:: 10/2008

Neues zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)

In der politischen Diskussion wird der Begriff des Mittelstands aufgrund seiner positiven Belegung gerne gebraucht. Dies steht in auffälligem Kontrast dazu, dass es häufig an einer klaren Definition des »Mittelstands« und – als Folge daraus – auch an fundierten statistischen Angaben etwa zu dessen wirtschaftlicher Bedeutung mangelt. Im Rahmen eines Forschungsprojekts, über das hier bereits berichtet wurde,1 wurde dieses Thema in Zusammenarbeit mit zwei wissenschaftlichen Instituten systematisch aufgearbeitet. Soweit dies die damalige Datenlage zuließ, wurden dort auch Ergebnisse für mehrere (alternative) Abgrenzungen des »Mittelstands« präsentiert. Das Statistische Landesamt hatte auch angekündigt, künftige Berechnungen schwerpunktmäßig auf Grundlage der relativ präzisen und international vergleichbaren EU-Definition zu den kleineren und mittleren Unternehmen (KMU)2 durchzuführen. Mit einer nunmehr verbesserten Datengrundlage liegen neue Ergebnisse vor.

Wie erwartet lässt eine vollständigere Erfassung der Unternehmensverbindungen die KMU-Anteile weiter sinken. Im Einklang mit den bisherigen Ergebnissen zeigen sich auch auf der neuen Datengrundlage bei den Unternehmen markante regionale Unterschiede der KMU-Anteile. Bei den örtlich Beschäftigten in Betrieben, für die erstmals entsprechende Berechnungen durchgeführt wurden, reduzieren sich diese Unterschiede jedoch deutlich.

Methodischer Hintergrund

Mangels anderer Alternativen beruhten frühere Angaben zur (gesamt-)wirtschaftlichen Bedeutung des »Mittelstands« bzw. der KMU (siehe i-Punkt Seite 23) im Regelfall auf den Auswertungen von Datenquellen, die nur eines der Abgrenzungskriterien Beschäftigte oder Umsatz enthielten. Da beim Aufbau des statistischen Unternehmensregisters (siehe i-Punkt Seite 25) insbesondere die Datei der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (SV-Beschäftigten) und die Umsatzsteuerdatei der Finanzverwaltung auf der Einzelebene miteinander verknüpft wurden, lagen durch die gemeinsame Darstellungsmöglichkeit dieser beiden Größen grundsätzlich verbesserte Bedingungen für eine Annäherung an die KMU-Abgrenzung vor.3 Das Statistische Landesamt hat sich deshalb frühzeitig bemüht, diese neue Datenquelle für entsprechende Auswertungen zu nutzen.4 Parallel zu den Fortschritten im Unternehmensregister wurde dieser Ansatz in der Folgezeit schrittweise weiterentwickelt, indem insbesondere anstelle der ausschließlich beim Organträger nachgewiesenen Organschaftsumsätze Schätzwerte für die einzelnen Organkreismitglieder verwendet wurden und ein pragmatischer Ansatz zum Ausschluss der öffentlich bestimmten Unternehmen entwickelt wurde.5

Da im Jahr 2007 (für das Berichtsjahr 2005) erstmals die Zugehörigkeit zu Unternehmensgruppen flächendeckend im Unternehmensregister verarbeitet wurde, die im Sinne der EU-Empfehlungen zu den KMU weitgehend deckungsgleich mit den »verbundenen Unternehmen« sind, steht nunmehr ein weiterer Baustein zur Annäherung an diese Empfehlung zur Verfügung. Bezogen auf die quantitativen Größen Umsatz und SV-Beschäftigte würden sich die Angaben normalerweise auf die in Baden-Württemberg ansässigen Mitglieder von Unternehmensgruppen beschränken. Da für ein Forschungsprojekt zu den Unternehmensgruppen für das Berichtsjahr 2005 aber ausnahmsweise eine bundesweite Gruppendatei einschließlich der Angaben aus dem Unternehmensregister zur Verfügung stand, konnten die Werte für die kompletten deutschen Gruppen bzw. Teilgruppen aggregiert werden. Damit war es also auch möglich, die einzelnen Gruppenmitglieder entsprechend der EU-Empfehlung nach der Größe der Unternehmensgruppe zuzuordnen.6 Auch wenn weiterhin Abweichungen zur EU-Empfehlung bestehen (siehe i-Punkt Seite 29), entsprechen ihr die Berechnungen doch bereits in hohem Maß.

