkste Rückgang erfolgt bis 2017, um danach bis zum Vorausrechnungshorizont auf annähernd gleichem Niveau zu verharren.3 Unter den Kreisen des Landes Baden-Württemberg reicht die Spanne dabei von 19 % im Landkreis Reutlingen bis knapp einem Prozent Rückgang im Stadtkreis Baden-Baden, in dem der Anteil dieser Altersgruppe bereits heute gering ist.

Die Zahl der Jugendlichen (10- bis 17-Jährige) wird in Baden-Württemberg bis 2025 voraussichtlich um eine viertel Million zurückgehen. Der Anteil an der Gesamtbevölkerung fällt von derzeit 9 auf 7 % und damit auf rund 733 000 Personen zurück. Besonders gravierend ist diese Entwicklung im Zollernalbkreis sowie in den Landkreisen Sigmaringen und Waldshut, in denen heute noch jeder zehnte Einwohner zwischen 10 oder 17 Jahre alt ist. Künftig wird es voraussichtlich nur noch jeder Vierzehnte sein. In den Stadtkreisen Baden-Baden (– 10 %), Heidelberg (– 16 %) und Freiburg (– 19 %) sowie dem Landkreis Esslingen (– 18 %) ist der Rückgang im Vergleich der Kreise dagegen am geringsten. In den genannten Stadtkreisen liegt der Anteil der Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung bereits heute bei 7 %.

Starke Zunahme älterer Menschen

Ganz anders wird die Entwicklung bei den 60-Jährigen und Älteren verlaufen. Die geburtenstarken Jahrgänge (1955 bis 1965) wachsen in 10 Jahren zunehmend in das Seniorenalter hinein. Von einer deutlichen Zunahme ist in allen Kreisen auszugehen. Landesweit dürfte 2025 etwa jeder dritte Einwohner 60 Jahre oder älter sein. Heute ist es nur jeder Vierte. Prozentual gesehen sind die stärksten Zunahmen für die Landkreise Heilbronn, Biberach und Tübingen zu erwarten. Dennoch bleibt der Anteil der 60-Jährigen und Älteren im Landkreis Tübingen auch 2025 noch unterdurchschnittlich. Die Dynamik des Alterungsprozesses zeigt sich besonders in Kreisen, in denen der Anteil der älteren Personen derzeit noch gering ist. Die Zahl der 85-Jährigen und Älteren, der Hochbetagten, wird sich landesweit bis 2025 mehr als verdoppeln (von 200 000 auf gut 420 000 Personen). Es sind insbesondere die geburtenstarken Jahrgänge der Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, die gegen Ende des Vorausrechnungshorizontes zu einem überdurchschnittlichen Anstieg dieser Altersgruppe führen. Die Spannweite dieser Entwicklung reicht zwischen den Kreisen von einer Zunahme von 47 % in Stuttgart bis knapp 200 % im Landkreis Heilbronn.

Zunehmende Belastungen für erwerbsfähige Bevölkerung

Die kommenden Entwicklungen – Abnahme der jungen Bevölkerung auf der einen Seite und eine deutliche Zunahme der Älteren auf der anderen Seite – verändern das Verhältnis dieser beiden Gruppen zu dem Teil der Bevölkerung, der das Solidarsystem hauptsächlich trägt. Heute kommen landesweit etwa 81 Personen, die sich noch nicht oder nicht mehr im erwerbsfähigen Alter befinden (unter 20- und über 60-Jährige) auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter (20- bis unter 60-Jährige). 20 Jahre später dürfte das Verhältnis bereits 97 zu 100 betragen. Dieser Prozess läuft regional unterschiedlich und keineswegs kontinuierlich ab. In vielen Kreisen, wie zum Beispiel im Stadtkreis Stuttgart oder in den Landkreisen Rottweil und Sigmaringen verändert sich dieses Verhältnis zunächst sogar zugunsten der Erwerbsfähigen. Gerade in den letzten Jahren des Vorausrechnungszeitraums, in dem wie bereits geschildert auch zunehmend mehr Menschen in das Seniorenalter kommen, steigt jedoch die Zahl derer, die das Solidarsystem tragen soll. So werden 2025 im Landkreis Heilbronn voraussichtlich 104 Personen, die noch nicht und nicht mehr im erwerbsfähigen Alter sind, auf 100 Erwerbsfähige kommen. Im Breisgau-Hochschwarzwald steigt dieses Verhältnis auf 105 und im Stadtkreis Baden-Baden sogar auf 113 zu 100 Erwerbsfähige. Die anderen 8 Stadtkreise sowie die Landkreise Tübingen und Konstanz stehen wesentlich günstiger dar, sie liegen zum Teil deutlich unter dem Landeswert.

Datenangebot im Internet

Die hier vorgestellten Ergebnisse der regionalisierten Bevölkerungsvorausrechnung (mit Wanderungen) für Baden-Württemberg sind in der Regionaldatenbank abrufbar. Die errechneten Daten können für die Regierungsbezirke, die Regionen, die Stadt- und Landkreise sowie für die Gemeinden ab 5 000 Einwohner angezeigt werden. Darüber hinaus bietet das Statistische Landesamt zusätzlich eine Modellrechnung ohne Wanderungen für alle Gemeinden an. Das Internetangebot bietet interaktive Karten, mit deren Hilfe die Ergebnisse direkt am Bildschirm mit anderen Kommunen bzw. Kreisen verglichen werden können.

1 Cornelius, Ivar: »Die Bevölkerungsentwicklung in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2050«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2007«

2 Stuttgart zeigt einen unterdurchschnittlichen Anteil an Kindern und Jugendlichen, dagegen aber einen relativ hohen Anteil an der jüngeren Erwerbsbevölkerung (20- bis 40-Jährige). Diese Gruppe profitiert von den deutlichen Wanderungsgewinnen der 18- bis unter 30-Jährigen. Dagegen verließen mehr über 60-Jährige Stuttgart als hinzukamen.

3 Anhand dieser Entwicklung zeigt sich beispielhaft die »wellenartige« Fortentwicklung der Generationen: Gegen Ende der 80er- bis Mitte der 90er-Jahre stiegen die Geburtenzahlen landesweit an – die Kinder der geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten »Babyboomer«-Generation. Diese stärker besetzten Jahrgänge führen zwischen 2013 und 2017 in der Vorausrechnung wiederum zu einer leichten Erhöhung der Geburtenzahl. Damit wird folglich der Rückgang der 3- bis 5-Jährigen zunächst gestoppt.