:: 11/2006

Statistisches Monatsheft November 2006

Baden-Württemberg ein Einwanderungsland? – Erste Eckdaten zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund

Migration ist weltweit zu einem zentralen Thema von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft geworden. Auch in Deutschland, wo bis in die 90er-Jahre hinein der Slogan »Deutschland ist kein Zuwanderungsland« die öffentliche Diskussion beherrschte, findet das Thema Zuwanderung und die Integration von Migranten in die Gesellschaft hohe Aufmerksamkeit. Die Zuwanderung von Menschen nach Deutschland und Baden-Württemberg bietet, nicht zuletzt vor den großen gesellschaftlichen Herausforderungen – Globalisierung und demo-grafische Alterung – ein großes Entwicklungspotenzial für Wirtschaft und Gesellschaft. Entscheidende Voraussetzung für die Erschließung dieses Potenzials ist allerdings eine gelungene Integration der Migranten, insbesondere in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt.

Im Rahmen des Mikrozensus, der größten amtlichen Haushaltsbefragung in Deutschland, wurden 2005 erstmals auch Fragen zum etwaigen Migrationshintergrund der Bevölkerung gestellt. Damit wurde eine wesentliche Datenlücke geschlossen, denn bislang konnte die amtliche Statistik im Hinblick auf die Lebenssituation von Migranten lediglich Daten über Ausländer bereitstellen. Zu den Personen mit Migrationshintergrund zählen jedoch neben den zugewanderten und in Deutschland geborenen Ausländern auch Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, wie zum Beispiel Spätaussiedler, eingebürgerte Personen sowie die Kinder von Spätaussiedlern und die Kinder von Eingebürgerten (siehe i-Punkt).

Der vorliegende Beitrag stellt ausgewählte Ergebnisse des Mikrozensus über die Bevölkerungsgruppe der Personen mit Migrationshintergrund dar: Dabei zeigt sich, dass jeder vierte Baden-Württemberger über einen Migrationshintergrund verfügt, von den unter 18-Jährigen sogar jeder Dritte. Die Daten verdeutlichen außerdem, dass im Hinblick auf die Integration der Baden-Württemberger mit Migrationshintergrund noch beträchtlicher Nachholbedarf besteht: Sowohl die Daten zu den Bildungsabschlüssen als auch die zur Arbeitsmarktintegration offenbaren ein starkes Gefälle zwischen den Baden-Württembergern mit und ohne Migrationshintergrund.

Ausbildung im dualen System 2005: Ungünstige Perspektiven für Hauptschul-Abgänger

Im Jahr 2005 wurden 73 076 Ausbildungsverträge im dualen System abgeschlossen, darunter rund 24 400 von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss. Die Entwicklung in den letzten 10 Jahren zeigt die zunehmenden Schwierigkeiten, die Hauptschulabsolventen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz haben. So sank der Anteil Jugendlicher mit und ohne Hauptschulabschluss an den neuen Verträgen in diesem Zeitraum von 40 auf 35 %. In Berufen, in denen sie 1995 noch stark vertreten waren, wie zum Beispiel Arzthelfer, werden in zunehmendem Maß Schulabgänger mit mittlerem Abschluss bevorzugt. Die Berufe der Baubranche und der damit verbundenen Bereiche, in denen Hauptschulabgänger noch die Mehrheit stellen, litten unter der wirtschaftlichen Entwicklung, die zum Verlust vieler Ausbildungsplätze geführt hat. Tendenziell besteht in den Berufen mit überdurchschnittlichem Anteil von Auszubildenden mit Hauptschulabschluss auch ein höheres Vertragslösungsrisiko.

Gedanken zur Bildung von Indikatoren: Bildungsindikatoren

Die amtliche Statistik hatte – zu Unrecht – in der Vergangenheit den Ruf, in erster Linie »Zahlenfriedhöfe« zu produzieren. Für Fachleute waren diese zwar eine wertvolle Datenquelle, die breitere Öffentlichkeit fühlte sich von diesem Informationsangebot aber oft überfordert. Dies hat mit zum weitverbreiteten Eindruck beigetragen, dass mit Statistiken bei »geeigneter« Auswahl der Zahlen alles »bewiesen« werden kann. Um diesen Eindruck zu widerlegen, ist die Begleitung der Basisinformationen durch fundierte und allgemein verständliche Analysen auf Basis aussagekräftiger Indikatoren erforderlich. Auf diese Weise lassen sich aus zunächst abstrakten Zahlen wertvolle Informationen über Entwicklungen im Zeitablauf oder über regionale und internationale Vergleiche gewinnen. Ein Beispiel hierfür ist der Bildungsbericht 2006, bei dessen Erstellung die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder innerhalb des Konsortiums »Bildungsberichterstattung« als Partner wissenschaftlicher Institute beteiligt waren.