Als Erweiterung der bisher üblichen Darstellung ist zudem erstmals auch eine Auswertung auf Ebene der Betriebe möglich. Dies gilt zwar nicht für den bei dieser Einheit nicht nachgewiesenen Umsatz, jedoch immerhin für die SV-Beschäftigten. Wie bereits aus der Bezeichnung erkennbar, ist die Kategorisierung der KMU zwar ihrer Natur nach auf die Einheit des Unternehmens gemünzt. Dies hat aber insbesondere bei regionalen Auswertungen den Nachteil, dass die Wertmerkmale unabhängig von eventuell abweichenden Betriebsstandorten immer am rechtlichen Unternehmenssitz nachgewiesen werden. Bezogen auf Baden-Württemberg werden bei den hier ansässigen Unternehmen also auch Beschäftigte von Betrieben in anderen Bundesländern mitgezählt. Nicht enthalten sind dagegen im Land Beschäftigte, deren Unternehmen nicht hier ihren Sitz haben. Durch den Nachweis bei den Betrieben, also an den Arbeitsorten, ist damit erstmals eine landes- bzw. regionalscharfe Darstellung der SV-Beschäftigten nach der Größe des Unternehmens oder ggf. der Unternehmensgruppe entsprechend der Abgrenzung der KMU möglich.

Berücksichtigung der Unternehmensgruppen lässt KMU-Anteile deutlich sinken

Um den Einfluss der verschiedenen Abgrenzungselemente bzw. Betrachtungsebenen zu demonstrieren, werden zunächst die Ergebnisse für Unternehmen und Betriebe in drei Berechnungsvarianten gegenübergestellt (Tabelle 1).7 Als Ausgangspunkt dient dabei die Betrachtung nach der reinen Größe der Unternehmen selbst. Entsprechend der bereits bisher bekannten Befunde stellen die Kleinstunternehmen zwar zahlenmäßig die große Masse, kommen aber gleichwohl nur auf recht bescheidene Beschäftigten- und Umsatzanteile. Bei Übergang zu den jeweils nächsten Größenklassen nehmen die Unternehmenszahlen deutlich ab, während die Wertanteile kontinuierlich steigen. Insgesamt stellen die KMU nach dieser Abgrenzung 199 von 200 Unternehmen, aber nur etwas über die Hälfte der SV-Beschäftigten und unter 40 % der Umsätze. Der geringere Anteil an den Umsätzen erklärt sich unter anderem daraus, dass Großunternehmen im Regelfall je Mitarbeiter deutlich höhere Erlöse erzielen als KMU. Bemerkenswerterweise ergibt sich allerdings bei der Betriebszahl doch ein etwas abweichendes Bild, denn immerhin gehören 5 % der Arbeitsstätten zu einem Großunternehmen, die häufig in mehreren Betrieben tätig sind. Bei den SV-Beschäftigten liegt der KMU-Anteil auf Betriebsebene geringfügig niedriger als auf der Unternehmensebene.

Durch den Ausschluss öffentlich bestimmter Unternehmen sinken erwartungsgemäß die KMU-Anteile gegenüber der reinen Größenbetrachtung bei allen Merkmalen. Am stärksten spürbar ist dieser Einfluss bei den SV-Beschäftigten auf Betriebsebene, bei denen der KMU-Anteil um über 1 Prozentpunkt auf genau die Hälfte abnimmt. Insgesamt aber bleiben die Auswirkungen doch begrenzt. Dies liegt einerseits daran, dass sich die öffentlich bestimmten Unternehmen auf wenige Branchen wie die Energie- und Wasserversorgung oder das Gesundheitswesen konzentrieren. Andererseits sind überproportional häufig Unternehmen öffentlich bestimmt, die bereits aufgrund ihrer Größe nicht mehr zu den KMU zählen, deren Zuordnung also durch dieses zusätzliche Kriterium nicht beeinflusst wird.

Die Berücksichtigung der Zugehörigkeit zu Unternehmensgruppen wirkt sich dagegen deutlich stärker auf die KMU-Anteile aus. Zwar sind größere Unternehmen sehr viel häufiger mit anderen Unternehmen verbunden als kleinere, gleichwohl hat die Gruppenzugehörigkeit eine wesentlich größere Breitenwirkung als der direkte Einfluss der öffentlichen Hand auf Unternehmen. So gehören in Baden-Württemberg immerhin 3 600 Unternehmen mit 151 000 SV-Beschäftigten und einem Umsatz von 26 Mrd. Euro, die entsprechend ihrer eigenen Merkmale zu den KMU zu rechnen wären, einer Unternehmensgruppe an, die dieses Kriterium selbst nicht mehr erfüllt. Der Anteil der KMU an den Unternehmen sinkt dadurch bei den Unternehmen auf allerdings immer noch sehr stattliche 98,4 %. Bei den SV-Beschäftigten nimmt der Anteil aber sowohl auf der Unternehmens- als auch auf der Betriebsebene um über 4 Prozentpunkte auf doch deutlich unter die Hälfte ab. Etwas geringer ist die Auswirkung auf den Unternehmensumsatz, bei dem allerdings nur noch wenig über einem Drittel auf die kleinen und mittleren Unternehmen entfällt.

Durch die Berücksichtigung der Unternehmensgruppen sinken die KMU-Anteile zudem in nahezu allen Branchen. Allerdings zeigen sich im Umfang doch recht deutliche Unterschiede: So vermindert sich der KMU-Anteil bei den SV-Beschäftigten auf Unternehmensebene im Wirtschaftsabschnitt Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden am stärksten, und zwar um 10 Prozentpunkte. Mit einer entsprechenden Abnahme um knapp 8 Prozentpunkte sind die Auswirkungen im Bereich Grundstücks- und Wohnungswesen, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen ebenfalls deutlich überdurchschnittlich, denn hier sind insbesondere viele Firmen zugeordnet, die aus der Auslagerung solcher Dienstleistungstätigkeiten in rechtlich selbstständige Unternehmen hervorgingen. Die ebenfalls vergleichsweise starke Abnahme um 7 Prozentpunkte im Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung dürfte schwerpunktmäßig auf Töchter im Umfeld der ehemaligen Monopolunternehmen Post und Bahn zurückgehen. Mit Rückgängen unter 1 Prozentpunkt sind die Auswirkungen bei der Energie- und Wasserversorgung und im Kredit- und Versicherungsgewerbe dagegen deutlich geringer. Hier spielen zwar Unternehmensgruppen eine durchaus nennenswerte Rolle, ihre Mitglieder konzentrieren sich aber auf Unternehmen, die bereits ohne Berücksichtigung der Gruppenzugehörigkeit nicht mehr zu den KMU zu zählen sind.

Baugewerbe und Gastgewerbe am stärksten mittelständisch geprägt

Mit der Energie- und Wasserversorgung und dem Kredit- und Versicherungsgewerbe sind zugleich auch die beiden Wirtschaftsabschnitte mit den niedrigsten KMU-Anteilen angesprochen. Diese sind in Schaubild 1 exemplarisch anhand der SV-Beschäftigten auf Unternehmens- und Betriebsebene dargestellt, spiegeln sich bei der Zahl der Unternehmen und den Umsätzen aber im Regelfall in ähnlicher Abstufung wider. Generell fallen die doch sehr starken Unterschiede ins Auge. Neben den beiden genannten Wirtschaftsabschnitten werden demnach auch das Verarbeitende Gewerbe sowie der Bereich Erziehung und Unterricht von Großunternehmen dominiert. Auf der anderen Seite ragen drei Wirtschaftsbereiche mit einer deutlich überdurchschnittlichen Prägung durch die KMU aus einem breiten Mittelfeld heraus: Für den Bergbau und die Gewinnung von Steinen und Erden gilt dies, obwohl der Anteil durch den Einfluss von Unternehmensgruppen merklich reduziert wird. Mit Beschäftigtenanteilen der KMU von deutlich jenseits der 80 %-Marke lassen sich das Baugewerbe und das Gastgewerbe als weiterhin ausgesprochen mittelständisch geprägt charakterisieren.