Krebssterblichkeit in Baden-Württemberg

Eine allgemeine Krankheitsartenstatistik gibt es in Deutschland nicht. Krebsneuerkrankungen werden in der Regel nur in jenen Bundesländern verlässlich erfasst, die über ein flächendeckendes Krebsregister verfügen. Baden-Württemberg ist gerade im Begriff ein solches Krebsregister aufzubauen. Bis von dieser Einrichtung verwertbare Zahlen vorliegen, lässt allein die Todesursachenstatistik Rückschlüsse auf die Entwicklung dieser gefährlichen Erkrankung zu. Im Land ist in den vergangenen Jahren nicht nur die Zahl der Krebssterbefälle, sondern auch deren Anteil an den Todesursachen insgesamt angestiegen. Das scheint nicht gerade von großen Erfolgen der immensen Anstrengungen zu zeugen, die bei der Bekämpfung dieser Krankheit und ihrer Folgen unternommen werden. Allerdings ist bei der Interpretation der gestiegenen Fallzahlen auch der demografische Wandel zu berücksichtigen.

Kaum direkte Impulse für die Wirtschaft durch Fußball-WM 2006

Die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland war ein rauschendes Fest, das neben einem allgemeinen Imagegewinn auch zur Stimmungsaufhellung im Lande beigetragen hat. Die große Mehrheit der Unternehmen hat jedoch wie erwartet keinerlei Effekte der WM auf die eigenen Geschäfte feststellen können. Zudem fällt gerade in den Branchen, in denen sich vor der WM überdurchschnittlich viele Unternehmen Hoffnungen auf eine Belebung ihrer Geschäfte gemacht hatten, die Bilanz nach der WM besonders ungünstig aus.

Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg dankt Herrn Reimers von der IHK Region Stuttgart für die freundliche Abdruckgenehmigung des nachstehenden Beitrags.

Der landwirtschaftliche Grundstücksmarkt in Baden-Württemberg

»Wachsen oder weichen?« ist die Kernfrage, die Jahr für Jahr viele Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe vor schwierige Entscheidungen stellt. Dies ist im Kleinen das, was man im Großen als Strukturwandel in der Landwirtschaft bezeichnet. Dahinter stehen veränderte Rahmenbedingungen und hoher wirtschaftlicher Anpassungsdruck, nicht zuletzt aufgrund einer mehr und mehr aus Brüssel geprägten Agrarpolitik. So kommt es zu dem Phänomen, dass die Großen tendenziell immer größer und die Kleinen immer kleiner werden, bis sie eines Tages ganz aus der landwirtschaftlichen Produktion aussteigen müssen.

Eine Maßnahme zur Existenzsicherung der Betriebe ist meist die Flächenaufstockung durch die Einbeziehung von landwirtschaftlichen Nutzflächen aufgegebener oder verkleinerter Betriebe in die eigene Bewirtschaftung. Hierbei sind grundsätzlich zwei Möglichkeiten denkbar: nämlich Pacht oder Kauf. Bei der Pacht entstehen variable, beim Kauf fixe Kosten. Für Kauf könnten Argumente wie Planungssicherheit, größerer Entscheidungsfreiraum in der Frage der Flächennutzung oder steuerliche Aspekte (wie Absicherung von Gewinnen) sprechen. Die wichtigsten Pluspunkte der Pacht sind, dass die aufzuwendenden Finanzmittel zum einen überschaubar bleiben und zum anderen auf sich ändernde Rahmenbedingungen relativ unproblematisch und vergleichsweise schnell reagiert werden kann.

Verdienstentwicklung 2005

Aufgrund der sich weiter verschlechternden ökonomischen Rahmenbedingungen konnten im Jahr 2005 kaum Reallohnsteigerungen erreicht werden. Geringe Lohn- und Gehaltserhöhungen zwischen 1 und 2 %, Einschnitte in manteltarifliche Regelungen und Leistungen und die Vereinbarung weiterer tariflicher Öffnungsklauseln prägten die Abschlüsse in zahlreichen Tarifbereichen. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs bundesweit lediglich um 1,0 %. Als einzige treibende konjunkturelle Kraft wirkte wiederum der Export bei weiterhin stagnierendem privaten Konsum.