Auch wenn sich die Abstufungen zwischen den Wirtschaftsabschnitten bei Unternehmen und Betrieben weitgehend entsprechen, sind hier doch unterschiedliche Grundmuster erkennbar. Vor allem in den Bereichen Verkehr und Nachrichtenübermittlung sowie Erziehung und Unterricht liegen die KMU-Anteile der im Land ansässigen Betriebe doch deutlich unter denen der Unternehmen. Allerdings verbergen sich dahinter etwas unterschiedliche Konstellationen: Beim Verkehr und der Nachrichtenübermittlung ist Baden-Württemberg ein »Betriebssitzland«. Hier sind also relativ viele Betriebe von meist größeren Unternehmen mit Sitz in anderen Bundesländern angesiedelt, deren Berücksichtigung die KMU-Anteile sinken lassen. Im Bereich Erziehung und Unterricht spielen die länderübergreifenden Strukturen dagegen eine wesentlich geringere Rolle. Hier entsteht ein ähnlicher Effekt aber dadurch, dass relativ viele Bildungseinrichtungen größeren Wirtschaftseinheiten angehören, deren Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb dieses Bereichs liegt. Zu denken ist hier insbesondere an Bildungsstätten staatlicher oder kirchlicher Träger sowie von Sozial- oder Gesundheitseinrichtungen. Mit unterschiedlichen Gewichten führen Zusammenhänge der ausgeführten Art auch in den meisten anderen Wirtschaftsabschnitten dazu, dass die KMU-Anteile auf Betriebsebene etwas unter denen auf der Unternehmensebene liegen. Die umgekehrte Relation zeigt sich in nennenswertem Umfang lediglich in drei Bereichen, nämlich im Verarbeitenden Gewerbe, im Baugewerbe und im Handel. Hier strahlt also Baden-Württemberg als Sitzland einiger Großunternehmen per saldo auf die anderen Bundesländer oder Wirtschaftsbereiche aus.

Deutliche Branchenunterschiede im Verarbeitenden Gewerbe

In der tieferen Gliederung nach den häufig mit dem Begriff der »Branchen« assoziierten Wirtschaftsabteilungen bewegt sich die Erbringung von sonstigen Dienstleistungen, zu denen beispielsweise Wäschereien und chemische Reinigungen, Friseur- und Kosmetiksalons, das Bestattungswesen, Bäder, Saunas oder Fitnesszentren zählen, mit KMU-Anteilen von fast 98 % bei den SV-Beschäftigten auf Unternehmensebene bzw. 85 % auf Betriebsebene in ähnlichen Dimensionen wie das Gastgewerbe und das Baugewerbe. Am anderen Ende der Skala steht die weitgehend von der öffentlichen Hand bestimmte Wasserversorgung mit KMU-Anteilen noch unter 1 %. Insgesamt steht diese sehr weite Spanne für eine ausgesprochene Heterogenität der Größen- und Lenkungsstrukturen in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Tätigkeit. Dies gilt teilweise auch innerhalb der breiter aufgestellten Wirtschaftsabschnitte wie insbesondere dem Verarbeitenden Gewerbe. Das eine Extrem bildet dabei die Herstellung von Kraftwagen und deren Teilen. Als Sitz namhafter Unternehmen zählen in Baden-Württemberg unter Berücksichtigung der verbundenen Unternehmen bereits 14 % der Firmen zu den größeren Unternehmen, die 97 % der SV-Beschäftigten auf sich vereinen. Darin sind aber auch über 100 000 Mitarbeiter in anderen Bundesländern enthalten, die in den Betrieben des Landes nicht mitgezählt werden. Da diese »Arbeitsplatzexporte« nahezu ausschließlich auf Großunternehmen zurückgehen, erhöht sich der KMU-Anteil der SV-Beschäftigten auf Betriebsebene leicht auf 5 %.

Unter den quantitativ bedeutenderen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes ist demgegenüber insbesondere das Ernährungsgewerbe noch vergleichsweise stark mittelständisch geprägt, denn hier sind sowohl auf Unternehmens- als auch auf Betriebsebene über zwei Drittel der SV-Beschäftigten in KMU tätig. Abweichend etwa von der Autoindustrie spielen in dieser Branche länder- übergreifende Strukturen eine vergleichsweise geringe Rolle, und auch die Berücksichtigung der verbundenen Unternehmen lässt den KMU-Anteil nicht nachhaltig sinken.

Regionale Unterschiede auf Betriebsebene deutlich nivelliert

Bei den bisherigen KMU-Auswertungen auf Unternehmensebene zeigten sich innerhalb des Landes sehr ausgeprägte regionale Unterschiede. Dieser Befund bestätigt sich auch nach der neuen Berechnungsgrundlage bereits auf der Ebene der Regionen (Schaubild 2). Die KMU-Anteile an den SV-Beschäftigten bewegen sich hier in einem Bereich von 35 % in der Region Stuttgart bis zu 67 % in der Region Nordschwarzwald, also nahezu in einer Spanne von 1:2. Bei den erstmals berechneten Anteilen auf Betriebsebene reduzieren sich diese Unterschiede jedoch deutlich, denn hier liegen die Anteile in einem wesentlich engeren Wertebereich von 40 bis 58 % mit den beiden Extremen in den gleichen Regionen. Dabei sind die KMU-Anteile auf Betriebsebene lediglich in drei Regionen höher als auf der Unternehmensebene, nämlich in den Regionen Stuttgart, Donau-Iller und in deutlich geringerem Umfang Neckar-Alb. Dies sind zugleich die einzigen Regionen, in denen die Unternehmen über mehr SV-Beschäftigte verfügen als die örtlichen Betriebe. Hier finden sich also Großunternehmen, die per saldo nach außen ausstrahlen und damit tendenziell anderswo in Baden-Württemberg oder Deutschland die KMU-Anteile erhöhen können. In allen anderen Regionen sind die Verhältnisse dagegen gerade umgekehrt, die örtlichen Betriebe weisen also mehr SV-Beschäftigte auf als die Unternehmen mit Sitz in der Region. Da es sich bei diesem »Überhang« eher um die Betriebe größerer Unternehmen mit weiterem regionalen Aktionsfeld handelt, wirkt er dämpfend auf den KMU-Anteil.

Diese Zusammenhänge sind auch auf den anderen Regionalebenen erkennbar (Tabelle 2). So bewegen sich die KMU-Anteile an den SV-Beschäftigten in den Kreisen bei den Unternehmen in einer Spanne von 17 bis 75 %. Bei den Betrieben reduziert sich das auf einen Bereich von 31 bis 66 %. Als Paradebeispiel für einen »Unternehmenssitzkreis« lässt sich die Landeshauptstadt Stuttgart aufführen. Hier vereinen die Unternehmen mit über 600 000 SV-Beschäftigten fast doppelt so viele Mitarbeiter auf sich als die 320 000, die tatsächlich in den Betrieben vor Ort arbeiten. Durch den bereits erläuterten Zusammenhang erhöht sich der KMU-Anteil an den SV-Beschäftigten von dem einsamen Niedrigstwert von 17 % bei den Unternehmen auf 31 % bei den Betrieben, einen Wert also, der nahezu dem des nächstfolgenden Stadtkreises Mannheim entspricht.

Ein sehr ähnliches Muster lässt sich auch im Alb-Donau-Kreis und im Landkreis Tübingen sowie in abgeschwächter Form im Stadtkreis Heidelberg und im Landkreis Heilbronn erkennen. Als markantes Gegenbeispiel kann der unmittelbar an Stuttgart angrenzende Landkreis Böblingen dienen, in dem unter anderem auch Betriebe von Stuttgarter Unternehmen angesiedelt sind. Hier stehen 145 000 SV-Beschäftigten in den Betrieben lediglich knapp 90 000 in Unternehmen gegenüber. Auf die KMU entfallen davon bei den Unternehmen überdurchschnittliche 54 %, bei den Betrieben dagegen mit 33 % nur unwesentlich mehr als in der Landeshauptstadt. Dieses Grundmuster von »Betriebssitzkreisen« ist im Land sehr viel häufiger vertreten als der umgekehrte Fall.8 So liegt der KMU-Anteil an den SV-Beschäftigten auf Betriebsebene in 40 der 45 Stadt- und Landkreise unter dem Vergleichswert auf Unternehmensebene. Dies sind exakt auch die Kreise, in denen die Betriebe mehr SV-Beschäftigte aufweisen als die Unternehmen.