Immer mehr Tarifverträge sehen Öffnungsklauseln vor

Seit Mitte der 90er-Jahre verliert der Flächentarifvertrag als ehemals dominante Form der Vereinbarung über Entgelt und Arbeitszeit zunehmend an Bedeutung. Dies lässt sich an verschiedenen Entwicklungen aufzeigen. Die Bindung der Arbeitgeber an Branchentarifverträge ist in vielen Branchen rückläufig. Zudem steigt die Zahl der auf Betriebs- oder Unternehmensebene abgeschlossenen Haus- oder Firmentarifverträge an. Daneben stehen Forderungen vor allem von Seiten der Arbeitgeber aber auch aus Teilen der Politik nach einer zunehmenden Dezentralisierung der zentral verhandelten Tarifverträge im Raum. Als Reaktion auf diese Forderungen wurden in zahlreichen Tarifverträgen Öffnungs- oder Härtefallklauseln verankert, die den Betrieben unter bestimmten Voraussetzungen ein Abweichen von den Standards des Flächentarifvertrags erlauben. In welchen wichtigen Branchentarifverträgen Öffnungs- oder Härtefallklauseln vereinbart wurden, wird vom Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) regelmäßig berichtet. Darüber hinaus zeigt die Entwicklung am aktuellen Rand, dass es in Betrieben, die einem Flächentarifvertrag unterliegen, vermehrt zur Anwendung von Öffnungs- und Härtefallklauseln kommt.

Der folgende Beitrag entstand im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts »Auswirkungen von Tarifverträgen und Entgeltöffnungsklauseln auf die Lohnflexibilität und die betriebliche Entwicklung«, bei dem das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) mit dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg kooperiert. Ziel war es, detailliert das Ausmaß und die Wirkung von tarifvertraglichen Öffnungsklauseln zu untersuchen.

Verdienststrukturerhebung 2006 – Vorabbefragung und Information der Betriebe

Zum Jahresende sollen die Erhebungsunterlagen zur Verdienststrukturerhebung 2006 an die durch Zufallsauswahl ermittelten Betriebe versandt werden. Um die Erhebung möglichst reibungslos durchführen zu können, werden die berichtspflichtigen Betriebe vorab informiert. Außerdem wird eine Vorabbefragung mit dem Ziel durchgeführt, notwendige Informationen für die Steuerung des technischen Ablaufes der eigentlichen Erhebung zu gewinnen.

Forschungsdatenzentrum (FDZ) der Statistischen Landesämter

Erweiterte Analysemöglichkeiten für die Wissenschaft: Mikrodaten zur Wasserwirtschaft

Durch die Einrichtung der Forschungsdatenzentren (FDZ) der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder wird Wissenschaftlern der Zugang zu den faktisch anonymisierten Mikrodaten der amtlichen Statistik mehr und mehr erleichtert. Insgesamt stehen mittlerweile Mikrodaten aus über 50 Statistiken nahezu aller Themenbereiche (Sozial-, Wirtschafts-, Steuerdaten und viele mehr) für wissenschaftliche Analysen zur Verfügung. Im regionalen FDZ-Standort Stuttgart im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg werden die Mikrodaten aus dem Bereich »Umweltstatistiken« gesammelt und aufbereitet. Aus dem Bereich »Umwelt« können derzeit Forschungsfragen rund um die Inanspruchnahme der Ressource Wasser mittels der Einzeldaten aus insgesamt 7 Statistiken bearbeitet werden. Der folgende Beitrag beschreibt Entstehung, Inhalte und Analysepotenzial der Mikrodaten der amtlichen Statistiken zur Wasserwirtschaft.

Die Pensionslawine rollt ...

Im Zeitraum 2001 bis 2006 stieg die Zahl der Ruhegehaltsempfänger allein des Landes Baden-Württemberg von 47 000 auf über 61 000, das heißt jährlich um durchschnittlich 5,5 %. Auch zukünftig ist mit einem jährlichen Zuwachs in der Größenordnung von 3 000 Pensionären zu rechnen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Versorgungsausgaben des Landes. Diese werden für die Ruhegehaltsempfänger sowie für die Empfänger von Witwen-/Witwergeld und Waisengeldempfänger im Jahr 2006 voraussichtlich 3,2 Mrd. Euro betragen.