Auf höherer regionaler Aggregationsebene weist der Regierungsbezirk Stuttgart nicht zuletzt wegen eines starken Einflusses der Landeshauptstadt bei den SV-Beschäftigten und auch den Umsätzen der Unternehmen mit deutlichem Abstand die niedrigsten KMU-Anteile auf. Die Regierungsbezirke Karlsruhe und Tübingen nehmen mit Anteilen bereits über dem Landeswert Mittelpositionen ein. Der Regierungsbezirk Freiburg lässt sich demgegenüber als relativ stark von mittelständischen Firmen geprägt charakterisieren. Allerdings nivellieren sich auch hier in der Betriebsbetrachtung der SV-Beschäftigten die Unterschiede wieder deutlich. Die Regierungsbezirke Stuttgart und Karlsruhe bewegen sich bei dieser Kenngröße gemeinsam auf einem ähnlichen Niveau leicht unter dem Landesdurchschnitt. Der Regierungsbezirk Freiburg ist zwar der einzige, in dem noch mehr als die Hälfte der SV-Beschäftigten in einem KMU tätig ist, der Abstand sowohl zum Niedrigstwert des Regierungsbezirks Stuttgart als auch zum Landesdurchschnitt verringert sich aber gegenüber der Unternehmensbetrachtung merklich.

1 Koch, Andreas/Kössler, Richard: »Was und wie groß ist der Mittelstand?«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2008«

2 Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 1422, Amtsblatt Nr. L 124 vom 20. Mai 2003).

3 Ein anderer Ansatz wurde jüngst vom Statistischen Bundesamt vorgelegt, das Strukturerhebungen der verschiedenen Wirtschaftsbereiche nach den (reinen) Größenkriterien der KMU ausgewertet hat. Diese Methode bietet zwar zusätzliche Auswertungsmöglichkeiten für nicht im Unternehmensregister enthaltene Merkmale wie die Bruttowertschöpfung, hat aber einen geringeren Abdeckungsgrad der Wirtschaftsbereiche und ist mangels Datenverfügbarkeit auf Länderebene nicht vollständig anwendbar. Vgl. Kless, Sascha/Veldhues, Bernd: Ausgewählte Ergebnisse für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland 2005, in: Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 3/2008, S. 225 – 241.

4 Schwarz, Thomas: »Mittelständische Wirtschaft Baden-Württembergs«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2004«

5 Kössler, Richard: »Zur Bedeutung Kleiner und Mittlerer Unternehmen (KMU)«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2006«

6 Im Rahmen des Gutachtens zum Mittelstand (siehe Fußnote 1) war versucht worden, die Thematik der verbundenen Unternehmen anhand der Angaben zu den baden-württembergischen Mitgliedern steuerlicher Organkreise näherungsweise zu berücksichtigen. Da damit aber sowohl inhaltlich als auch regional nur eine Teilmasse der Unternehmensgruppen berücksichtigt wurde, gehen die nunmehr verwendeten Angaben weit über den damaligen Ansatz hinaus.

7 Die Verwendung des berichtsjahrbezogenen Ansatzes wirkt sich in der reinen Größenbetrachtung der Unternehmen auf den KMU-Anteil gemessen an der Unternehmenszahl nicht nachweisbar aus. Die KMU-Anteile der SV-Beschäftigten und der Umsätze liegen insbesondere wegen der größeren Fluktuation kleinerer Unternehmen für das Berichtsjahr 2005 um 0,5 bzw. 0,3 Prozentpunkte höher als nach dem bisherigen stichtagsbezogenen Ansatz.

8 Der dargestellte Effekt kann auch darauf beruhen, dass Betriebe mit einer Tätigkeit im Nachweisbereich des Unternehmensregisters einem Unternehmen angehören, dessen überwiegende Tätigkeit nicht in diesen Nachweisbereich fällt, also beispielsweise den Bereichen Landwirtschaft oder Öffentliche Verwaltung zuzuordnen ist.